Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
sich, was diese Worte bedeuten mochten.
    20. bis 22. August
     
    1
    Jim Ironheart blickte besorgt durch die schmutzige Windschutzscheibe des gestohlenen Camaro. Die Sonne hing als lodernder Ball am Himmel, und ihr Licht war so weiß und bitter wie Kalkpulver. Heiße Luft schimmerte über dem Asphalt und bildete Fata Morganen von Menschen, Autos und Seen.
    Jim spürte das bleierne Gewicht der Müdigkeit, und seine Augen brannten. Von der Hitze geschaffene Trugbilder und gelegentlich aufgewirbelte Staubwolken behinderten die Sicht. In der endlos scheinenden Weite der Mohavewüste fiel es schwer, ein Gefühl für die Geschwindigkeit zu bewahren. Jim hatte überhaupt nicht den Eindruck, daß der Camaro mit hundert Meilen in der Stunde über die Straße raste. In seinem gegenwärtigen Zustand wäre es besser gewesen, langsamer zu fahren.
    Doch tief in ihm wuchs die Furcht, daß er zu spät kam, daß er nicht rechtzeitig eingreifen konnte. Jemand würde sterben, weil er zu spät eintraf.
    Er warf einen kurzen Blick auf die geladene Schrotflinte, die vor dem anderen Schalensitz lehnte. Der Kolben ruhte auf dem Boden, und der Lauf zeigte von ihm fort. Direkt daneben lag eine Schachtel mit Munition.
    Die Angst wuchs, und er trat noch fester aufs Gaspedal. Die Nadel des Tachometers zitterte über die Hundert-Marke.
    Kurze Zeit später erreichte er die Kuppe einer weiten Anhöhe. Dahinter erstreckte sich ein schüsselförmiges Tal, das zwanzig oder dreißig Meilen durchmaß und dem Auge des Betrachters ein alkalisches Weiß darbot. Die Vegetation bestand nur aus Steppengesträuch und einigen Wüstengrasbüscheln. Vielleicht verdankte das Tal seine Existenz dem Einschlag eines Asteroiden; vergangene Jahrtausende der Erosion hatten die Konturen sanfter und weicher gestaltet, aber es wirkte dennoch urzeitlich.
    Der schwarze Highway mit den zitternden, vibrierenden Wasser-Fata-Morganen teilte das Tal. An den Hängen schimmerten träge Hitzephantome. Nach einer Weile bemerkte Jim das Fahrzeug. Es handelte sich um einen Kombiwagen, der eine Meile weiter vorn an der rechten Straßenseite stand, neben einem Abzugskanal, in dem nur während seltener Gewitter Wasser floß.
    Sein Puls beschleunigte sich, und er brach in Schweiß aus, obwohl kühle Luft aus den Schlitzen im Armaturenbrett wehte. Dies war der Ort.
    Dann sah er auch das Wohnmobil, etwa eine halbe Meile vor dem Wagen. Es kam gerade hinter einem der Trugbilder zum Vorschein, die Seen vorgaukelten, und rollte zum anderen Ende des Tals, wo die Straße eine dunkle Schlange zwischen nackten roten Felsen bildete.
    Jim nahm den Fuß vom Gas, als er sich dem Kombi näherte und überlegte, ob man hier Hilfe brauchte. Seine Aufmerksamkeit galt nicht nur diesem Fahrzeug, sondern auch dem Wohnmobil.
    Die Tachonadel ging langsam zurück, und der Mann am Steuer wartete darauf, einen deutlicheren Hinweis auf seine Mission zu erhalten. Er bekam keine Antwort auf die stummen Fragen. Für gewöhnlich verspürte er den Zwang zu handeln, als erhielte er Anweisungen von einer inneren Stimme, die nur auf einer unterbewußten Ebene zu ihm sprach - oder als sei er eine Maschine, deren Aktivitäten von einem Programm bestimmt wurden. Doch diesmal geschah nichts.
    Jims Verzweiflung wuchs, als er bremste und neben dem Chevy hielt. Er nahm sich nicht die Zeit, den Camaro auf dem Seitenstreifen zu parken, sah nur kurz zu der Schrotflinte hinüber und wußte irgendwie, daß er sie nicht benötigte. Noch nicht.
    Er stieg aus und eilte zu dem Kombi. Mehrere Koffer und Reisetaschen befanden sich im Ladebereich, und als er durchs Seitenfenster starrte, fiel sein Blick auf einen reglosen Mann. Er öffnete die Tür - und zuckte zusammen. Soviel Blut…
    Der arme Kerl war dem Tode näher als dem Leben. Man hatte ihm zweimal in die Brust geschossen. Sein Kopf lehnte an der Beifahrertür und erinnerte Jim an das zur Seite geneigte Haupt von Jesus Christus, der am Kreuz hing. Die Lider des Mannes zitterten, als er sich auf Jim zu konzentrieren versuchte.
    Die Stimme klang drängend und brüchig. »Lisa … Susie … Meine Frau und Tochter …«
    Seine Augen trübten sich. Er schnaufte noch einmal, erschlaffte und starb.
    Jim taumelte von der offenen Tür zurück, fühlte sich auf eine fast lähmende Weise für den Tod des Fremden verantwortlich. Einige Sekunden lang blieb er auf dem schwarzen Asphalt stehen und spürte, wie die Sonne auf ihn herabbrannte. Wenn er sich noch mehr beeilt hätte … Vielleicht wäre er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher