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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Uwe Klausner
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verschwunden.
     
    *
     
    Schenke ›Zum
roten Hahn‹, kurz nach Sonnenuntergang
     
    »Sauwetter, verdammtes!«
    Berengar von Gamburg, Vogt des Grafen von Wertheim,
starrte mit verdrießlichem Blick aus dem Fenster der verrufenen Schenke hinaus,
in die es ihn wegen des Unwetters verschlagen hatte. Er war klitschnass, sein
Wams und das sündhaft teure Leinenhemd allenfalls noch zur Feldarbeit zu gebrauchen.
Mit seinen Stiefeln, einst sein ganzer Stolz, sah es nicht viel besser aus.
Glück im Unglück, dass der Wein in der Schenke halbwegs genießbar war. Sonst
wäre es nicht zum Aushalten gewesen.
    So aber schluckte er seinen Ärger hinunter, und in dem
Maße, wie der Regen nachließ, begann sich seine Stimmung zu bessern. Käse,
Frankenwein und Zwiebeln jedenfalls mundeten vorzüglich, obwohl er sich nicht
gerade in bester Gesellschaft befand.
    Der ›Rote Hahn‹, Treffpunkt von Münzfälschern,
Beutelschneidern und allerlei zwielichtigen Figuren, war brechend voll.
Berengar hätte ihnen am liebsten das Handwerk gelegt, hielt sich jedoch
klugerweise zurück. Ärger hatte er nämlich schon genug am Hals. Und das
ausgerechnet mit seiner Schwester. Der Vogt nahm einen kräftigen Schluck. Er
kam zwar gut mit ihr aus, aber was zu viel war, war nun einmal zu viel. Die
Wurzel allen Übels, sein Schwager, hatte wieder einmal große Reden geschwungen.
Ein Gewürzhändler, noch dazu in seiner Familie! Dieser Pfeffersack konnte einem
wirklich den letzten Nerv töten. Kein Wunder also, dass sie sich schon nach
kurzer Zeit in die Haare geraten waren. Ein Wort gab das andere, und wäre seine
Schwester nicht gewesen, hätte es einen handfesten Streit gegeben. Also nichts
wie raus an die frische Luft!, hatte er gedacht. Dass er in das schlimmste
Unwetter der letzten Jahre geraten würde, konnte er schließlich nicht ahnen.
    Eigentlich hatte Berengar ja genug, aber da ihm der
Leisten am heutigen Abend besonders gut schmeckte, trank er den Krug vollends
leer. Der Vogt des Grafen von Wertheim fuhr mit dem Handrücken über den Mund
und schnalzte genüsslich mit der Zunge. Zwei Tage noch bis zu dieser
vermaledeiten Kindstaufe, bei der ihm die Rolle des Paten zugedacht war. Und
dann nichts wie ab nach Hause!
    Wie nicht anders zu erwarten, stieg ihm der Wein
langsam in den Kopf, aber als der gedrungene, um die 50 Jahre alte Mann die
Schenke betrat, war Berengar plötzlich hellwach. An jedem anderen Tag hätte er
den Mann mit dem Filzhut, dem Rock aus grauem Wollstoff und den löchrigen
Beinlingen auf Anhieb erkannt. An jedem anderen Tag, nur nicht heute. Kommt vom
vielen Saufen!, gestand sich Berengar zähneknirschend ein, und bevor ihm
einfiel, wo er ihn schon einmal gesehen hatte, war der Mann mit dem Filzhut wieder
verschwunden.
    »Noch einen Krug Wein, Herr?« In Gedanken immer noch
bei dem ominösen Besucher, hatte Berengar den Schankwirt nicht kommen hören.
Mit einem Lächeln, das so breit wie schmierig war, baute sich der widerliche
Fettwanst mit der fleckigen Schürze vor Berengar auf. Seine Absicht war klar,
nämlich den unbekannten, allem Anschein nach aber betuchten Besucher seiner
Spelunke kräftig zur Ader zu lassen. Berengar verneinte, aber ein Schlitzohr
wie ihn wurde man natürlich nicht so schnell los. »Darf es vielleicht etwas
anderes sein?«, salbaderte der Wirt und fügte mit feuchter Aussprache hinzu:
»Falls Euch gerade der Sinn danach steht – ich kenne ein paar Mägdelein, die
nur darauf warten, Eure Bekanntschaft zu machen! Ihr müsst nur sagen, nach
welcher meiner Dirnen Euch der Sinn steht, und schon werdet …«
    »… werde ich zur Kasse gebeten, ich weiß!«, vollendete
Berengar, der von derlei Vergnügungen nicht das Geringste hielt. »Habt Dank,
Herr Wirt – aber wenn es Euch nichts ausmacht, würde ich jetzt gerne meine
Zeche begleichen! Und zwar sofort!« Der Wirt runzelte die Stirn, wagte jedoch
keinen Einwand und zog sich kommentarlos hinter den Tresen zurück. Für einen
Moment verstummten die Gespräche, aber da mit Berengar offenbar nicht gut
Kirschen essen war, ließ es die versammelte Halbwelt nicht auf eine
Messerstecherei mit dem Vogt ankommen und wandte sich wieder dem Würfelspiel
zu.
    Der hatte im Moment auch andere Probleme, da sich ein
menschliches, nach mehreren Bechern Wein immer dringlicheres Bedürfnis bei ihm
zu regen begann. Und so rappelte sich Berengar auf und schlug den Weg zur
Latrine ein, die sich im rückwärtigen Teil des Anwesens befand. Mindestens ein
halbes Dutzend
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