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Die Kammer

Titel: Die Kammer
Autoren: John Grisham
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Kramer wurde zuerst an die Decke des zweiten Stocks geschleudert und fiel dann bewußtlos zusammen mit den Trümmern des Daches in den rauchenden Krater im Zentrum des Gebäudes. Er wurde zwanzig Minuten später gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Drei Stunden später hatte man ihm beide Beine an den Knien amputiert.
    Die Detonation erfolgte genau um sieben Uhr sechsundvierzig, und das war gewissermaßen ein Glück. Helen, Marvins Sekretärin, verließ gerade das vier Blocks entfernte Postamt und spürte die Druckwelle. Zehn Minuten später, und sie wäre im Haus gewesen und hätte Kaffee gemacht. David Lukland, ein junger Anwalt, der für Marvin arbeitete, wohnte drei Blocks entfernt und hatte gerade seine Wohnungstür abgeschlossen, als er die Detonation hörte. Zehn Minuten später, und er hätte in seinem Büro im ersten Stock seine Post durchgesehen.
    In dem Bürohaus nebenan brach ein kleines Feuer aus, und obwohl es schnell wieder gelöscht wurde, trug es erheblich zu der allgemeinen Aufregung bei. Der Rauch war ein paar Augenblicke lang sehr dick, und die Leute eilten heraus.
    Zwei Passanten waren verletzt worden. Ein knapp einen Meter langes Balkenstück landete hundert Meter entfernt auf einem Gehsteig, prallte ab und traf das Gesicht von Mrs. Mildred Talton, die gerade von ihrem geparkten Wagen zurücktrat und in die Richtung der Explosion schaute. Sie trug eine gebrochene Nase und eine große Fleischwunde davon; beides heilte jedoch im Laufe der Zeit.
    Die zweite Verletzung war geringfügig, aber sehr bedeutsam. Ein Fremder namens Sam Cayhall ging langsam auf Kramers Büro zu, als die Erde so stark erbebte, daß er das Gleichgewicht verlor und über einen Bordstein stolperte. Als er sich wieder auf die Beine mühte, trafen ihn herumfliegende Glassplitter einmal ins Genick und einmal in die linke Wange. Er ging hinter einem Baum in Deckung, während um ihn herum Trümmer und Scherben herabregneten. Er starrte auf die Verheerung vor sich, dann rannte er davon.
    Blut tropfte von seiner Wange und rann auf sein Hemd. Er stand unter Schock und konnte sich später kaum an Einzelheiten erinnern. Wieder in demselben grünen Pontiac verließ er eiligst die Innenstadt, und wenn er aufgepaßt und nachgedacht hätte, wäre es ihm wahrscheinlich gelungen, zum zweitenmal ungesehen aus Greenville zu verschwinden. Zwei Polizisten in einem Streifenwagen jagten auf die Explosionsmeldung hin in das Geschäftsviertel, als sie einen grünen Pontiac sahen, der sich aus irgendeinem Grund weigerte, aufs Bankett auszuweichen und ihnen Platz zu machen. Die Sirenen des Streifenwagens heulten, das Warnlicht blinkte, die Hupe dröhnte, und drinnen fluchten die Polizisten, aber der grüne Pontiac blieb einfach auf seiner Spur stehen und rührte sich nicht von der Stelle. Die Polizisten hielten an, rannten auf ihn zu, rissen die Tür auf und fanden einen blutüberströmten Mann. Handschellen schlossen sich um Sams Handgelenke. Er wurde grob auf den Rücksitz des Streifenwagens gestoßen und ins Gefängnis gebracht. Der Pontiac wurde beschlagnahmt.
    Die Bombe, die die Kramer-Zwillinge tötete, war von der allerprimitivsten Art. Fünfzehn Stangen Dynamit, mit grauem Isolierband fest zusammengeschnürt. Aber es gab keine Zündschnur. Rollie Wedge hatte statt dessen einen Zeitzünder benutzt, einen billigen Wecker zum Aufziehen. Er hatte den Minutenzeiger von dem Wecker entfernt und zwischen den Ziffern sieben und acht ein kleines Loch gebohrt. In dieses kleine Loch hatte er einen Metallstift gesteckt, der, wenn er von dem Stundenzeiger berührt wurde, den Stromkreis schloß und die Bombe detonieren ließ. Rollie wollte mehr Zeit, als eine Fünfzehn-Minuten-Zündschnur liefern konnte. Außerdem hielt er sich für einen Experten und wollte mit neuen Vorrichtungen experimentieren.
    Vielleicht war der Stundenzeiger ein bißchen verbogen. Vielleicht war das Zifferblatt des Weckers nicht völlig eben. Vielleicht hatte Rollie in seinem Eifer den Wecker zu stark oder nicht stark genug aufgezogen. Es war schließlich Rollies erster Versuch mit einem Zeitzünder. Oder vielleicht hatte der Zeitzünder auch genau so funktioniert, wie er es geplan hatte.
    Aber was auch immer der Grund oder der Vorwand gewesen sein mochte, bei der Bombenkampagne von Jeremiah Dogan und dem Ku-Klux-Klan war jetzt in Mississippi jüdisches Blut vergossen worden. Und damit war die Kampagne praktisch beendet.
2
    N achdem man die Toten geborgen hatte, riegelte die Polizei
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