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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone
Autoren: Alistair MacLean
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absichtlich gleichgültigen Ton bei diesem sachlich gegebenen Bericht hörte, mußte ihm glauben.
    Mallory glaubte ihm. Fast eine Minute starrte er auf das schimmernde Meer und das feenhaft silberne Lichtgewebe, das die Sterne über die stille, noch halb dunkle Seefläche legten. Plötzlich drehte er sich zu Jensen um. »Aber die Marine, Sir! Evakuieren! Bestimmt kann doch unsere Marine –.«
    »Die Marine«, unterbrach ihn Jensen fast grob, »ist nicht scharf darauf. Die Marine hat das östliche Mittelmeer und die Ägäis satt und hat keine Lust, ihren schon arg strapazierten Hals auszustrecken, um ihn sich glatt abhacken zu lassen, obendrein für verdammt nichts.
    Zwei Schlachtschiffe sind uns zusammengeschossen, acht Kreuzer ausgefallen – vier davon versenkt – und über ein Dutzend Zerstörer sind hin … Was wir an kleinen Fahrzeugen verloren haben, kann ich nicht einmal zählen. Und wofür? Ich sagte es Ihnen schon: für verdammt nichts! Bloß damit unser Oberkommando mit seinen Opponenten in Berlin Verwechselt-die-Bäume spielen kann. Was allen Beteiligten großen Spaß macht, ausgenommen natürlich den tausend oder noch mehr Seeleuten, die im Verlauf dieses Spiels ertrunken sind, und den vielleicht zehntausend Tommies, Australiern und Indern, die auf eben diesen Inseln gelitten haben und gestorben sind – gestorben, ohne zu wissen, wofür.«
    An Jensens Händen auf dem Lenkrad traten weiß die Knöchel hervor, sein Mund war in Bitternis verkniffen. Mallory war erstaunt, fast erschrocken über die Vehemenz, mit der Jensen seine Gefühle zeigte, denn das schien gar nicht zu ihm zu passen … Oder vielleicht doch? Vielleicht wußte Jensen sehr viel über das, was hinter den Kulissen geschah …
    »Zwölfhundert Mann, sagten Sie, Sir?« fragte Mallory ruhig. »Sie sagten, auf Kheros seien zwölfhundert?«
    Jensen warf ihm einen raschen Seitenblick zu, sah wieder geradeaus und sagte: »Ja. Zwölfhundert Mann.« Er seufzte. »Sie haben recht, Söhnchen, natürlich haben Sie recht. Ich rede allerlei unnötiges Zeug. – Selbstverständlich können wir die dort nicht lassen. Die Marine wird ihr Äußerstes tun. Was kommt es schon auf zwei oder drei Zerstörer mehr an! Verzeihung, Junge, Verzeihung, ich bin schon wieder so im Gange … Jetzt hören Sie zu und recht genau.
    Die Männer von der Insel holen ist nur bei Nacht möglich. Bei Tage gibt es da auch nicht die kleinste Chance – wenn zwei-, dreihundert Stukas wie die Schießhunde den Zerstörern der britischen Marine auflauern. Und Zerstörer müssen es sein – Frachter und Leichter sind für den Zweck viel zu langsam. Und sie können nicht um die nördliche Spitze der Leraden laufen – von da können sie bis zum Tagesanbruch nicht in sicheres Gebiet zurück, weil die Fahrt um Stunden zu weit ist. Wir müssen diese Chance ausnutzen.«
    »Aber die Leraden sind doch eine ganz hübsch lange Inselkette«, warf Mallory ein. »Könnten nicht die Zerstörer durch –?«
    »Zwischen zweien durchlaufen? Unmöglich.«
    Jensen schüttelte den Kopf.
    »Alles höllisch dicht vermint. Jeder einzelne Kanal. Da käme nicht mal ein Ruderboot durch.«
    »Und der Kanal zwischen Maidos und Navarone? Ist gewiß auch dick voll Minen?«
    »Nein, der ist frei. Große Wassertiefe, da lassen sich Minen nicht verankern.«
    »Dann wäre das der, den sie nehmen müßten, nicht wahr? Ich meine, Sir, an der anderen Seite liegen türkische Hoheitsgewässer, und wir –«
    »Wir würden morgen durch türkische Gewässer laufen, sogar in vollem Tageslicht, wenn es uns was nützte«, sagte Jensen trocken. »Die Türken wissen das, und die Deutschen auch. Aber, vorausgesetzt, daß alle sonstigen Bedingungen gleich sind, würden wir die westliche Durchfahrt nehmen. Das Fahrwasser ist übersichtlicher, der Weg kürzer – und es ergeben sich daraus keine unnötigen internationalen Verwicklungen.«
    »Wenn alle sonstigen Bedingungen gleich sind?«
    »Die Kanonen von Navarone.« Jensen schwieg lange, dann wiederholte er die Worte, langsam, tonlos, wie man den Namen eines gefürchteten uralten Feindes wiederholen würde. »Die Kanonen von Navarone. Die machen alles ›gleich‹. Die decken die nördlichen Zufahrten zu beiden Kanälen ab. Wir könnten die zwölfhundert Mann heute nacht schon von Kheros abholen – wenn es gelänge, die Kanonen von Navarone zum Schweigen zu bringen.«
    Mallory saß stumm da. ›Jetzt kommt er zur Sache‹, dachte er.
    »Es handelt sich da nicht um
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