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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester
Autoren: Andrea Schacht
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erkannte in Wulfs Augen die Frage: »Na, wie lange noch?«
    Nicht mehr lange, beschloss ich. Herr Müller erläuterte soeben, wie die Tätigkeiten Wassererwärmen, Töpfesortieren und -abspülen miteinander verknüpft waren, zumal, wenn um – kicher, kicher – viertel nach eins ein wichtiger Friseurtermin anstand.
    Ich liebe Männer, die auf Kosten dummer Frauchen kleine Witze reißen!
    Meine anfängliche Belustigung ging in ein erstes, verhaltenes Knurren über, als er das nächste Mal wieder ausschließlich die Herren anredete. Ich malte den simplen Plan auf, dann verzierte ich das Diagramm auf meinem Block mit einem verschnörkelten Rankenmuster. Eine dumme, aber harmlose Angewohnheit von mir. Meine Schulbücher, meine Notizblöcke, mein Telefonbuch, Servietten und Zeitungen sollte man für die Nachwelt erhalten, es sind Meisterwerke ornamentaler Kleinkunst.
    Inzwischen hatte auch der Seminarleiter das Bild des Netzplans am Board vielfarbig und künstlerisch ausgestaltet.
    Ich sah auf die Uhr. Wir hatten inzwischen zwei Stunden mit derartigen Nichtigkeiten verplempert, die von der eigentlichen praktischen Arbeit abgingen. Ich erlaubte mir, mich zu Wort zu melden, als der Seminarleiter in seinen Unterlagen nach weiteren Folien kramte.
    »Herr Müller, vielleicht haben Sie bemerkt, dass wir uns, was den Unterrichtsablauf anbelangt, deutlich auf dem kritischen Pfad befinden. Es wäre vielleicht ganz angeraten, die Intelligenz Ihrer Zuhörer nicht weiter zu unterschätzen und mit derartigen Beispielen aufzuhören. Wir sind hier, um uns mit dem DV-Programm vertraut zu machen. Ich denke, Sie dürfen beruhigt voraussetzen, dass die anwesenden
Damen
und Herren mit der Materie der Planung vertraut sind.«
    Eine durch den Raum fliegende Kuh hätte ihn nicht mehr erschüttern können. Ein leises Raunen ging durch die Gesellschaft, das nicht fern von Belustigung war.
    Immerhin nahm er mich jetzt wahr.
    »Frau – äh – äh …«
    Ich half ihm nicht.
    »Also, Frau – äh –, wir müssen selbstverständlich zuerst die theoretischen Grundlagen erarbeiten. Ich muss Sie doch bitten, Ihren Übereifer noch ein wenig zu bremsen, wir haben noch einige wesentliche Themen abzuhandeln. Meine Herren …«
    »Im Übrigen möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass ich Wert auf eine höfliche Anredeform lege. Ich heiße weder Frau Äh noch ›meine Herren‹.«
    Oh, ich war sauer!
    Und Herr Müller für einen Augenblick mundtot.
    Diese Schweigeminute nutzte einer der Teilnehmer, um vorzuschlagen, doch eine kleine Pause einzulegen. Wortlos nickte Herr Müller, und wir standen auf, um uns auf dem Gang die Füße zu vertreten.

    »Sie haben dem armen Mann aber sehr deutlich gemacht, was Sie von ihm halten, Frau Farmunt«, sagte mein interessanter Kollege neben mir.
    »Er hat doch auch sehr deutlich gemacht, was er von dummen Frauchen hält, Herr Daniels, oder?«
    »Oh, nicht dass ich Mitleid mit ihm habe. Er benimmt sich stoffelig. Sie sind wahrscheinlich schon häufiger derart selbstgefälligen Typen begegnet. Frauen sind eben noch immer selten in solchen Positionen. Keiner bedauert das mehr als ich.«
    Sein Lächeln hatte was. Doch. Darum überhörte ich für diesmal die kleine, unpassende Bemerkung am Ende.
    »Wo ist denn unser Herr Schweitzer geblieben?«, fragte ich und sah mich um. Durch die offene Tür zum Seminarraum sah ich ihn am Tisch von Herrn Müller stehen und aufmerksam dessen Worten lauschen.
    »Er hat es nicht so leicht wie Sie, Frau Farmunt. Schweitzer ist erst vor kurzem in Ihre Abteilung gekommen. Er hat – nun ja – weniger theoretische Vorkenntnisse.«
    »Wollen Sie mir damit andeuten, dass mein Mitarbeiter von der Thematik, in der er mich unterstützen soll, keine Ahnung hat? Das hat mir Dr. Koenig bei dem Einstellungsgespräch allerdings dann vorenthalten.«
    »Sagen wir, er hat quasi praktische Erfahrungen, Schweitzer hat lange auf Baustellen vor Ort gearbeitet. Ich selbst habe aber mit ihm auch noch nicht zu tun gehabt.«
    »Na prima!«
    »Ehrgeizig, was?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Klar war ich ehrgeizig. Sonst wäre ich nicht hier auf dieser Stelle gelandet.

    Die Seminarteilnehmer versammelten sich inzwischen wieder in dem Raum und nahmen ihre Plätze ein. Meine Stimmung war eine Mischung von Ungeduld und schlechter Laune, wassich nicht dadurch besserte, dass Herr Müller jetzt überaus betont die Anrede »Frau Farmunt, meine Herren« pflegte.
    »Frau Farmunt, meine Herren, es hat sich in der kurzen
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