Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie
Autoren: Felicitas Gruber
Vom Netzwerk:
weggeworfenen, metallisch glänzenden Bonbonpapier die Abdrücke von Turnschuhen, vermutlich Größe 38.
    Damenschuhe also.
    Sofie presste die Lippen zusammen. Na super, Frau Dr. Rosen huth. Was auch sonst würde man denn auf einem Spielplatz erwarten? Außer Spielzeug, dem üblichen Müll einer nachlässigen Wegwerfgesellschaft, Abdrücken von Kinderschuhen – und den Schuhen der dazugehörigen Mamis? Oder war dir die Bemerkung der alten Sengmeierin derart unter die Haut gegangen, dass dein früheres Polizistinnen-Ich mit einem Mal wieder an die Oberfläche ploppte?
    Und wenn schon. Einmal Spürnase, immer Spürnase. Irgend was war hier faul, da gab es kein Vertun. Sofie wusste, es war verrückt, aber fürs Erste würde sie das Mäuschen ins Institut mitnehmen und dort irgendwo kühlen, bis sich eine Gelegenheit ergab, den Kadaver genauer unter die Lupe zu nehmen.
    Das Institut! Himmel! Jetzt wurde es aber langsam knapp. Ausgerechnet an ihrem ersten Tag wollte Sofie nicht zu spät kommen.
    Hastig wickelte sie eine auf der Bank liegen gebliebene Morgenzeitung um den Pappbecher, stopfte das Ganze in ihren Rucksack und radelte los.
    Beinahe hätte sie bei ihrem hastigen Aufbruch einen Jogger umgefahren. Mit einem atemlosen »Sorry« hastete sie weiter. Stirnrunzelnd sah der Mann ihr durch seine verspiegelte Son nenbrille nach, dann pfiff er nach seinem Schäferhund und setzte seinen Weg fort.

6
    Müllreif
    K aum waren die beiden Sanitäter mit Vanessa in der Notaufnahme der Kinderklinik angelangt, brach Hektik aus. Der junge Assistenzarzt, ein smarter Endzwanziger, der die Eingangsuntersuchung vornahm, wurde noch blasser.
    »Sieht nicht gut aus«, murmelte er und betätigte seinen Piepser. »Gar nicht gut! Das muss sich unbedingt der Kollege ansehen …«
    Ein älterer Arzt stürzte herbei, ein zweiter folgte. Es war Dr. Sonner, seit Jahren Oberarzt an der Haunerschen, wie er sich vorstellte.
    »Was ist mit meiner Tochter?« Katrins Stimme war dünn geworden. »Was hat sie denn? Sie wird doch wieder ganz gesund?«
    »Wir tun alles, was in unserer Macht steht«, versicherte Dr. Sonner. »Aber als Erstes müssen wir herausfinden, was zu dem Zustand Ihrer Tochter geführt hat – und das kann dauern. Sie helfen ihr jetzt am meisten, wenn Sie die Nerven behalten. Warum gehen Sie nicht einfach nach Hause, lassen uns unsere Arbeit tun und warten …«
    »Nach Hause?«, fuhr Katrin ihn an, das Gesicht leichenblass, die Haare zerzaust. »Ja, was denken Sie denn? Nicht einen Schritt mach ich, bis ich weiß, was mit meinem Kind ist. Und meinen Mann, den hol ich jetzt auch her. Nicht dass Sie glauben, Sie können mit mir umspringen, wie Sie wollen!«
    Hektisch tippte sie auf ihrem Handy herum.
    »Komm so schnell du kannst, Sebastian.« Sie begann zu schluchzen. »Ja, ich weiß, die Baustelle … Aber es is was Schreckliches passiert. Nessie liegt in der Haunerschen Kinderklinik – bewusstlos. Nein, weiß ich nicht. Noch nicht. Aber ich hab solche Angst!«
    Inzwischen wurde Vanessa herausgerollt. Niemandem fiel auf, dass ihre rechte Hand sich öffnete und ein zusammengeknülltes Foto zu Boden fiel.
    »Wo bringen Sie sie hin?«, fragte Katrin.
    »Auf die Intensivstation.« Dr. Sonner sprach langsam und freundlich. »Dort können wir ihr besser helfen.«
    »Ich komm mit!« Katrin packte ihre Handtasche fester.
    »Das können Sie gern, Frau …« Sein Blick flog über die Unterlagen. »Frau Füracker. Allerdings nur bis vor die Tür. Das werden Sie sicher verstehen …«
    »Gar nix versteh ich«, schluchzte Katrin. »Nur, dass meine Nessie in großer Gefahr is. Ich bin ihre Mama – verstehens des ned? Ich hab ein Recht darauf zu erfahren, was Sie mit ihr anstellen.«
    Sie quetschte sich neben die Trage, bis sie vor dem Lift angekommen waren, und blieb auch in der Aufzugskabine neben Vanessa stehen. Beim Verlassen ließ sie die Tochter nicht aus den Augen.
    Die Türen zur Intensivstation öffneten sich. Ein junger Pfleger versperrte Katrin den Weg.
    »Ich muss da mit rein!«, rief sie empört.
    »Frau Füracker«, sagte Dr. Sonner väterlich. »Wir tun alles, was wir können, glauben Sie mir! Kommen Sie erst mal zur Ruhe! Ihr Kind braucht uns jetzt dringend.«
    Die Türen schlossen sich.
    Katrin sank auf den hässlichen beigen Plastikstuhl und weinte hemmungslos. Wenn sie Nessies Wunsch doch nur nicht nachgegeben hätte! Dann wäre das Mädchen jetzt im Kindergarten bei seinen Freunden, unversehrt und putzmunter.
    Ihre verdammte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher