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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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wie er sie in Erinnerung hatte. Als er die Stadt betrat, durch die Bronzetore und über das Onyxpflaster, grüßten ihn die Kaufherren und Kameltreiber, als sei er nie fortgewesen; und so war es auch beim Türkistempel von NathHorthath, wo ihm die orchideenbekränzten Priester erzählten, es gebe in Ooth-Nargai keine Zeit, nur ewige Jugend. Dann ging Kuranes durch die Straße der Säulen zu der meernahen Mauer, dem Treffpunkt von Händlern und Seefahrern und merkwürdigen Leuten aus Gefilden, wo sich die See dem Himmel vermählt. Dort verweilte er lange und blickte über den strahlenden Hafen hinaus, wo die Kräuselwellen unter einer unbekannten Sonne funkelten und wo die Galeeren von fernen Plätzen flink über das Wasser zogen. Und er schaute auch zum Mount Aran, der sich königlich von der Küste erhob, und auf seinen unteren Hängen wiegten sich grüne Bäume, und sein weißer Gipfel berührte den Himmel.

    Mehr denn je wünschte sich Kuranes, in einer Galeere zu den fernen Plätzen zu segeln, von denen er so viele, seltsame Geschichten vernommen hatte, und er suchte wieder nach dem Kapitän, der ihn vor so langem hatte mitnehmen wollen. Er fand den Mann, Athib, auf derselben Gewürzkiste sitzen, auf der er damals gesessen hatte, und Athib schien nicht zu merken, daß Zeit verstrichen war. Dann ruderten die beiden zu einer Galeere im Hafen, gaben der Mannschaft Befehle und segelten langsam in die wogende Cerenäische See hinaus, die in den Himmel führt. Mehrere Tage lang glitten sie schaukelnd über das Wasser, bis sie schließlich am Horizont anlangten, wo sich die See dem Himmel vermählt. Hier machte die Galeere nicht etwa halt, sondern trieb zwischen rosenfarbigen Schäfchenwolken mühelos in das Blau des Himmels. Und weit unter dem Kiel konnte Kuranes fremde Länder und Ströme und Städte von unübertrefflicher Schönheit sehen, die sich sorglos im Sonnenschein ausbreiteten, der nie nachzulassen oder zu vergehen schien. Zuletzt sagte ihm Athib, daß das Ende ihrer Reise nahe und daß sie bald in den Hafen von Serannian einlaufen würden, der nelkenfarbenen Marmorstadt der Wolken, erbaut an der ätherischen Küste, wo der Westwind in den Himmel fließt; doch als der luftigste der gemeißelten Türme der Stadt in Sicht kam, erklang irgendwo im Raum ein Geräusch, und Kuranes erwachte in seiner Londoner Mansarde. Viele Monate lang suchte Kuranes anschließend vergeblich die wunderbare Stadt Celephais und ihre himmelwärts segelnden Galeeren, und obwohl ihn seine Träume an viele prachtvolle und unerhörte Stätten trugen, konnte ihm niemand, dem er begegnete, sagen, wie Ooth-Nargai hinter den Tanarischen Bergen zu finden sei. Eines Nachts flog er über dunklen Gebirgen dahin, wo er fahle, einsame und weitverstreute Lagerfeuer sah und seltsam zottige Herden, deren Leittiere klingende Glöckchen trugen; und in den wildesten Regionen dieses bergigen Landes, so abgelegen, daß es nur wenige Menschen jemals gesehen haben können, fand er einen gräßlichen uralten Wall oder Steindamm, der sich im Zickzack über die Kämme und Täler wand; er war zu gigantisch, um von Menschenhand errichtet zu sein, und von solcher Länge, daß man weder Anfang noch Ende entdeckte. Jenseits der Mauer gelangte er im grauen Dämmerlicht in ein Land schmucker Gärten und Kirschbäume, und als die Sonne aufging, offenbarte sich ihm eine solche Schönheit roter und weißer Blumen, grüner Laubdächer und Rasenflächen, weißer Pfade, diamantener Bäche, blauer Teiche, gemeißelter Brücken und rotgedeckter Pagoden, daß er in hellem Entzücken die Stadt Celephais für einen Augenblick vergaß. Doch er entsann sich ihrer wieder, als er einen weißen Pfad hinunter auf eine rotgedeckte Pagode zuschritt, und würde die Menschen dieses Landes nach ihr befragt haben, hätte er nicht herausgefunden, daß es dort keine Menschen gab, sondern nur Vögel und Bienen und Schmetterlinge. In einer anderen Nacht stieg Kuranes eine feuchte, steinerne Wendeltreppe endlos empor und kam zu einem Turmfenster, das eine gewaltige Ebene und einen mächtigen Strom im Licht des Vollmonds überschaute; und im Aussehen und der Anlage der stillen Stadt, die sich vom Flußufer fortzog, glaubte er etwas ihm bereits Bekanntes zu entdecken. Er wäre hinabgestiegen und hätte sich nach dem Weg nach Ooth-Nargai erkundigt, wäre nicht von einem entlegenen Ort jenseits des Horizontes eine fürchterliche Morgenröte hochgesprüht, die den Zerfall und die Altertümlichkeit
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