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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe
Autoren: Roman Rausch
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Augen und Ohren nicht trauen.
    «Aber … das könnt Ihr nicht machen», stotterte Dürr.
    «Ich habe es getan», erwiderte der Bischof. «Und nun, Meister Faltermayer, fahrt fort.»
    Die Miene des Hexenkommissars, die noch vor einer Minute vor Schreck erstarrt war, entspannte sich. Mit neuem Mut wandte er sich an die Stadtknechte und zeigte auf Dürr.
    «Ergreift ihn.»
    Freudengeschrei erhob sich unter den Bürgern. Reihe um Reihe pflanzte es sich fort und erfasste bald die ganze Menge, die die Festnahme des ehemaligen Hexenkommissars Dürr feierte.
    Kathi verstand die Welt nicht mehr. Der Bischof wagte es, sich über die Anordnung des Kaisers zu erheben? Wusste er denn nicht, dass er dafür zur Rechenschaft gezogen werden konnte? Da erinnerte sie sich der Worte Volkhardts:
Ab dem Tag, als die Antwort des Kaisers eintraf, war mein Vater ein gebrochener Mann.
    Damit wiederholte sich in Würzburg, was sich bereits im Hohenlohischen zugetragen hatte. Papier war geduldig. Der Kaiser hatte mit dem Verbot der Prozesse sein Gesicht gewahrt. Insgeheim ließ er seine Fürsten aber schalten und walten, wie es ihnen beliebte.
    Während aller Augen auf die Rangelei zwischen Dürr und den Knechten gerichtet waren, fiel Kathi etwas Sonderbares auf. An der Ritter-Kapelle, hoch über ihr, und an den umstehenden Häusern bewegte sich etwas. Kleine schwarze Körper krochen wagemutig und gekonnt auf den Firsten herum. Binnen kurzem füllten sich die Dächer mit ihnen. Nun sahen auch die Bürger, was da vor sich ging. Sie zeigten nach oben und fragten sich, was und vor allem wer dort oben herumturnte.
    Plötzlich fingen die Glocken der Ritter-Kapelle an zu läuten. Es folgten die von Neumünster, des Doms und andere. Bald verstand man sein eigenes Wort nicht mehr. Von überall her drang Glockengeläut auf den Marktplatz. Das hatten sie doch schon einmal erlebt? Vor ein paar Tagen, am Sonntag während der Messe, als auf der Domstraße die Hölle ausgebrochen war und diese schmutzigen Kinder die Geschäfte geplündert und die Stadtknechte angegriffen hatten. Unruhe griff um sich.
    Die Befehle Faltermayers, für Ordnung zu sorgen, gingen in dem Lärm unter. Ohnehin hätten die Stadtknechte die Menge nicht disziplinieren können, genauso wenig wie einer imstande war, dem Läuten Einhalt zu gebieten. Aber das war auch nicht mehr nötig.
    Das Glockengeläut dauerte nur kurz. Als Erste verstummten die Glocken der Ritter-Kapelle, darauf folgten die anderen. So überraschend der Spuk begonnen hatte, so schnell war er wieder zu Ende. Was blieb, war ein ratloser Faltermayer. Was hatten die vielen schwarzen Kinder auf den Dächern vor?
    Auf der Treppe hinter der Bühne erschien zuerst ein Kopf, es folgte ein Oberkörper, und schließlich stand Lorentz unter ihnen.
    Doch wider Erwarten grinste er nicht verschlagen, wie man es von ihm kannte, sondern er schaute trotzig drein. Jemand hatte ihm die Hände auf den Rücken gebunden.
    «Wenn ihr einen wahren Teufel brennen wollt, dann fangt mit diesem hier an.»
    Hinter Lorentz erschien Volkhardt. Er ging furchtlos auf die Bühne. Ringsum wachten seine wiedergewonnenen Soldaten über ihn. Mit Hedwigs Hilfe war es ihm in der Nacht zuvor gelungen, Lorentz und seine engsten Verbündeten im Kampf zu schlagen.
    «Er sagt ja selbst von sich, er sei ein Teufel. Also, wozu noch einen Prozess machen? Ihr glaubt es ihm ja auch so.»
    «Wer bist du, Bursche …», sagte Faltermayer.
    «Ich bin Volkhardt von Hohenstätt. Ihr kennt mich wohl, wenn Euch die Erinnerung nicht abhandengekommen ist.»
    Bei dem Namen von Hohenstätt gefror Faltermayers forsches Auftreten. Für einen Moment zögerte er, ob er diesen heruntergekommenen Bengel von der Bühne werfen sollte.
    «Für alle anderen, die noch nicht von mir gehört haben, nur so viel.» Er richtete seine Worte an den Bischof wie an das Volk. «Ich bin der jüngste Sohn des Grafen von Hohenstätt aus dem Hohenlohischen, den dieser ehrenwerte Hexenkommissar auf den Scheiterhaufen gebracht hat. Mit ihm starben meine Mutter und meine Brüder, einzig auf die Aussage eines kleinen Mädchens hin, das von ihm dazu gezwungen worden war. Das mag Euch, Eure hochfürstliche Gnaden, nicht sonderlich erwähnenswert scheinen, doch der Grund, warum es dazu gekommen war, schon.»
    Unruhe erfasste Faltermayer. Auf keinen Fall durfte dieser Bastard sein Geheimnis aufdecken.
    «Stadtknechte», rief er, «ergreift ihn!»
    Zwei Knechte machten sich auf den Weg, den Befehl
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