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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition)
Autoren: Helmut W. Pesch
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Handfläche.
    Gunhild griff sich an den Hals, aber auch Brisingamen hatte sich verwandelt. An einer silbernen Kette um ihren Hals hing ein einzelner, klarer Bergkristall, in dem das Licht sich brach und der wie eine Träne geformt war.
    »Eine Träne für die Anderswelt«, sagte sie.
    »Es scheint, manches erscheint in dieser Welt anders«, meinte Hagen. »Ist euch schon aufgefallen, dass wir unsere wunderschönen Kostüme irgendwo verloren haben?« Sie trugen wieder ihre alte Kleidung, mit der sie in die Anderswelt eingetreten waren; weder von Siggis und Gunhilds Rüstung, noch von Hagens schwarzer Albengewandung war etwas zu sehen.
    »Gott sei Dank«, sagte Siggi. »Das wäre auch etwas schwierig zu erklären gewesen.«
    Hagen überlegte nur einen Moment.
    »Ich bin ein Fantasy-Rollenspieler und habe dieses Outfit mitgebracht, um euch in die Kunst des Live-Rollenspiels einzuweihen. Unsere Sachen hat die Jugendgang geklaut, die unsere Räder demoliert hat … Na, wäre doch ’ne Erklärung gewesen.«
    »Gute Geschichte«, sagte Siggi und grinste unverschämt.
    »Ist ja auch von mir«, grinste Hagen. »Na ja, Hauptsache wir haben überhaupt was anzuziehen.«
    Er warf einen schrägen Blick zu Gunhild, aber sie tat ihm nicht den Gefallen zu erröten. Sie war noch immer in die Betrachtung ihres Kristalls versunken. Auch Siggi hängte sich das Amulett um den Hals.
    Hagen stellte zu seiner eigenen Überraschung fest, dass er gar nicht neidisch war, dass die beiden ein so schönes Andenken von ihrem Abenteuer mitbekommen hatten. Auch er hatte etwas davongetragen – manche Erinnerungen, die er lieber vergessen hätte, aber auch neue Freunde und eine neue Freiheit.
    »Kommt, nun müssen wir aber gehen«, unterbrach Gunhild das Schweigen, das zwischen ihnen eingetreten war.
    Sie gingen in den Wald hinein, ohne genau zu wissen, wo sie waren, aber irgendwann würden sie auf einen Wegweiser treffen und dann zum Waldgasthof gelangen.
    Sie hatten sich gerade ein paar hundert Meter in den Wald hineinbewegt, da hörten sie Hundegebell und Rufen. Aus einiger Entfernung näherte sich mit knatternden Rotoren ein Hubschrauber.
    »Was ist da los?«, wollte Hagen wissen.
    »Ich glaube, die Eltern haben die Polizei eingeschaltet«, sagte Gunhild.
    »Um Gottes willen! Was sagen wir ihnen denn?«, entfuhr es Siggi.
    »Die Wahrheit«, meinte Gunhild, »können wir ihnen nicht sagen.«
    »Wir haben uns in den Wald geflüchtet, weil eine Bande unsere Fahrräder zerschlagen hat und uns verprügeln wollte«, schlug Hagen vor. »Dann haben wir uns in einer Höhle versteckt und haben uns erst bei Tageslicht aus unserem Versteck getraut. Und das nicht mal so ganz ge-logen …«
    »Klingt einleuchtend«, meinte Gunhild.
    »Aber dann bleiben wir auch dabei!«, schärfte Siggi ihnen noch ein.
    Das Hundegebell kam immer näher und auch der Hubschrauber schien sich ihre Richtung zu bewegen. Aufgeregtes Rufen war zu hören.
    »Wir gehen ihnen entgegen«, beschloss Siggi. »Das macht sich gut. Schließlich sucht man uns, und wir sind nicht auf der Flucht.«
    »Nicht mehr«, sagte Hagen und dachte an den gestrigen Abend, als die Schwarzalben sie durch den Wald gehetzt hatten.
    »Ja, nicht mehr«, bestätigte Gunhild.
    Gemeinsam machten sich die drei auf den Weg. Jeder von ihnen bemerkte langsam die Anstrengungen der letzten Stunden, und jetzt, da die Spannung von ihnen abfiel, kam die Müdigkeit. Sie schleppten sich mehr durch den Wald, als sie gingen. Die Augen fielen ihnen zu.
    »Da! Da sind sie!«, rief eine Stimme. Und aufgeregte Bereitschaftspolizisten und Hundeführer kam herbeigelaufen. Die Kinder erschraken fürchterlich, denn so schnell hatten sie nicht mit den Suchern gerechnet.
    Die nächsten Minuten wurden hektisch. Die Kinder wurden gefragt, wo sie gewesen waren, was mit ihren Fahrrädern passiert sei, die Polizisten machten einen besorgten Eindruck. Sie erfuhren, dass die Eltern am frühen Abend auf eigene Faust auf die Suche gegangen waren und die zerstörten Räder gefunden hatten. Dann hatten sie die Polizei angerufen. Diese hatte dann eine Suchaktion gestartet, konnte sie aber die ganze Nacht nicht finden. Dafür hatten an verschiedenen Stellen des Waldes die Hunde auf anderen Spuren Tobsuchtsanfälle bekommen, und die Tiere waren kaum zu beruhigen gewesen. Die Polizei vermutete dahinter eine Chemikalie.
    Siggi stellte erfreut fest, dass sie sich mit ihrer Geschichte nicht widersprachen, als sie gefragt wurden. Sie verstanden sich
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