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Die Katze, die den Braten roch.

Die Katze, die den Braten roch.

Titel: Die Katze, die den Braten roch.
Autoren: Lilian Jackson Braun
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schwer werden, Freiwillige zu finden. Es ist ja nur für kurze Zeit – bis der Schnee kommt –, und es ist für einen guten Zweck. Jedermann will die Bergwerkshütten retten.«
    Arch sagte: »Die morgige Zeitung hat’s in sich: die Situation mit den Buschbränden, die Autoprozession, die stille Auktion… Wie war die Prozession übrigens, Qwill?«
    »Interessant«, antwortete er.
    Tipsy’s Tavern, ein Lokal im nahen Kennebeck, befand sich in einer riesigen Blockhütte, die seit den 30er-Jahren für ihr gutes Essen bekannt war. Der ursprüngliche Besitzer hatte das Restaurant nach seiner Katze benannt, einer weißen Katze mit komischen schwarzen Abzeichen, deren Porträt im großen Saal hing. Über die Darstellung ihrer Pfoten auf dem Bild war einmal eine heftige Kontroverse entstanden, die den ganzen Bezirk erschüttert hatte: Sollten sie schwarz oder weiß sein? Was die Steaks und den Fisch anbelangte, waren sich die Gäste jedoch einig: Die waren einsame Spitze!
    Der Sonntagsbrunch war eine neue Einrichtung. Es gab »alles, was Sie wollen, so lange es Eier sind«. Die Eier wurden »von glücklichen Hühnern in unserem eigenen Hinterhof heute früh gelegt«. Die Dotter waren gewölbt und von leuchtend orange-gelber Farbe – laut Mildred ein gutes Zeichen. Die Spezialität des Hauses hieß Tipsy’s Eier. Ein großes englisches Muffin wurde auseinander geschnitten und gegrillt; dann kam auf jede Hälfte eine hausgemachte Wurstfrikadelle, ein pochiertes Ei und geschmolzener Cheddar. Das Servierpersonal bestand aus einheimischen Großmüttern.
    An Qwillerans Tisch versuchten die Gäste einander mit Superlativen zu übertrumpfen:
    »Tipsy’s Tavern ist das älteste Lokal im Bezirk.«
    »Der Mackintosh-Saal im Mackintosh Inn ist das neueste – und das beste.«
    »Lois’ Imbißstube ist das schäbigste und freundlichste.«
    »Ottos Schlemmereck war – bis zu seiner Schließung – das schlechteste und lauteste.«
    »Und machte wahrscheinlich das meiste Geld. Otto will das Gebäude verkaufen.«
    »Es geht ein Gerücht, daß darin ein Antiquitätenmarkt untergebracht werden soll, wo sich Händler gemeinsam einmieten und dann abwechselnd das Geschäft betreuen sollen.«
    Qwilleran wußte, daß seine Gäste vor dem Mittagessen gerne eine Bloody Mary tranken, und bestellte daher vier. »Meine aber ohne den Wodka«, sagte er. »Ich bin noch nicht volljährig.«
    »Natürlich, mein Kleiner«, erwiderte die weißhaarige Serviererin.
    Als die Drinks gebracht wurden, schlug Arch vor, auf Lenny Inchpot zu trinken, der ›das letzte Radrennen vor dem großen Sturm gewonnen‹ hatte.
    »Seine Mutter wird begeistert sein«, sagte Polly.
    »Lois wird morgen Gratiskaffee servieren. Lenny ist ein guter Junge. Ehrgeizig. Fleißig. Gewissenhaft.«
    Mildred, die Einzige von den vieren, die in Moose County geboren war, erklärte: »Er kommt nicht nach seinem Vater. Mr. Inchpot hat in seinem ganzen Leben keinen einzigen Tag gearbeitet. Er war immer krank, hat Lois gesagt. Sie betreute ihn, zog ihren Sohn groß und ernährte die beiden mit ihrer Imbißstube. Und außerdem trank ihr Mann ein wenig; er behauptete, das sei gut für seine Krankheit. Eines Tages kam er aus einer Kneipe, wankte vor einen Lastwagen und wurde getötet. Lois war völlig aufgelöst – bis sie die Wahrheit erfahren hat. Dr. Goodwinter hat es ihr nicht gesagt, aber seine Sprechstundenhilfe. Mr. Inchpot war immer kerngesund gewesen. Er war ein Simulant.«
    Arch sagte: »Das sollte dem Vorurteil den Garaus machen, daß es in Großstädten nur schlechte Menschen gibt und in den Kleinstädten nur gute. Und was war mit der Fälscherbande, Mildred?«
    »Das war vor langer Zeit, als ich eine frisch gebackene Lehrerin war. Drei Vorzeigeschüler haben Zeugnisse und Entschuldigungen unterschrieben und für andere Kinder die Hausaufgaben gemacht.«
    Die beiden Männer wechselten einen Blick. Sie waren miteinander in Chicago aufgewachsen. »Wir bekamen nur Ärger, weil wir lustige Streiche spielten«, bemerkte Qwilleran.
    »Wie zum Beispiel Klebstoff auf das Sitzkissen des Lehrers zu schmieren«, fügte Arch hinzu.
    »Wie reizend«, sagte Mildred.
    Alle vier bestellten Tipsy’s Eier. Sie wurden nach etwa zwei Minuten serviert.
    »Wieso hat das so lange gedauert?«, fragte Arch.
    »Ich mußte warten, bis die Hennen die Eier gelegt haben«, antwortete die weißhaarige Serviererin.
    Wie frisch die Eier, wie wohlschmeckend die Wurst, wie knusprig die gegrillten Muffins und wie
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