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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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war außer sich“, sagte er. „Er hat zwölf Millionen Euro in das Projekt gesteckt. Für einen wie ihn eigentlich ein Trinkgeld, dennoch hat er getobt. Er kann nicht mit Rückschlägen umgehen und kapiert einfach nicht, dass Risiken in der freien Marktwirtschaft unumgänglich sind. Im Grunde seines Herzens ist er immer Kommunist geblieben. Wenigstens konnten wir die OP-Ausrüstung noch beiseiteschaffen.“
    „Und Bodendorf und das Ärzteteam haben sich noch rechtzeitig absetzen können?“, vergewisserte sich Marion.
    Luciano nickte und rückte noch näher an den Kamin heran. Marion fragte sich, wie er die Hitze aushielt. Sie nestelte an ihrer Bluse und öffnete die oberen Knöpfe. „Die Immobilie hat zwei Millionen Euro gekostet und die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen fast zehn Millionen. Von den entgangenen Einnahmen ganz zu schweigen“, stellte Luciano fest. „Eigentlich hätte die Klinik längst in Betrieb gehen sollen. Jetzt muss der Ersatzstandort in Rumänien hergerichtet werden, das heißt erneute Umbaumaßnahmen und das Ärzteteam aus Kiew will auch bezahlt werden.“ Er betrachtete nachdenklich seine manikürten Fingernägel.
    „Was ist eigentlich mit den Flüchtlingen geschehen?“, erkundigte sich Marion. Luciano betrachtete noch immer seine Finger. Seine Stimme hörte sich müde und gleichgültig an. „Einer hat sich bereits auf der Fahrt nach Norddeutschland abgesetzt, die beiden anderen hat Bodendorf im Wald zurückgelassen.“
    Marion war beunruhigt. „Was ist, wenn sie reden?“
    Der Italiener teilte ihre Befürchtung nicht. „Worüber sollen sie schon reden? Sie sprechen nicht Deutsch und haben nichts von dem verstanden, was um sie herum passiert ist. Allenfalls könnten sie der Polizei erzählen, dass sie von zwei Italienern, die übrigens längst wieder in Sizilien sind, nach Deutschland gebracht worden sind und eine Nacht in der Klinik verbracht haben. Damit können die Behörden herzlich wenig anfangen. Selbst wenn sie einen Verdacht haben, brauchen sie Beweise. Und ob den Flüchtlingen überhaupt jemand glaubt, ist fraglich. Vermutlich sitzen die beiden längst in Abschiebehaft.“
    „Und Bodendorf ist bereits in Rumänien?“, wollte Marion wissen. Luciano stellte sein Glas auf den Tisch vor sich und fummelte in seiner Hosentasche nach seinen Tabletten. Er steckte zwei in den Mund und schluckte sie mit Wein hinunter. „Das ist ja das Problem. Er ist dort bislang nicht angekommen. Es würde mich nicht wundern, wenn der Kerl ein Betrüger ist. Ich habe ihm von Anfang an nicht getraut. Er hat Narben hinter seinem rechten Ohr und in der Nasenflügelfalte. Für mich ein untrügliches Zeichen, dass er sich einer Gesichtsumwandlung unterzogen hat. Ich muss es wissen, ich habe die Prozedur schließlich hinter mich gebracht.“
    „Wenn es so ist, wird Milner sich das nicht bieten lassen und ihn im entlegensten Winkel der Welt suchen – und am Ende auch finden“, gab sich Marion überzeugt.
    Luciano kniff die Augen zusammen. Dann fasste er sich an die Stirn. Er sieht todkrank aus, dachte Marion. „Milner hat im Moment andere Sorgen. Er ist in den Fokus der Polizei geraten. Eine Zeugin hat den Tschetschenen in der Nähe seines Hauses gesehen.“
    „Ich frage mich noch immer, warum Milner zu solch drastischen Mitteln gegriffen hat? Baumgart und er waren doch Geschäftspartner.“
    Lucianos Handy klingelte. Er prüfte die Nummer und meldete sich. Es entspann sich ein kurzer, aber heftiger Schlagabtausch. Marion verstand nichts. Ihre Italienischkenntnisse waren dürftig. Nachdem Luciano aufgelegt hatte, wandte er sich erneut seiner Besucherin zu. „Bodendorf hat Milner gesteckt, dass Wächter und Baumgart ihn verraten wollten. Näheres weiß ich nicht. Milner redet nicht viel.“
    „Das ist doch Quatsch!“, entfuhr es Marion. „Ich kenne Wächter. Der war viel zu feige, um so etwas zu tun.“
    Luciano unterdrückte ein Gähnen. „Vielleicht hatte die Polizei Wächter in der Hand und er wollte doch reden. Oder er ist auf seine alten Tage ein Weichei geworden und wollte sich den Ausstieg aus dem Netzwerk durch Willfährigkeit gegenüber den Justizbehörden erkaufen. Und was Baumgart betrifft, dem traue ich alles zu. Der hätte seine eigene Großmutter verraten, wenn er sich dadurch einen Vorteil verschafft hätte. Milner jedenfalls hat Bodendorf geglaubt. Es gab schon vorher Anhaltspunkte, dass Baumgart nicht mit offenen Karten gespielt hat. Milners Sorgen wegen des Tschetschenen halte
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