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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition)
Autoren: Helmut W. Pesch
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den Wald gehetzt worden waren. Das Licht war das gleiche. Ein Kreis begann sich zu vollenden. Der Ring war nahezu geschlossen, mm mussten sie nur noch entkommen, ansonsten waren sie in diesem Teufelskreis gefangen, und für sie würde es kein Entrinnen mehr geben.
    Die Kinder gingen langsamer, ja, sie schlichen fast durch die Gänge, denn sie wollten nicht plötzlich mitten in die Auseinandersetzung hineingeraten. Vorsichtig spähten die drei vor jeder Abzweigung oder an jedem Wegkreuz umher, ob nicht da nicht Krieger waren, die für sie zu einer Bedrohung werden konnten.
    »Da ist …« niemand, wollte Siggi sagen, aber das letzte Wort konnte er nicht mehr aussprechen, denn hinter ihm ertönte ein ersticktes Stöhnen. Siggi warf sich herum, und was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
    Aus einem Seitengang hinter ihnen waren vier Schwarzalben getreten, an ihrer Spitze Alberich, der König. Hagen lag regungslos am Boden, atmete aber noch, soweit Siggi das beurteilen konnte, und Gunhild hing hilflos im Griff Alberichs, der ihr seinen Dolch an die Kehle drückte.
    »Gib mir den Ring und den Speer, Erbe des Drachentöters!«, forderte er. Sein Bart war wirr, seine Mähne zerzaust. Er blutete aus einem Schnitt über der Stirn. Die prächtige schwarze Rüstung war vom Kampf gezeichnet. Die Schwerter, der ihn begleitenden Krieger waren schartig, und auch die Swart-alfar selbst zeigten Spuren des sinnlosen Kampfes.
    Im ersten Moment wusste Siggi nicht, was er sagen oder tun sollte. Doch ein Blick in die Augen seiner Schwester ließ etwas in ihm ausrasten, und in Siggi erwachte etwas, von dem er nicht gewusst hatte, wie stark es war.
    »Hör doch auf, alter Mann!«, sagte er bestimmt. »Ragnarök ist da, und ob du nun Ring und Speer bekommst oder nicht, macht keinen Unterschied mehr. Es ist Schluss! Aus! Ende!«
    Zorn malte sich in Alberichs Gesicht ab. Damit hatte er nicht gerechnet. Er presste Gunhild den Dolch an die Kehle.
    »Ragnarök!«, höhnte Alberich. »Gib mir den Zauber zurück und die Macht, dann ist der Sieg mein! Und dann«, seine Stimme überschlug sich, »wird es nur noch ein Reich geben, ein Volk und einen Führer!«
    »Das kannst du vergessen«, sagte Siggi einfach nur.
    »Den Ring!«, forderte der Nibelung und sein Blick wurde hart. »Und wo ist der Speer des Schicksals?«
    »Odin hat den Speer«, und vor Siggis Augen stand noch einmal das Bild, als der Ase mit letzter Kraft den schwarzen Schaft umklammerte, »aber er hat ihm nicht geholfen. Und du bist dumm wie ein Stein, wenn du die Zeichen nicht siehst.«
    »Wovon redest du?«
    »Der Wolf hat ihn verschlungen. Thor fiel der Schlange zum Opfer. Und Loki hat seine Fesseln gesprengt, und jetzt rast das Feuer durch die Gänge. Es ist aus, verdammt noch mal. Kapierst du denn nicht?«
    »Nein …« Alberich erblasste. »Das kann nicht sein …«
    Sein Griff lockerte sich. Die Hand mit dem Dolch senkte sich ein wenig.
    Gunhild nutzte diesen Moment der Schwäche. Sie biss Alberich ins Handgelenk. Ein Schmerzensschrei, und Gunhild riss sich aus seiner Umklammerung los und rannte zu Siggi hinüber.
    Einer der Krieger um Alberich wollte ihr folgen, aber er hatte Siggi aus den Augen gelassen. Siggi schwang den Hammer mit einer Kraft, die er sich selbst nie zugetraut hätte. Er traf den Swart-alf in den Bauch. Pfeifend entwich dem Krieger die Luft, und er brach zusammen.
    Alberich riss seine Axt vom Gürtel. Auch diese zeigte Spuren des Kampfes. Tiefe Scharten kerbten das geschwungene Blatt, an dem halb geronnenes Blut klebte.
    »Du bist an allem schuld« rief er dem bewusstlosen Hagen zu. »Du hast versagt! Stirb!«
    Alberich hob seine mächtige Axt und setzte zum tödlichen Schlag an. Er würde Hagens Schädel spalten wie eine überreife Kokosnuss. Siggi würde nicht mehr rechtzeitig dazwischentreten können. Hagen war bewusstlos und konnte sich nicht selbst helfen.
    »Mjölnir!«, rief Siggi aus. Der Schrei hallte durch die Gänge. Dann schleuderte er den Hammer, in der verzweifelten Hoffnung, Alberich zumindest ablenken zu können.
    Obwohl der Wurf ungezielt war, schoss der Hammer direkt auf die Axt des Königs zu. Alberich wollte sie gerade mit Wucht nach unten führen, da traf der Hammer das Blatt und zerschmetterte es in tausend Stücke, die wie wütende Hornissen durch den Gang sirrten. Nur wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt.
    Alberich wurde der Stiel aus der Hand geprellt. Bestürzung malte sich auf dem Gesicht des Herrn der
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