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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester
Autoren: Andrea Schacht
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Pause gezeigt, dass durchaus noch Verständnisfragen zu dem theoretischen Teil bestehen, so dass ich jetzt gerne noch einmal für alle rekapitulieren möchte.«
    Ich sah zu Herbert Schweitzer hin, der wieder gespannte Aufmerksamkeit demonstrierte.
    Aha, große Schwierigkeiten!

2. Faden, 1. Knoten
    Auf der glutflüssigen Lava bildete sich eine dünne Hülle aus krustigen, erstarrten Steinmassen, als der unablässig kreisende Erdball allmählich abkühlte. Wie Schollen schwammen sie auf dem glühenden Meer, stießen aneinander, schoben sich übereinander, türmten sich hier zu Gebirgen auf, brachen dort zu tiefen Schluchten auseinander.
    Aus den jungen Bergen quoll wie Blut aus frischen Wunden flüssiges Gestein, wirbelten Wolken aus Asche empor, Gase und Staub. Die Urkontinente, noch bloß und karg, ohne Leben, bewegten sich unendlich langsam gegeneinander, und an den Kanten, da, wo sie aneinanderrieben, bauten sich an den Bruch- und Verwerfungsstellen ungeheure Spannungen auf. Manchmal wurde die Spannung zu hoch, und unter mächtigem Beben rissen sie sich voneinander los, brach hartes Gestein auf, falteten sich Gebirge zu himmelhohen Klippen.
    Später bildete sich aus den Gasen Wasser, es regnete. Meere und Ströme entstanden, ihre Wasser überfluteten das Land, spülten Gräben und Höhlen aus und sammelten sich in tiefen Gesteinsschichten. Die rauen Konturen wurden glattgeschliffen,Staub rieb im Wind an dem harten Fels, lagerte sich ab, verdichtete sich und wurde später zu fruchtbarem Boden.
    Die Erde wurde älter, und ihre dünne Haut wurde durchzogen von einem Flechtwerk aus über- und unterirdischen Wasserläufen, sie bekam alte Narben von Rissen und Brüchen, sie war durchwachsen von Adern aus metallhaltigem Erz und von kristallisierten Mineralien. Manches Gestein enthielt strahlende Elemente, manches magnetische Kräfte. Manches auch solche Kräfte, die der Mensch noch nicht entdeckt hat, noch nicht mit seinen Erkenntnissen erklären kann.
    Trotzdem sind sie da, diese Kräfte, wenn auch nicht alle sichtbar, nicht messbar, aber doch spürbar für die, die Sinne haben, sie zu fühlen. Sie ziehen sich durch Täler und Berge, durch glühende Geröllwüsten, durch eisige Tundren, durch düstere Wälder, goldene Steppen, entlang der schroffen Küsten und durch liebliche Auen. Und dort, wo sich diese Ströme, die Pfade der Kraft, in der Erde kreuzen, gab es schon immer auffällige Phänomene.
    Es wachsen dort vielleicht seltsam geformte Pflanzen, oder es bleiben Stellen unerwartet kahl. Manche dieser Plätze werden auch von den Lebewesen gemieden, doch an vielen treffen sich dort Jahr ein, Jahr aus Scharen von Vögeln, dorthin ziehen sich die Tiere zurück, um ihren Nachwuchs zu gebären oder um den Tod zu erwarten.
    An den Knotenpunkten der Kraftlinien geschahen schon immer sonderbare Dinge.
    Menschen, die fühlen können, finden dort die Tore zur
Autre Monde
. Wenn sie es wagen, die Brücke zu überschreiten, kommen sie immer verändert zurück.
    Sie wurden als Weise geachtet, als Wissende und Führer, als Hexen verbrannt und als Wahnsinnige eingesperrt.

1. Faden, 2. Knoten
    Die nächste Stunde war von so entsetzlicher Langeweile, dass ich meine Gedanken einfach wandern ließ.
    Es war vor etwa einem halben Jahr gewesen, wenn ich so zurückdachte. Ja, vor einem halben Jahr, genau nach diesem katastrophalen Urlaub in Kenia. Die Gruppe von Freunden und Bekannten, der ich mich angeschlossen hatte, entpuppte sich als schlichtes Chaos-Team. Ein Pärchen lag sich ständig in den Haaren, zwei weitere versanken in namenloser Leidenschaft, jedoch nicht zu den eigenen Partnern, eine der Frauen rang mit Scheidungsgedanken und einem erhöhten Tablettenkonsum und ich mit einer Virusinfektion.
    Als ich nach Hause zurückkam, war ich fertig mit den Nerven und eigentlich urlaubsreif. Wahrscheinlich war das der Grund, dass ich eines Morgens in den Spiegel sah und darin das eigenartige Bild erblickte, wie ich leicht verschoben neben mir stand. Es war nicht etwa eine optische Täuschung oder gar irgendwelche Sehstörungen, es war eher der Eindruck dessen, was ich fühlte.
    Es war sehr unangenehm, und ich versuchte, der Sache nachzugehen. Rein vom Verstand her betrachtet fand ich aber nichts, womit ich mir dieses seltsame Gefühl der Entfremdung erklären konnte. Ich hatte seit sechs Jahren einen guten Job in einem renommierten Unternehmen, man kümmerte sich um mein berufliches Fortkommen mit einem Förderprogramm, meine Wohnung
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