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Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin
Autoren: Iny Lorentz
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geforderte Summe.«
    »Wo hast du das Geld?«, fragte ihn einer der Räuber misstrauisch. »Ich habe es auf eine Bank anweisen lassen, die nur ich kenne«, erklärte ihm Tomasi lächelnd. »Es ist mein Anteil an unserer Beute. Ihr anderen bekommt das, was in der Höhle liegt.«
    Der andere wollte aufbegehren. Doch nach einem Blick auf den Schmuck und die Münzen, die auf einer Decke lagen, und seine Kameraden, die gierig näher drängten, besann er sich anders. Rasch teilten die Männer alles unter sich auf. Einige von ihnen schienen das Lager am liebsten gleich verlassen zu wollen. Das bösartige Grinsen Benedettos, der seine Pistolen gezogen hatte, und die verkniffenen Augen einiger anderer Räuber, die noch auf der Seite des Hauptmanns standen, machten ihnen klar, das sie mit einer Kugel im Rücken enden würden, und so hockten sie sich murrend und schimpfend um das Feuer.
    Nach einer weiteren Nacht befahl Tomasi schließlich den Aufbruch. Benedetto und weitere Räuber hatten Pferde. Tomasi wählte für sich selbst Paolo Gonzagas Hengst, so dass Vincenzo zu Fuß laufen musste. Er beschwerte sich nicht, denn er hätte den Weg auch auf Knien oder gar den Händen zurückgelegt, wenn am Ende Giulios Befreiung stand.
    Unterwegs tauchte einer der Räuber auf und unterhielt sich leise mit Tomasi. Der Hauptmann nickte sichtlich zufrieden und winkte Vincenzo heran. »Renzo hat eine Kutsche ausgemacht, in der der Kastrat und eine Dienerin sitzen. Vier Männer sind auf dem Wagen, und sechs Berittene bilden die Eskorte. Nun, wir werden sie gebührend empfangen.«
    Vincenzo hätte den Hauptmann vor Freude am liebsten umarmt. Einige der Räuber stießen sich jedoch an den zehn Männern, die ihnen entgegenstanden. »Das kann verdammt hart werden«, murrte einer.
    Tomasi lachte hart auf. »Wenn du ein Feigling geworden bist, kannst du ja zurückbleiben. Die anderen folgen mir zum Hohlweg vor San Giustino. Dort haben wir die beste Deckung …«
    »… und können die Straße leicht mit ein paar Büschen blockieren, damit sie anhalten müssen«, ergänzte Benedetto, der sich schon die Hände rieb.

X .
    L udovico Moloni hätte eigentlich vollkommen zufrieden sein müssen. Immerhin war es ihm gelungen, Giulia Fassi festzunehmen und ohne Probleme auf das Gebiet des Kirchenstaats zu bringen. Spätestens morgen würden sie Rom erreichen, wo ihn reiche Belohnung erwartete. Doch irgendwie hatte er sich seine Rache anders vorgestellt. Er ballte seine Fäuste und wünschte sich, er könne sie um den Hals der sturen Hexe legen und ganz langsam zudrücken. Ihre beherrschte Ruhe und der Stolz, den sie immer noch an den Tag legte, machten ihn rasend. Egal was er auch sagte, es schien wie Wasser an ihr abzuperlen.
    Er ärgerte sich auch, weil er seinen Triumph, sie entlarvt zu haben, zu früh gezeigt hatte. Stattdessen hätte er ihr zu Beginn den Freund aus den Kindertagen vorspielen und für vage Versprechungen handfeste Dienste von ihr fordern sollen. Jetzt war es zu spät. Er überlegte immer noch, ob er seinen Begleitern gegenüber ihr wahres Geschlecht aufdecken und sie ihnen als bequeme Beute überlassen sollte. Wenn sie erst einmal unter zehn Männern gelegen hatte, würde von ihrem Stolz nicht mehr viel übrig sein. Doch della Rocca hatte sehr viel Wert darauf gelegt, dass niemand die wahre Identität des Kastraten erfahren dürfe, auch die Begleitmannschaft nicht. Der Bischof hatte sich sogar dazu verstiegen, ihm ein hochnotpeinliches Verhör anzudrohen, wenn er nicht den Mund hielte. Ludovico kannte della Rocca mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass dessen leutselige Miene nur eine Maske war, hinter der er seinen Ehrgeiz und die Entschlossenheit verbarg, mit der er über Leichen ging.
    Der überraschte Aufschrei des Kutschers riss ihn aus seinen Gedanken. Er blickte auf und sah, dass sie in einem Hohlweg steckten, der vor ihnen mit Zweigen und Ästen blockiert war. Für einen Moment dachte er an die Räuber, die in der Um-gebung Roms ihr Unwesen trieben, dann lachte er böse auf. Selbst dieser Unhold Tomasi würde es nicht wagen, einen Wagen anzugreifen, der von sechs Gardisten des Papstes beschützt wurde.
    Die beiden Gehilfen des Kutschers stiegen ab, um das Gestrüpp beiseite zu räumen. Im selben Augenblick erscholl ein scharfer Ruf. Flintenläufe zielten von oben auf die Kutsche und die Reiter, und ein Mann in einem weiten, dunklen Mantel und einem federgeschmückten Schlapphut auf dem Kopf grinste auf sie herab. »Hände
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