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Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi

Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi

Titel: Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi
Autoren: P. B. Kerr
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können.
    »Danke, dass Sie gekommen sind, Mr   Groanin«, sagte sie.
    »Nichts zu danken, Miss«, sagte er. »Ich hatte ohnehin nichts Besseres zu tun. Und City liefert derzeit auch nicht die besten Spiele.« Manchester City war Groanins Lieblingsfußballmannschaft.
    »Immer noch der Alte«, sagte John.
    Kurz darauf läutete es an der Tür und Groanin, durch und durch Butler, band sich die Schürze ab, schlüpfte in sein Jackett und glitt davon, um zu öffnen.
    »Da ist eine amerikanische Person, die Sie sprechen möchte«, sagte er, als er ebenso elegant zurückkehrte. »Eine etwas ungewöhnlich aussehende Dame, die meint, sie werde erwartet und ihr Name sei Miss Marion Morrison. Ich glaube zumindest, dass sie das gesagt hat. Die Aussprache der Menschen in diesem Land ist, gelinde gesagt, sonderbar. Um nicht zu sagen unverständlich.«
    »Da sprechen Sie ein wahres Wort gelassen aus«, sagte Nimrod. »Am besten führen Sie die Dame ins Bibliothekszimmer.«
    Marion Morrison war in der Tat ungewöhnlich. Sie war eine große, dicke alte Frau mit rauer Stimme und grauen Knopfaugen, die sie unabhängig voneinander bewegen konnte, sodass sie in zwei Richtungen gleichzeitig zu sehen imstande war. Das war auch gut so, da sie mit ihrem kaum vorhandenen Hals und einem Brust- und Bauchumfang von der Größe zweier abgefahrener LK W-Reifen ihre Füße seit Jahren nicht mehrgesehen hatte. Ihr kurzes rötlich graues Haar hatte Ähnlichkeit mit rostiger Drahtwolle. Sie trug ein rotes T-Shirt , gebleichte Hosen, Lederweste und Cowboystiefel. In der einen Hand hielt sie ein gewaltiges Bohnensandwich und in der anderen einen Steingutbecher mit dampfendem schwarzem Kaffee.
    »Tag! Sie müssen Nimrod sein«, sagte sie, das eine Auge auf die Zwillinge gerichtet. »Und ihr müsst John und Philippa Gaunt sein«, sagte sie dann, das andere Auge auf Nimrod gerichtet. »Hab schon viel von euch gehört. Hauptsächlich Gutes.« Nach einem geräuschvollen Schluck Kaffee fügte sie hinzu: »Hab mir Abendessen gemacht. Hoffe, das stört euch nicht. War den ganzen Tag mit einem Wirbelsturm hierher unterwegs und bin ein bisschen durch den Wind.«
    »Hatten Sie einen guten Flug?«, erkundigte sich Philippa höflich.
    »Angekommen bin ich, oder?« Marion Morrison grinste und biss herzhaft in ihr Sandwich. »Mehr kann man nicht verlangen, denke ich.«
    Zu Groanins größtem Entsetzen quollen mehrere Saubohnen aus ihrem Sandwich und fielen auf den teuren Bibliotheksteppich; außerdem wirkten ihre Cowboystiefel ziemlich schmutzig für jemanden, der den ganzen Tag in einem Wirbelsturm verbracht hatte. Neben der Tür lagen ihr zusammengerolltes Bettzeug und ein Paar Satteltaschen, als sei sie gerade vom Pferd gestiegen.
    »Jenny Sacstroker sagte uns, Sie seien eine Dschinnpflegerin«, sagte Nimrod.
    »Für Dschinn vielleicht«, erwiderte die merkwürdige Gestalt. »Für Menschen bin ich weit mehr als das. Ärztin, Heilerin,Medizinfrau, das haben mich die Irdischen alles schon genannt.« Mit lautem Schlürfen leerte sie ihren Becher und schüttete den Kaffeesatz ins Feuer. »Und wo ist der Patient? Wenn er einen Methusalem abbekommen hat, arbeitet die Zeit gegen uns, also machen wir uns an die Arbeit!«
    Nimrod und die Zwillinge führten ihre merkwürdige Besucherin die Treppe hinauf, die auf dem Weg zu Mr   Gaunts Zimmer den letzten Rest ihres großen Sandwichs vertilgte. Beim Betreten des Zimmers hielt sie die Hände in die Höhe wie eine Chirurgin vor dem Waschbecken und sekundenlang huschte eine kleine blaue Flamme knisternd über ihre Finger, während sie ein kleines Quantum Dschinnkraft aus ihrem Körper entweichen ließ, um Schmutz und Bakterien auf ihren Händen abzutöten. Die Flamme war kräftig genug, um ihr die Hemdsärmel anzusengen.
    John, der das noch nie gesehen hatte, blieb der Mund offen stehen.
    »Was ist, Junge?«, fragte sie. »Noch nie gesehen, wie sich jemand die Pfoten wäscht?«
    »Äh, nicht mit Dschinnkraft«, sagte er.
    »Jedenfalls besser als mit Wasser und Seife«, sagte sie. »Hab Wasser auf der Haut noch nie leiden können. Passt irgendwie nicht zu einem Dschinn, sich mit Wasser abzugeben, wenn du mich fragst.« Während sie ihr dickes Hinterteil auf Mr   Gaunts Bett pflanzte, musterte sie diesen mit freundlichem Blick. »Hallo, alter Knabe«, sagte sie.
    Mr   Gaunt starrte kurzsichtig an seiner neuen Pflegerin vorbei ins Leere. »Wer ist da?«, fragte er und hielt sich die zittrige Hand an sein riesiges behaartes Ohr.
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