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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Socken gemacht.“
    „Und jetzt müssen Sie ganz schnell zurück?“, vergewisserte sich Verena.
    „Nö, wieso? Der Vortrag ist gegessen. Ich hatte eigentlich gehofft, Sie laden mich auf einen Kaffee ein. Ich habe auf der Herfahrt linker Hand ein nettes Landcafé entdeckt.“
    Muench nicht in Eile? Das grenzte an ein Wunder.
    „Geben Sie mir zehn Minuten, dann komme ich mit“, versprach Verena.
    Die Kollegen der Spurensicherung hatten inzwischen ihre Arbeit aufgenommen. Deren Leiterin, Inga Schulz, war im mehrwöchigen Urlaub, ihr Vertreter einer von der ganz ruhigen Sorte. Sein bedächtiger Arbeitsstil hatte schon manchen LKA-Beamten zur Verzweiflung gebracht. Verena wartete einige Minuten, bevor sie ihn ansprach. Der Kollege zeigte sich heute überraschend aufgeschlossen. „Über die Tatwaffe kann ich noch nicht viel sagen. Nur, dass die Klinge verdammt scharf gewesen ist. Vermutlich ein japanisches Messer, kann aber auch ein Messer aus Solingen gewesen sein, ein Hubertus-Automatikmesser wäre möglich. Morgen weiß ich mehr.“
    Als Verena sich nach dem Befinden der Ehefrau des Ermordeten erkundigte, schaltete sich Muench ein. „Auf mich machte sie einen gefassten Eindruck. Scheint vernehmungsfähig zu sein. Was ist nun, Frau Hauser? Kommen Sie mit oder wollen Sie gleich ins Haus, um mit der Witwe zu sprechen?“
    „Das kann ich auch später noch. Einen Kaffee kann ich jetzt auch gebrauchen“, sagte Verena. Sie mochte den stets leicht chaotisch wirkenden Gerichtsmediziner und wann hatte der schon mal Zeit. Ihren Kollegen Hetzel ließ sie ungefragt zurück, teilte ihm allerdings noch mit, dass sie in einer halben Stunde zurück sei und selbst mit der Witwe sprechen wolle. Bevor er protestieren konnte, drehte sie sich um und folgte dem Gerichtsmediziner, der zur Eile drängte.

6
    Für eine Frau Ende fünfzig war Hanne Wächter ungewöhnlich modern gestylt. Ihre modische Kurzhaarfrisur und das dezente Make-up ließen sie weitaus jünger aussehen. Das blaue Escadakleid unterstrich ihre wohlgeformten Beine und ihre schlanke Figur. Verena hatte das Kleid vor einigen Tagen bei einem Besuch eines exklusiven Modehauses in der Innenstadt gesehen. Für sie war es allerdings unerschwinglich.
    Die Witwe nahm die Beileidsbekundungen der Polizeibeamten mit unbewegter Miene entgegen. Es sah nicht so aus, als ob sie geweint hätte. Im Gegenteil, sie wirkte erstaunlich gefasst. Kollege Hetzel bat um ein Glas Mineralwasser. Während Frau Wächter das Wasser holte, schaute sich Verena in dem geräumigen Wohnzimmer um. Die zierlichen, cremefarbenen Möbel waren zwar elegant, passten aber nicht zum ländlichen Ambiente des Anwesens. Eine breite Fensterfront eröffnete den Blick auf ein großflächiges Grundstück mit Wiese und Obstbäumen. Dahinter graste auf einer Pferdekoppel eine braune Stute mit ihrem Fohlen. Eine friedliche Welt, in die ein Mord nicht passen wollte.
    „Schöne Bilder“, meinte Hetzel, als Frau Wächter zurückkam, und deutete auf die Landschaftsgemälde an den Wänden.
    „Die habe ich selbst gemalt“, erklärte sie, während sie eine Karaffe mit Mineralwasser und zwei Gläser auf den Tisch stellte. Ihre Hand zitterte leicht, als sie das Wasser einschenkte. Der in Brillanten gefasste Saphirring auf ihrer rechten Hand funkelte.
    „Sie haben gestern Abend nichts mitbekommen? Keinen Lärm? Keine Schreie?“, eröffnete Verena die Befragung. Anstelle einer Antwort schüttelte sie den Kopf.
    „Haben Sie sich nicht gefragt, wo Ihr Mann bleibt, oder kam es öfter vor, dass er über Nacht nicht nach Hause gekommen ist?“ Eine höfliche Umschreibung für die Frage nach einer Geliebten.
    „Manchmal, wenn er zu viel getrunken hatte. Gleich neben dem Landtag gibt es ein Hotel, in dem er gelegentlich übernachtet hat. Wir haben getrennte Schlafzimmer, nach siebenunddreißig Jahren Ehe sicherlich nicht ungewöhnlich. Mein Mann ist gekommen und gegangen, wann er wollte. Wir haben nur am Wochenende zusammen zu Abend gegessen. Ich esse nicht viel. In meinem Alter muss man aufpassen, wenn man nicht wie eine Tonne auseinandergehen will.“ Die puppenhafte, zierliche Figur zeugte von eiserner Disziplin. Obwohl auch Verena nach herkömmlichen Maßstäben schlank war, kam sie sich neben der Frau unförmig vor.
    Sie kam zum Grund ihres Besuchs zurück. „Haben Sie Kinder?“
    „Einen Sohn. Er lebt in Düsseldorf und ist auf dem Weg hierher.“
    „Und gestern Abend haben Sie wirklich nichts gehört? Keine Stimmen oder
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