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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte
Autoren: Lilian Jackson Braun
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totale Finsternis. Und es war so ruhig! Keine Bäume raschelten, kein Wind heulte, keine Wellen schlugen ans Ufer, kein Verkehrslärm auf den fernen Straßen – nur eine totale Stille. Qwilleran lag reglos da und lauschte seinem Herzschlag.
Dann hörte er durch sein Kissen hindurch ein unregelmäßiges Tap-Tap-Tap . Er setzte sich auf und lauschte angestrengt. Das Geräusch hatte aufgehört, doch jetzt hörte er Stimmen – eine Männerstimme und das Lachen einer Frau. Er blickte aus dem Fenster in die Dunkelheit hinaus und sah die Lichter zweier Taschenlampen, die am Fuß der Düne am Strand auf und ab tanzten; sie bewegten sich Richtung Osten. Er legte sich wieder nieder. Als er sein Ohr auf das Kissen drückte, hörte er wieder dieses Tap-Tap-Tap . Es mußten die Schritte auf dem festen Sand sein. Das Geräusch wurde leiser und leiser und hörte schließlich ganz auf.
Mitternacht war längst vorbei. Er machte sich Gedanken über die Leute, die am Strand herumstreiften. Er machte sich Gedanken über das Grab. Und dann raschelte es im Unterholz – irgend jemand kletterte auf einen Baum – Schritte auf dem Dach, die sich dem Rauchfang näherten.
Qwilleran sprang aus dem Bett und stieß einen lauten Fluch aus, den er in Nordafrika gelernt hatte. Er drehte alle Lichter auf. Er brüllte die Katzen an, die wie verrückt in der Hütte herumsausten. Er drückte die Knöpfe auf dem Kassettenrecorder. Wieder Brahms! In der Küche schlug er Töpfe und Pfannen aneinander ... Die Schritte liefen eilig über das Dach zurück, man hörte Geräusche im Unterholz, und dann war alles still.
Qwilleran blieb den Rest der Nacht auf. Er las, bis die Sonne aufging und das morgendliche Tschilpen, Piepen, Krächzen und Kreischen der Vögel einsetzte.
    Mooseville, Dienstag
    Lieber Arch,
sollte Post für mich kommen, die privat aussieht, schicke sie mir bitte postlagernd hierher nach. Vielen Dank. Wir sind gestern angekommen, und ich bin ein Wrack. Die Katzen haben vierhundert Meilen lang geschrien und mich ganz verrückt gemacht. Außerdem habe ich extra ein Auto gekauft, in dem ihr Kistchen Platz hat, und dann haben sie es kein einziges Mal benutzt! Sie haben gewartet, bis wir am Ziel waren. Diese Siamkatzen! Man wird nicht schlau aus ihnen...
    Die Gegend hier ist wunderschön, aber ich habe letzte Nacht kein Auge zugetan. Das ist der Kulturschock.
Zum Glück bekommt man in Mooseville die Provinzausgabe des Fluxion . Der Pickax Picayune ist höchstens zum Einwickeln von Speiseresten geeignet.
Qwill
    Abgespannt, doch von dem aufregenden Gedanken an eine neue Umgebung wachgehalten, fuhr Qwilleran nach Mooseville frühstücken. Unterwegs traf er wieder auf eine Straßensperre. Diesmal überreichte ihm ein freundlicher Mensch in einem Elchkostüm die Broschüre Willkommen in Mooseville and legte ihm dringend nahe, die Touristen-Informationsstelle auf der Main Street zu besuchen.
    In der Bank eröffnete Qwilleran ein Scheckkonto. Das alte Aussehen des Blockhauses war zwar nur Imitation, doch er konnte den charakteristischen Duft neuer Geldscheine ausmachen. Die Dame am Schalter war eine sonnengebräunte Blondine namens Jennifer, die fast unerträglich freundlich war und bemerkte, das Wetter sei super, und sie hoffe, daß er angeln oder segeln ginge.
    Auf dem Postamt begrüßte ihn eine junge Frau mit langen goldenen Haaren und einem strahlenden Lächeln. »Ist das nicht ein prächtiges Wetter?« sagte sie. »Ich bin gespannt, wie lange es anhält. Es heißt, daß sich ein Sturm zusammenbraut. Was kann ich für Sie tun? Ich bin Lori, ich leite dieses Postamt.«
    »Mein Name ist Jim Qwilleran«, sagte er, »und ich werde jetzt drei Monate in der Klingenschoen-Hütte wohnen. Meine Post wird postlagernd hierher geschickt.«
    »Ja, ich weiß«, sagte sie. »Miss Klingenschoen hat uns schon informiert. Sie können sich die Post zur Auffahrt bringen lassen, wenn Sie einen Briefkasten aufstellen wollen.«
    Genau in diesem Augenblick wurde Qwillerans Nase vom scheußlichsten Geruch beleidigt, den er je erlebt hatte. Er sah erschreckt auf, murmelte »Nein, danke«, und floh aus dem Gebäude. Ihm war speiübel. Die anderen Postkunden, die Briefmarken geklebt oder Postfächer aufgeschlossen hatten, Verließen ruhig, aber rasch ebenfalls das Postamt. Qwilleran stand auf dem Gehsteig und rang nach frischer Luft; die anderen gingen kommentarlos weiter, ohne jegliche sichtbare Reaktion auf das Erlebnis. Er konnte sich die Sache nicht erklären. Es gab
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