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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin
Autoren: Joshua Palmatier
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Augen lösten sich nicht von den seinen.
    Als offensichtlich wurde, dass ich nichts erwidern würde, runzelte Sorrenti die Stirn. Er schaute zu Erick und Westen, wobei sein Blick ein wenig länger auf dem Hauptmann der Sucher verharrte; dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf mich.
    »Fürst March wartet am Kai auf Euch, um Euch einen offiziellen Dank auszusprechen und Euch förmlich zu verabschieden. Zusammen mit General Daeriun und den beiden überlebenden Ratsmitgliedern – Fürstin Tormaul und Fürst Dussain.« Er nickte. »Ich wünsche Euch eine sichere Reise, Regentin.«
    Kaum war er gegangen, traten Erick und Westen vor. Auch Marielle und Heddan erhoben sich.
    »Es ist Zeit zu gehen«, sagte ich. »Ich habe genug von Venitte.«

    Die Brise aus dem Kanal kühlte den Schweiß auf meiner Stirn, während ich auf der Veranda stand. Sonnenlicht glitzerte auf den Wellen des Hafens tief unten. Schiffe kreuzten leise umher. Glocken läuteten, einzelne Rufe ertönten, doch abgesehen davon und vom Wind herrschte Stille.
    Und abgesehen vom plötzlichen Quieken, das Jaer hinter mir ausstieß.
    Ich drehte mich um und lehnte mich gegen die Steinbrüstung der Veranda, als die Fünfjährige herausgestürmt kam und den Stühlen und dem Tisch auswich, auf dem bereits eine Karaffe mit Wein, ein Krug mit Wasser, Gläser und ein Tablett mit Brot und Obst bereitstanden. Pallin – zwei Jahre älter als Jaer – rannte mit zorniger Miene hinter ihrer Schwester her.
    Jaer hechtete hinter einen der Topfbäume, die der Veranda Schatten spendeten. Der Topf selbst war so groß wie sie selbst. Pallin fluchte. »Du kleines … Na warte, wenn ich dich erwische!«Sie huschte nach links, und Jaer quiekte erneut und duckte sich um den Topf herum außer Reichweite. Pallin knurrte verdrossen und täuschte eine Bewegung nach rechts an, schwenkte jedoch herum, als Jaer darauf hereinfiel, und packte ihre Schwester am Arm.
    »Pallin!«, rief Olivia gebieterisch, als sie mit einem weiteren Tablett voll Essen auf die Veranda kam – Hammelkeule, bereits aufgeschnitten. »Lass deine Schwester in Ruhe.«
    »Aber Mutter, sie hat mir ein Büschel Haare versengt!«
    Beinahe hätte ich vor Gelächter geprustet, doch es gelang mir, still zu bleiben.
    »Ist mir egal. Wir lassen es später von einer der Dienerinnen stutzen. Und jetzt lass deine Schwester los.«
    Pallin überlegte kurz, bis Olivia sie mit einem strengen Blick bedachte. Verärgert stieß Pallin ihre Schwester von sich, und Jaer ließ sich allzu melodramatisch auf den Boden plumpsen. Pallin schenkte ihr keine Beachtung mehr, sondern stapfte zur anderen Seite des Tisches und entfernte sich so weit wie möglich, um auf den Kanal hinauszustarren und zu schmollen.
    Olivia stellte das Tablett mit dem Fleisch auf den Tisch und kam dann zu mir. Ihr schwarzes Haar schimmerte im Sonnenlicht. Ich hob die Hand, um die olivfarbene Haut ihrer Wange zu streicheln. Sie lächelte.
    »Musst du zum Rat gehen?«
    »Das weißt du doch«, erwiderte ich, ohne nachzudenken. Plötzlich durchströmte mich ein Übelkeit erregendes Gefühl, ein Anflug von Beklommenheit, das Empfinden einer Vorwarnung.
    Ich runzelte die Stirn. Meine Hand erstarrte. Ich nahm Olivia in die Arme und küsste sie auf den Kopf, atmete den Duft ihrer Haare ein.
    Sie sah mir in die Augen und schmiegte sich an mich. »Du solltest essen, bevor du aufbrichst. Bleib noch eine Weile bei Jaer und Pallin.«
    »Ich kann nicht. Der Rat hat viele wichtige Entscheidungen zu treffen.«
    »Wichtiger als ich und deine Kinder?«
    »Hmm … du stellst gefährliche Fragen. Gefährlichere als der Rat.«
    Sie lachte, doch jenes bedrohliche Gefühl, jenes säuerliche Brennen in meinen Eingeweiden, flammte höher. Ich drehte mich um, schaute über den Hafen und in die Kanäle hinaus, lauschte aufmerksam, erwartungsvoll.
    Olivias Lächeln verblasste. »Was ist?«
    »Ich weiß es nicht. Es fühlt sich an, als würde gleich etwas geschehen. Ständig denke ich, etwas hören zu müssen …«
    Den gedämpften Lärm von Explosionen, die gegen die Felswände hallten. Ich erwartete zu sehen, wie sich Feuer in den Himmel wölbte und auf den Ziegeldächern der Anwesen landete, welche die Kanäle säumten. Ich erwartete, Asche zu schmecken, den Gestank von verbrennendem Fleisch zu riechen und Rauch zu atmen.
    Weil alles das geschehen war, als die Chorl angriffen. Dies war der Tag – der letzte Tag –, den ich mit Olivia, Jaer und Pallin verbrachte, ehe die Chorl den
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