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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Polizeiminister zu machen. Dann kannst du auch gleich den Papst zum Oberbefehlshaber der NATO berufen.“
    Wagner lachte. „Du sagst es! Hat die brisante Angelegenheit mit der Fraktionsvorsitzenden zu tun?“
    Wächter reagierte mit einer Gegenfrage. „Was ist mit heute Abend? Wir könnten uns im Restaurant Wichmann treffen. Dort findet sich immer eine Nische, wo wir ungestört reden können. Ich lade dich ein.“
    „Du spannst mich auf die Folter. Nun sag schon: Geht es um die Gerüchte über Marion Klaßen und ihren jugendlichen Lover Pietro?“ Im Stillen dachte Wagner, er will mich doch nicht wegen der unsäglichen Affäre seiner Frau sprechen, das momentane Topthema in der Landeshauptstadt? Alle Welt mokierte sich darüber, nur Wächter selbst war offenbar nicht im Bilde. Dass Ehemänner immer als Letzte von Affären ihrer Frauen erfahren, war Wagner aus eigenem Erleben bekannt und er verspürte nicht die geringste Lust, den Seelentröster zu spielen. Auch wenn Tobias und er derselben Fraktion angehörten und sich duzten, Freunde waren sie noch lange nicht.
    Für Wagner war es ohnehin ein Rätsel, weshalb der Multimillionär Baumgart ausgerechnet mit der Frau seines Vertrauten, denn als solchen konnte er Wächter ohne Weiteres bezeichnen, eine Beziehung begonnen hatte. Frau Wächter sah zwar passabel aus, ging aber auf die sechzig zu. Baumgart hingegen konnte Zwanzigjährige, ja sogar noch Jüngere haben. Von Männern mit Geld, und er hatte verdammt viel Geld, wurden Frauen wie Motten vom Licht angezogen. Wagner, selbst gebranntes Kind, gab sich diesbezüglich keinen Illusionen hin.
    Wächter schüttelte den Kopf. „Ich sagte doch, eine äußerst heikle Angelegenheit. Wenn sie bekannt würde, wäre es eine Katastrophe für uns.“ Er stockte und fügte dann hinzu: „Albi hat große Stücke auf dich gehalten. Er hat dich einen Topberater und loyal genannt. Außer dir ist mir niemand eingefallen, den ich ins Vertrauen ziehen möchte. Was ich dir zu sagen habe, muss natürlich unter uns bleiben.“
    Mein Gott, machte Wächter es spannend. Als Wagner erneut nachhakte, schnitt sein Besucher ein anderes Thema an. „Es gibt Ärger mit der Seniorentruppe. Die Frauen beanspruchen dreißig Prozent der zehn Vorstandssitze. Bislang haben sie nur einen Sitz. Und nun reiten sie darauf herum, dass ihr Anteil an den Mitgliedern bei über fünfzig Prozent liegt, und wollen ein größeres Stück vom Kuchen. Das Problem ist nur, dass keiner der männlichen Mitbewerber seinen Stuhl räumen wird. Jedenfalls nicht freiwillig, und mir fällt es schwer, jemanden aus dem Vorstand zu kegeln. Und Albi, der die Frauen zur Vernunft gebracht hätte, ist ja nun nicht mehr da.“
    Wagner stimmte ihm zu: „Albi war die Seele der Partei. Marion Klaßen hingegen hat keine Seele. Sie kennt nur ein Ziel: sich selbst nach oben zu katapultieren.“
    Ein überraschter Blick traf ihn. „Das aus deinem Mund. Hast du nicht seinerzeit für die Klaßen gestimmt, als ich gegen sie angetreten bin?“
    Wagner zog es vor, die Frage zu ignorieren. Seine schlechte Menschenkenntnis war nichts, worauf er stolz sein konnte. Insbesondere beim weiblichen Geschlecht hatte sie ihn mehr als einmal im Stich gelassen. Nach einem Blick in seinen Terminkalender sagte er: „Heute geht es leider nicht. Ich muss am frühen Abend zu meiner Anwältin. Es geht um meine Scheidung, den Termin kann ich nicht verschieben. Nächste Woche steht die Gerichtsverhandlung an. Morgen Abend ginge es.“
    Wächter sah betroffen aus. Er erhob sich mühsam. „Nun ja, wenn es erst morgen bei dir geht – dann also morgen Abend um zwanzig Uhr im Restaurant Wichmann. Bis gleich bei der Fraktionssitzung.“ Als er im Türrahmen stand, drehte er sich noch einmal um: „Ach ja, rede mit niemandem über unser Gespräch, vor allem nicht mit der Fraktionsvorsitzenden.“
    Ehe Wagner noch etwas sagen konnte, war sein Besucher verschwunden. Was war bloß los mit ihm? So hatte Wagner ihn noch nie erlebt. Er stand auf und ging ans Fenster. Über Nacht hatte der lang ersehnte Frühling in der Landeshauptstadt Einzug gehalten. Auf der Verkehrsinsel in Sichtweite des Landtages blühten Osterglocken und am Leineufer herrschte buntes Treiben. Jugendliche, Rentner und Mütter mit Kinderwagen genossen den ersten Frühlingstag. Mit Wehmut dachte Wagner daran, dass auch er gerne Vater wäre. Noch nicht einmal zwei Jahre waren seit der Hochzeit mit Monika vergangen. Er hatte sich damals Hals über Kopf in
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