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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Uwe Klausner
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Schmutz und
Unrat unserer Zeit gesäubert, für den Kampf gegen das Böse und gegenüber den
Anfeindungen ihrer Widersacher gewappnet ist. Mag dies Monate dauern oder gar
Jahre, wir, die Krieger des Herrn, allzeit Hüter des Glaubens, sind zu allem
bereit, und sei es, unsere Feinde auszutilgen mit Stumpf und Stiel. Denn es
steht geschrieben: ›Und ich will mein Gericht über sie ergehen lassen um all
ihrer Bosheit willen, dass sie mich verlassen und andern Göttern opfern und
ihrer Hände Werk anbeten.‹ Für uns, Brüder in Christo, kann dies nur eines
bedeuten: Zerschmettert die Symbole des Aberglaubens, vor allem diejenigen,
welche man Reliquien nennt! Tilgt sie vom Angesicht dieser Erde, auf dass sie
nie mehr in der Menschen Hände gelangen! Vor allem aber: Bestraft all
diejenigen, welche sie anbeten, dem Aberglauben auf das Widerwärtigste
verfallen!« Der Kardinaldiakon hatte sich förmlich in Rage geredet und fuhr mit
dem Handrücken über die schweißnasse Stirn. Aber noch war er nicht am Ende, und
während das Echo seiner Worte in den endlosen Gängen der Katakomben verhallte,
schloss er die Augen, ballte die Faust und rief mit sich überschlagender
Stimme: »Fluch über die Götzendiener, wo immer ihr sie auch trefft!«
    »Wehe ihnen, denn sie sind verflucht!«, stießen die
Kapuzenmänner mit rauer Stimme hervor. Für einen kurzen Moment war es still.
Dann packte der Kapuzenmann zur Rechten des Kardinaldiakons sein Schwert, riss
es aus der Scheide und reckte es zur rußfarbenen Decke empor. Einer nach dem
anderen taten es ihm die Gefährten gleich. So lange, bis sich die Spitze ihrer
Klingen über dem Sarkophag berührten.
    »Fluch über all jene, welche Reliquien anbeten oder
mit ihnen handeln um ihres Profites willen!«, skandierte Oddo di Colonna, das
Gesicht zu einer Fratze des Hasses verzerrt.
    »Wehe ihnen, denn sie sind verflucht!«, hallte es ihm
von den Gefährten wie aus einem Munde entgegen.
    »Fluch über all jene, welche Ablässe feilbieten um des
schnöden Mammons willen!«
    »Wehe ihnen, denn sie sind verflucht!«
    »Fluch über die Frevler, welche Reliquien fälschen und
sich damit an unser aller Mutter, der Kirche, auf das Schändlichste vergehen!«
    »Wehe ihnen, denn sie sind verflucht!«, lautete die
Antwort, bevor sich die Schwertspitzen der Krieger Christi auf den
Sarkophagdeckel zu bewegten und auf dem verwitterten Kreuz an seinem Kopfende
trafen.
    Im gleichen Moment, gerade so, als ginge ihn das Ganze
nichts mehr an, wandte sich der Kardinallegat ab und trat gemächlichen
Schrittes den Rückweg an.
     
    *
     
    Als es vorüber war, dämmerte bereits der Morgen. Die
Gefährten waren verschwunden. Getreu ihrem Gelübde hatten sie sich unweit des
Eingangs zu den Katakomben ohne ein Wort des Grußes getrennt und kurz darauf in
alle Winde verstreut.
    Der hochgewachsene Mann Mitte 20
schlug seine Kapuze zurück, bewegte die steifen Glieder und blinzelte in die
Sonne, die soeben am Horizont erschien. Der Ring an seiner Hand spiegelte sich
darin, und die Andeutung eines Lächelns flog über sein Gesicht. Wie betäubt von
den Ereignissen der letzten Stunden, überwand er seine Müdigkeit und schlug den
Weg zur Via Appia ein. Von dort aus würde er sich schnellstmöglich in seine
Herberge begeben, sein Pferd satteln und auf den langen Weg in die Heimat
machen.
    Als er den Leichnam des alten Hirten unweit der Straße
auf dem freien Feld liegen sah, verlangsamte der junge Mann seinen Schritt, und
ein Lächeln flog über das vom Fasten, den Exerzitien und Bußübungen
ausgemergelte Gesicht. ›So wie ihm wird es allen gehen, die sich uns in den Weg
stellen!‹, dachte er mit klammheimlicher Freude. Sich um die sterblichen Überreste
des Alten zu kümmern, kam ihm nicht in den Sinn. Er hatte keine Zeit zu
verlieren. Je früher er seine Mission erfüllte, umso besser.
    Kurz vor dem Ziel, einer heruntergekommenen, übel
beleumdeten Schenke in der Nähe des Kolosseums, wurde der junge Mann jäh aus
den Gedanken gerissen. Eine Stimme, einschmeichelnd wie die Sünde, sprach ihn
an, und als er den Kopf hob, fiel sein Blick auf eine üppige, grell geschminkte
junge Dirne, die sich mit wiegendem Schritt auf ihn zu bewegte. Ganz gegen
seine sonstigen Gewohnheiten blieb der junge Mann stehen, fingerte nervös an
seinem Kragen herum und harrte der Dinge, die da kamen.
    Kaum eine Viertelstunde später, als alles vorüber war,
kannte sich der junge Erzdiakon selbst nicht mehr. All seinen Prinzipien und,
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