Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kammer

Titel: Die Kammer
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Rauch aufgegangen.«
    »Erzähl keine Märchen, Lee.«
    »Es ist wahr. Ich glaube, ich wäre beinahe erwischt worden. Kann sein, daß mir auf der Rückfahrt ein Wagen begegnet ist. Aber deshalb mache ich mir keine Sorgen. Ich habe das Grundstück vorige Woche gekauft. Habe der Bank dreizehntausend Dollar bezahlt. Wenn einem etwas gehört, dann kann man es niederbrennen, oder etwa nicht? Du bist der Anwalt.«
    »Hast du das wirklich getan?«
    »Du kannst dich selbst überzeugen. Ich habe eine Meile entfernt vor einer Kirche auf die Feuerwehr gewartet. Sie kam nicht. Das nächste Haus ist zwei Meilen weit weg. Niemand hat das Feuer gesehen. Fahr hin und sieh es dir an. Es ist nichts übriggeblieben als der Schornstein und ein Haufen Asche.«
    »Wie...«
    »Benzin. Hier, riech mal an meinen Händen.« Sie hielt sie ihm unter die Nase. Der beißende, unverwechselbare Geruch nach Benzin stieg zu ihm auf.
    »Aber weshalb?«
    »Ich hätte es schon vor Jahren tun sollen.«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage. Weshalb?«
    »Dort sind schlimme Dinge passiert. Es war voll von Dämonen und Gespenstern. Jetzt sind sie verschwunden.«
    »Sie sind also mit Sam gestorben?«
    »Nein, sie sind nicht tot. Sie sind fortgezogen, um jemand anderen zu peinigen.«
    Es war sinnlos, weiter auf diesem Thema herumzureiten, entschied Adam schnell. Sie sollten gehen, vielleicht nach Memphis zurückkehren, wo er dafür sorgen konnte, daß sie sich weiter erholte. Und vielleicht einen Therapeuten aufsuchte. Er würde bei ihr bleiben und sich vergewissern, daß sie Hilfe bekam.
    Ein schmutziger Pickup fuhr durch das eiserne Tor zum alten Teil des Friedhofs und tuckerte langsam den Betonweg zwischen den Grabsteinen entlang. Er hielt an einem kleinen Geräteschuppen in einer Ecke des alten Teils. Drei Schwarze stiegen langsam aus und streckten ihre Rücken.
    »Das ist Herman«, sagte sie.
    »Wer?«
    »Herman. Seinen Nachnamen weiß ich nicht. Er hebt hier seit vierzig Jahren Gräber aus.«
    Sie beobachteten Herman und die beiden anderen über das Tal voller Grabsteine hinweg. Die Stimmen der Männer, die zielstrebig ihre Vorbereitungen trafen, waren kaum zu hören. Lee hörte auf, zu weinen und zu schniefen. Die Sonne stand jetzt ein gutes Stück oberhalb der Baumkronen, und ihre Strahlen fielen direkt in ihre Gesichter. Es war bereits warm.
    »Ich bin froh, daß du gekommen bist, sagte sie. »Ich weiß, daß es ihm viel bedeutet hat.«
    »Ich habe verloren, Lee. Ich habe meinem Mandanten gegenüber versagt, und nun ist er tot.«
    »Du hast dein Bestes getan. Niemand hätte ihn retten können.«
    »Vielleicht.«
    »Mach dir keine Vorwürfe. An deinem ersten Abend in Memphis hast du zu mir gesagt, die Chancen wären minimal. Du hast einen guten Kampf geliefert. Und jetzt ist es an der Zeit, daß du nach Chicago zurückfährst und zusiehst, wie du mit dem Rest deines Lebens zurechtkommst.«
    »Ich fahre nicht nach Chicago zurück.«
    »Wie bitte?«
    »Ich wechsle den Beruf.«
    »Aber du bist doch erst seit einem Jahr Anwalt.«
    »Ich werde auch Anwalt bleiben. Nur eine andere Art von Arbeit tun.«
    »Und welche?«
    »Todesstrafen-Prozesse. «
    »Das hört sich furchtbar an.«
    »Ja, das tut es. Besonders in diesem Moment meines Lebens. Aber ich werde hineinwachsen. Ich bin nicht für die großen Firmen geschaffen.«
    »Wo wirst du arbeiten?«
    »In Jackson. Ich werde noch sehr oft in Parchman sein.« Sie rieb sich das Gesicht und strich ihr Haar zurück.
    »Vermutlich weißt du, was du tust«, sagte sie, außerstande, ihre Zweifel zu verbergen.
    »Darauf würde ich an deiner Stelle nicht wetten.«
    Herman wanderte um einen ramponierten gelben Bagger herum, der unter einem Baum neben dem Schuppen stand. Er betrachtete ihn nachdenklich, während ein anderer Mann zwei Schaufeln in den Baggerlöffel legte. Sie streckten sich abermals, lachten über etwas und traten gegen die Vorderreifen. »Ich habe eine Idee«, sagte sie. »Nördlich der Stadt gibt es ein kleines Restaurant. Es heißt Ralph's. Sam ist...«
    »Ralph's?«
    »Ja.«
    »Sams Geistlicher hieß Ralph. Er war gestern abend bei uns.«
    »Sam hatte einen Geistlichen?«
    »Ja. Einen sehr guten.«
    »Jedenfalls ist Sam mit mir und Eddie dorthin gefahren, wenn einer von uns Geburtstag hatte. Das Lokal gibt es schon seit hundert Jahren. Wir können diese riesigen Kekse essen und heißen Kakao trinken. Laß uns zusehen, ob es offen ist.«
    »Jetzt gleich?«
    »Ja.« Sie war ganz aufgeregt und stand
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher