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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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war es auch, daß ich in einer Nacht im unvordenklichen Jahre Tharb, die auffordernde Gestalt des himmlischen Vogels sah und die ersten Regungen der Unrast spürte. Dann sprach ich mit dem bärtigen Mann und erzählte ihm von meinem neuen Verlangen, nach dem entfernten Cathuria aufzubrechen, das kein Mensch gesehen hat, von dem jedoch alle glauben, es liege hinter den Basaltsäulen des Westens. Es ist das Land der Hoffnung, und in ihm leuchten die vollkommenen Ideale all dessen, was wir anderswo kennen; so sagen die Leute wenigstens. Doch der bärtige Mann antwortete mir: »Hütet Euch vor jenen gefahrvollen Meeren, in denen Cathuria angeblich liegen soll. In Sona-Nyl gibt es weder Schmerz noch Tod, aber wer vermag zu sagen, was hinter den Basaltsäulen des Westens liegt?« Nichtsdestoweniger begab ich mich beim nächsten Vollmond an Bord des Weißen Schiffes und verließ zusammen mit dem widerstrebenden bärtigen Mann den glücklichen Hafen mit Kurs auf unbereiste Meere.

    Und der Vogel des Himmels flog voran und rührte uns zu den Basaltsäulen des Westens, doch diesmal sangen die Ruderer keine weichen Lieder unter dem vollen Mond. Im Geist malte ich mir oft das unbekannte Land Cathuria mit seinen prächtigen Hainen und Palästen aus und fragte mich, welche neuen Freuden mich dort wohl erwarteten. »Cathuria«, pflegte ich mir zu sagen, »ist die Wohnstatt der Götter und das Land ungezählter Städte aus Gold. In seinen Wäldern wachsen Sandelbäume und Aloen, genauso wie in den duftenden Hainen von Camorin, und zwischen den Bäumen flattern bunte Vögel mit süßem Gesang. Auf den grünen und blumigen Bergen von Cathuria stehen Tempel aus blaßrotem Marmor, sie sind üppig mit gemeißelten und gemalten Herrlichkeiten verziert, und ihre Innenhöfe schmücken kühle Silberfontänen, wo die wohlriechenden Wasser des grottengeborenen Flusses Narg eine entzückende Melodie summen. Und die Städte Cathuriens sind mit goldenen Mauern umgürtet, und auch ihre Pflaster sind von Gold. Die Gärten dieser Städte bergen sonderbare Orchideen und parfümierte Teiche, deren Becken aus Koralle und Bernstein sind. Nachts werden die Straßen und die Gärten von fröhlichen Laternen erleuchtet, die aus dem dreifarbigen Panzer einer Schildkröte gefertigt sind, und hier ertönen die weichen Klänge der Sänger und Lautenspieler. Und die Häuser der Städte in Cathuria sind Paläste, jedes über einem duftenden Kanal erbaut, der die Wasser des heiligen Narg führt. Aus Marmor und Porphyr sind die Häuser und mit gleißendem Gold gedeckt, das die Sonnenstrahlen reflektiert und so die Pracht der Städte erhöht, wenn von fernen Gipfeln glückselige Götter auf sie herniederschauen. Am schönsten von allem ist der Palast des mächtigen Monarchen Dorieb, den einige für einen Halbgott, andere für einen Gott halten. Hochgebaut ist der Palast des Dorieb, und zahlreich sind die Marmortürme auf seinen Wällen. In seinen weitläufigen Hallen versammeln sich große Menschenmengen, und hier hängen die Trophäen der Zeitalter. Und das Dach besteht aus purem Gold, riesige Säulen aus Rubin und Azur stützen es, und auf ihm thronen solch gemeißelte Götter-und Heldenfiguren, daß, wer in diese Höhe hinaufblickt, meint, den wahrhaftigen Olymp zu schauen. Und der Fußboden des Palastes ist aus Glas, unter dem die kunstvoll erleuchteten Wasser des Narg fließen, voll munterer Fische, die jenseits der Grenzen des liebreichen Cathuria nicht bekannt sind.«

    So pflegte ich mir selbst von Cathuria zu schwärmen, doch immer riet mir der bärtige Mann, zu den glücklichen Gestaden von Sona-Nyl zurückzukehren; denn Sona-Nyl sei den Menschen bekannt, Cathuria hingegen habe niemand jemals geschaut.

    Und am einunddreißigsten Tag, den wir dem Vogel folgten, sahen wir die Basaltsäulen des Westens. Sie waren in Nebel gehüllt, so daß keiner darüber hinausschauen oder ihre Spitzen sehen konnte, die, wie manche wirklich behaupten, bis in den Himmel reichen. Und der bärtige Mann beschwor mich, wieder umzukehren, doch ich achtete seiner nicht; denn aus den Nebeln jenseits der Basaltsäulen glaubte ich die Klänge der Sänger und Lautenspieler zu vernehmen; süßer als die süßesten Lieder Sona-Nyls waren sie und mir zum Preise gesungen; mir zum Preise, der ich weit fort vom Vollmond gereist war und im Lande der Phantasie geweilt hatte. So segelte das Weiße Schiff zum Klang der Melodie in die Nebel zwischen den Basaltsäulen des Westens. Und als die
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