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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Ihr habt mich die ganze Zeit belogen.“
    Wächter war also von Baumgart hinters Licht geführt worden. Es musste um eine schwerwiegende Sache gehen, wenn der Großinvestor sich dazu herabließ, ihn in seinem Landtagsbüro aufzusuchen. Es war allgemein bekannt, dass Tobias Wächter auf Baumgarts Gehaltsliste stand. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Baumgart Holding kassierte er beträchtliche Summen. Auch galt er als Baumgarts Türöffner und Lobbyist in Niedersachsen, eine Tätigkeit, die er sich mit Sicherheit fürstlich bezahlen ließ.
    Wagner war gespannt, was Wächter ihm morgen Abend erzählen würde. Während er die Unterlagen auf seinem Schreibtisch durchging, schweiften seine Gedanken immer wieder ab. Albi hatte Wächters enge Kontakte zu dem Großinvestor kritisiert. Auch wenn die Geldzuwendungen eines der reichsten Männer Niedersachsens stets willkommen waren, hatte der langjährige Parteivorsitzende, der kurz vor seinem plötzlichen Herzinfarkt zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, Baumgart nie gemocht. Im kleinen Kreis bezeichnete er ihn als Großkotz und windigen Geschäftsmann.
    Obwohl der Besprechungstermin bei seiner Anwältin alles andere als eine angenehme Freizeitbeschäftigung darstellte, war Wagner erleichtert, als es auf achtzehn Uhr zuging und er seine Aktentasche zusammenpacken konnte. Die Unterlagen aus Brüssel übertrafen seine schlimmsten Befürchtungen. Ihre Lektüre entpuppte sich als geistige Schwerstarbeit.
    Drei Stunden später war es draußen bereits stockdunkel. Nachdem Wagner im Anschluss an seinen Anwaltstermin noch ein Steak im Maredo verzehrt und ein Glas Wein dazu getrunken hatte – den Salat hatte er stehen lassen –, ging er guter Dinge in seine Wohnung in der Südstadt. Offenbar präferierte der Scheidungsrichter seine Darstellung und der Prozess würde zu seinen Gunsten ausgehen.
    Zur gleichen Zeit fuhr Tobias Wächter nach zermürbenden Gesprächen mit der Frauenabordnung der Seniorenorganisation in die Einfahrt seines fast zweitausend Quadratmeter großen Grundstücks in Isernhagen. Das Garagentor war heruntergezogen. Eigentlich war die Garage für seine über hunderttausend Euro teure Mercedes-Limousine bestimmt. Seine Frau, die einen nur halb so teuren BMW X1 fuhr, hielt sich nicht an die Absprache. Warum war es ihm erst nach mehr als dreißig Jahren klar geworden, wie unzuverlässig und egoistisch sie war? Seufzend stieg Wächter aus, öffnete den Kofferraumdeckel und griff nach seiner Aktentasche.
    Den schwarz gekleideten Mann, der hinter dem Wacholderbusch hervortrat, bemerkte er erst nicht. Langsam schlich sich der Fremde an sein ahnungsloses Opfer heran. Das scharfe Messer in seiner rechten Hand verhieß nichts Gutes. Als Wächter den Kofferraum schloss, sich umdrehte und ins Haus gehen wollte, sah er ihn. Der Anblick der finsteren Gestalt ließ Wächter einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Gleichzeitig spürte er, wie das Adrenalin das Blut in seinen Adern zum Wallen brachte. Sofort ging ihm der anonyme Anrufer durch den Kopf. Er wollte etwas sagen, aber er konnte nicht, das Wort blieb ihm im Halse stecken, als der andere das Messer gegen ihn erhob. Nur ein leises Krächzen verließ seine Kehle. „Was in Gottes Namen …?“, stammelte er dann.
    Der letzte Satz des Politikers, der Tausende Reden gehalten hatte, blieb unvollendet. Der Fremde stieß das Messer mit einer heftigen Bewegung in sein Herz. Lautlos sackte Wächter zusammen. Als er auf dem Boden lag, stieß der Fremde ein zweites Mal zu. Die Augen weit aufgerissen, hauchte der Politiker sein Leben aus.

4
H ANNOVER , K IRCHRODE
    Vierzehn Kisten starrten sie an. Vierzehn! Und alle warteten darauf, ausgepackt zu werden.
    Unschlüssig wanderte Verena Hausers Blick von den Kisten auf die leeren Regale und Wände im Wohnzimmer ihrer neuen Wohnung. Wo sollte sie nur anfangen? Im Wohnzimmer den Wandschrank mit Büchern und Deckelvasen bestücken? Oder besser im Schlafzimmer den großen begehbaren Schrank einräumen und das Bett beziehen?
    Die Kriminalrätin des LKA Niedersachsen hatte zwei Tage Urlaub genommen – Umzugsurlaub.
    Ihre neuen vier Wände, ein Penthouse in bester Lage in Kirchrode, war ein Traum. Neben einem siebzig Quadratmeter großen Wohnzimmer gab es zwei Schlafzimmer, wovon eines als Arbeitszimmer vorgesehen war, ein Gästezimmer, ein luxuriöses Bad, eine Küche mit Essecke, ein Gäste-WC und eine Sauna. Dazu ein riesiger Dachgarten mit Blick auf die umliegenden
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