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Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin
Autoren: Iny Lorentz
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den Wandschirm vor sie gestellt und verließ eilig das Zimmer, ohne die Tür abzuschließen. Unten in der Küche erhielt sie von einer Magd einen Eimer heißes Wasser. Als sie stöhnend und ächzend die Treppe erklomm, trat Vincenzo, der eben mit dem Wirt handelseinig geworden war, in den Flur. Er hörte Assumptas Gejammer und bot ihr sofort seine Hilfe an.
    Ein listiger Ausdruck huschte über das Gesicht der Dienerin. »Ich danke dir, Vincenzo. Du bist ein guter Junge. Bitte bring den Eimer in euer Zimmer. Es ist das erste dort, gleich bei der Treppe.«
    Vincenzo nahm ihr den Eimer ab. »Waschwasser für Giulio? Er ist sehr auf sich bedacht, nicht wahr?«
    Assumpta nickte eifrig und wandte sich ab. Doch als er die Hälfte der Stufen hochgestiegen war, kam sie flink wie ein Wiesel hinter ihm her und hielt ihn am Ärmel fest. »Bitte geh ganz vorsichtig mit ihr um. Giulia ist noch Jungfrau!«
    Vincenzo starrte die Alte an, ohne das Geringste zu begreifen. Ein auffordernder Stoß traf ihn und trieb ihn weiter bis in das Zimmer, das er mit Giulio heute Nacht teilen würde. Er sah dessen dunklen Haarschopf hinter dem Paravent und trat wie in Trance näher.
    Giulia sah nicht auf, da sie nach alter Gewohnheit Assumpta erwartete. »Stell das Wasser hier auf den Waschtisch, und leg mir ein Tuch heraus.«
    Vincenzo schob sich an dem Wandschirm vorbei, stellte den Eimer neben die Waschschüssel und musterte den vermeintlichen Kastraten neugierig. Was er sah, verschlug ihm den Atem. Diese wundervoll geschwungene Rückenpartie mit der schlanken Taille und dem formvollendeten Po konnten unmöglich einem Mann gehören.
    In dem Augenblick begriff Giulia, dass nicht Assumpta hinter sie getreten war, und drehte sich um. Bei Vincenzos Anblick presste sie eine Hand auf die Lippen, um nicht aufzuschreien, und versuchte, mit der anderen ihre Blöße zu bedecken.
    Vincenzo holte tief Luft. »Das ist … Träume ich oder bist du ein Geist?« Er wirbelte herum, schloss die Tür ab und kam dann mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. »Also das hat Assumpta gemeint.«
    Auf Giulias Gesicht spiegelten sich die widerstrebendsten Gefühle. Vincenzo lächelte ihr beruhigend zu, nahm aber ihre Hände und zog sie sanft, aber unbeirrt von den Stellen weg, die sie zu verdecken suchte. Ja, vor ihm stand tatsächlich eine Frau – und eine wunderschöne dazu. Vincenzo fühlte sich so erleichtert, dass er schallend zu lachen begann.
    Giulia fauchte wie ein kleines Kätzchen und funkelte ihn zornig an. »Ich wüsste nicht, was an mir lächerlich wäre.«
    »An dir ist überhaupt nichts lächerlich.« Vincenzo riss sie in die Arme und drückte sie so fest an sich, dass sie kaum mehr atmen konnte. »Ich bin nur so glücklich, dass du eine Frau bist. Ich habe an mir gezweifelt und schon mit Gott und der Welt gehadert, weil ich mich in einen Kastraten verliebt habe. Du weißt nicht, wie sehr ich dagegen ankämpfte. Doch das Gefühl war einfach stärker als ich. Irgendetwas in mir muss immer gewusst haben, dass du nicht das warst, was du vorgegeben hast. Ich Trottel habe es nur nicht bemerkt.«
    Giulia senkte beschämt den Kopf. »Ich hätte es dir früher sagen müssen, doch ich hatte Angst, dass du mich dann verlassen würdest. Schließlich habe ich Dinge getan, die die Kirche streng verboten hat, und ich wollte dich nicht zum Mitwisser meiner Sünde machen.«
    »Hattest du so wenig Vertrauen zu mir?« In Vincenzos Stimme schwang kein Vorwurf mit. »Nein, das ist es nicht! Ich wusste, dass ich dir vertrauen konnte. Doch andere hätten durch unser Verhalten die Wahrheit erfahren können, und ich hatte viel zu viel Angst, auf dem Scheiterhaufen zu enden – was ja auch beinahe passiert wäre, wenn du mich nicht gerettet hättest.«
    Vincenzo führte ihre Hände an die Lippen und küsste sie sanft. »Es ist vorbei, Giulia. Jetzt kannst du endlich wieder du selbst sein. Liebst du mich denn ein wenig? Genug, um meine Frau zu werden?«
    Giulia nickte verschämt, während seine Hände liebkosend über ihren Rücken glitten und nie gekannte Gefühle in ihr auslösten. Doch plötzlich quiekte sie erschrocken auf. »Ich bin doch ganz schmutzig. Ich muss mich waschen.«
    Vincenzo nahm lächelnd die Seife und einen Lappen zur Hand, tauchte sie ins Wasser und begann dann vorsichtig, Giulias Brüste abzureiben. »Ich helfe dir beim Waschen, und danach wirst du das Gleiche bei mir tun.«
    Giulia blickte etwas erschrocken zu ihm auf, gab sich aber dann den wunderbaren
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