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Die Katze namens Eisbär

Die Katze namens Eisbär

Titel: Die Katze namens Eisbär
Autoren: Cleveland Amory
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darüber herfiel. Oft begann er, sobald er ein Päckchen mit einer Dose aufgerissen hatte, wie ein Wilder zu maunzen, nach mir zu schlagen und kurze Sprints in Richtung Küche hinzulegen.
    Ich entwickelte mit der Zeit folgenden opus moderandi : Zunächst einmal machte ich alle Päckchen auf. Hatte er dann nach Herzenslust geschnuppert und gefressen, konnte ich mich darauf verlassen, daß er ein Nickerchen würde machen wollen, und ich konnte mir endlich den Genuß gönnen, in Ruhe meine restliche Post zu lesen, ohne daß er seine egoistische kleine Nase in Dinge hineinsteckte, die ihn, auch wenn er vielleicht anderer Meinung war, nichts angingen.
    Ein Schreiben aus der großen Postflut schien mir die allgemeine Einstellung meiner Brieffreunde zu Katzen anschaulich zusammenzufassen:
    »Ich sitze hier, umgeben von Pervis, die im Alter von drei Wochen einem Hund entrissen wurde, Eloise, die mit knapper Not dem Katzenfänger entging, und Bill, meinem achtzehnjährigen Kater.
    Mir ist aufgefallen, daß Sie Katzenbesitzer als ›katzenbesessen‹ bezeichnen. Hier sprechen wir von ›Katzenzauber‹. Ich kann es nicht richtig definieren, aber ich merke deutlich, daß Sie genauso unter seinem Einfluß stehen wie meine ganze Familie, besonders mein Vater. Was mich selbst angeht, so können mein Freund und ich, seit ich Pervis und Eloise habe, überhaupt nicht mehr bei ihm zu Hause bleiben. Wir müssen immer auf eine ›Dosis Katze‹ zu mir.«
    Ich weiß nicht, ob dieser Freund vielleicht nicht unter dem Einfluß des Katzenzaubers stand oder eigene Katzen hatte, die mit Pervis und Eloise nicht auskamen, oder ob vielleicht die Familie Pervis und Eloise nicht aus dem Haus lassen wollte und die junge Briefschreiberin nicht ohne die beiden leben konnte. Eines stand jedoch fest: Auch wenn die Schreiberin den »Katzenzauber« nicht recht definieren konnte, drückte sie doch die Gefühle vieler anderer Menschen aus, die mir schreiben. So auch die einer Frau, die den Katzenzauber am Fallbeispiel einer Mann-Frau-Beziehung aufzeigte:
    »Mein Mann war kein Katzenliebhaber, aber für mich gab es nur eines: Willst du mich lieben, dann mußt du meine Katze lieben. Und er hat gelernt, sie zu lieben. Obwohl er gegen Katzen allergisch ist, erlaubt er ihr freien Auslauf im ganzen Haus. Es war ein ordentlicher Lernprozeß für ihn, der ihn schließlich zu der Schlußfolgerung führte, daß wir ›Katzendiener‹ sind und unsere Existenzberechtigung in den Augen der Katze einzig darin besteht, daß wir sie füttern, streicheln, beschützen und von vorn bis hinten bedienen.«
    Andere Schreiber entdeckten Beispiele für den Katzenzauber in einigen meiner Lieblingssprüche, die ich zitiert hatte, und versorgten mich mit neuen Katzensprüchen. Einer, den ich mit am liebsten habe, wurde mir von nicht weniger als vier Briefschreibern zitiert. »Leg dir eine Katze zu«, lautete er, »und aller Liberalismus ist für die Katz.« Da Eisbär ein Erzkonservativer ist, gefiel mir der Spruch ausgesprochen gut. Er fand Bestätigung durch eine andere Briefschreiberin, die mir erzählte, sie habe eine Katze aufgenommen und sie »Liberal« getauft.
    »Meine Katze ist schwarzweiß. Erst wollte ich sie Schneeweißchen nennen, aber das war dann doch zu niedlich. Ich beschloß also, über meine Katze ein Statement meiner politischen Einstellung abzugeben. Ich gebe zu, ich mogelte ein bißchen, indem ich sie Libby oder einfach Lib nannte, aber damit hörte ich auf, als eine Freundin mir sagte, man solle Katzen nie bei einem Spitznamen rufen – sie hätten für solche Formlosigkeiten nichts übrig. Das Ironische an der Geschichte ist, daß Liberal zwar meinen politischen Standpunkt verkündet, aber daß sein Name auf ihn selber bisher nicht den geringsten Eindruck gemacht hat. Er ist konservativ bis ins letzte Schnurrhaar. Vor ein paar Monaten, als ich umzog, war er eine Woche lang krank und sah mich einen ganzen Monat lang nicht an. Jetzt, in der neuen Wohnung, erlaubt er mir nicht die geringste Veränderung. Als ich neulich ganz zaghaft versuchte, das Wohnzimmer ein bißchen anders zu stellen, wurde er absolut sauer und schnitt mich so lange, bis ich alles wieder an den alten Platz geschoben hatte.«
    Sehr gern habe ich auch den Ausspruch des verstorbenen Adlai Stevenson: »Katzen hexen niemals dort, wo Menschen nicht daran glauben.«
    Ein weiterer Spruch, der mir gefiel, lautete: »Katzen sind wie Baptisten. Sie machen einem die Hölle heiß, aber sie lassen sich
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