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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel
Autoren: Karl May
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hat erfahren, daß ich stets weiß woran ich bin. Ists nicht so, alter Bill Holmers?«
    »Well!« antwortete der Gefragte.
    »Na, also! Wenn ich demnach jetzt in das Schloß will, so werde ich wohl auch den richtigen Weg dorthin wissen. Die Sache ist nämlich, daß ich eine kleine Abrechnung mit dem Prinzen habe; diese Abrechnung soll gerade heut stattfinden, und darum muß ich nach Burg Himmelstein.« Jetzt erhob er das bisher gesenkte Angesicht, und nun begannen seine Augen seltsam zu funkeln, und auf seine Züge legte sich der Ausdruck eines grimmigen Hasses, den man fast blutdürstig hätte nennen mögen. Dann fuhr er fort: »Wenn ich nämlich sage, daß ich mit Jemand eine Abrechnung habe, so hat das eine sehr eigene Bedeutung; es geht dann gewöhnlich Skalp um Skalp, nicht wahr, alter Bill Holmers?«
    »Yes!« antwortete dieser.
    »Also das ist es, was ich zu sagen habe,« fuhr der Pater fort. »Ich gehe und rechne mit ihm ab, auch wenn mich Niemand begleiten sollte. Aber da es so schön paßt, so wäre es ja Thorheit, wenn Ihr mir nicht folgen wolltet.«
    »Sie haben also den Prinzen bereits gekannt?« frug der General.
    »Gekannt? Hin! Ja, nämlich wie die Taube den Geier oder das Lamm die Hyäne kennt. Bill Holmers und Fred Walmy, erinnert Ihr Euch noch jenes Abends am Rio Pekos, als wir die Hunde von Komanchen besiegt hatten? Wir erzählten damals einige hübsche Geschichten, in denen auch von dem tollen Prinzen die Rede war.«
    »Ich besinne mich,« sagte Walmy.
    »Schön! Ihr brachtet die Rede damals auch auf eine Sängerin oder Tänzerin, mit welcher Euer verlorener Bruder entflohen sein sollte. Er hatte angeblich ihretwegen ein Duell mit dem tollen Prinzen gehabt.«
    »So ist es.«
    »Diese Miß Ella – – ach ja, eine Kunstreiterin war sie wohl soll ein außerordentlich schönes Weibsbild gewesen sein. Nicht, Fred?«
    »Gewiß!«
    »Hm! Möchtet Ihr sie vielleicht einmal sehen?«
    »Sehen?« rief Walmy. »Lebt sie noch?«
    »Versteht sich!«
    »Wo?«
    »Ich habe Euch schon damals am Rio Pekos gesagt, daß sie Theodor von Walmy herzlich liebte, aber der Teufel blendete sie, sie ließ Liebe Liebe sein und ging dem Golde nach, womit sie der Prinz verführte. Als er ihrer satt hatte, ging sie in das Kloster, welches da oben auf dem Berge liegt, und wo sie der Schurke zuweilen noch besuchte. Dann aber kam die Reue, die mit Teufelskrallen ihr in das Herze langte. Gewisse Anzeichen brachten sie auf die Vermuthung, daß Theodor von Walmy weder entflohen noch im Duell gestorben sei. Sie mußte Gewißheit haben. Sie entfloh aus dem Kloster und forschte Jahr um Jahr nach einer Spur des einstigen Geliebten. Sie reiste nach Nord und Süd, nach Ost und West, bis es ihr endlich, endlich gelang, diese Spur zu entdecken –«
    »Ist es möglich!« rief Walmy. »Pater, um Gotteswillen, heraus damit! Lebt Theodor, lebt er noch?«
    »Ja.«
    »Wo?«
    »Dort oben im Kloster.«
    »Als Mönch?«
    »Nein, als Gefangener, eingekerkert seit vielen, vielen Jahren in ein finsteres Steinloch, in welchem Die verschwinden müssen, die dem Prinzen im Wege sind.«
    »Herrgott! Hinauf, hinauf! daß wir ihn erlösen! Sofort, sofort!«
    »Halt, Freund, erst muß ich ausreden! Neben dem Loche, in welchem er vermodert, gibt es ein zweites, welches gleichen Zwecken dient. Auch dort steckt ein Wesen, das er verschwinden ließ, weil es ihm nicht gehorchen wollte, ein Weib, einst schön wie die Morgenröthe und rein wie ein Engel. Rein ist sie noch, aber ihre Schönheit ist gewichen, und sie hält den Tod für ihren einzigen Erlöser. Soll ich ihren Namen nennen? Erschreckt nicht, Graf! Es ist die Komtesse Toska von Myhingen.«
    Der alte Graf fuhr sich mit der Hand an das Herz.
    »Träume ich?« frug er mit sinkender Stimme.
    Sein Sohn aber faßte den Pater am Arme.
    »Herr, ist es wahr, was Sie da sagen?«
    »Die volle Wahrheit!«
    »Woher wissen Sie es?«
    »Die Cirkusreiterin hat es mir gesagt. Sie will diese Beiden aus ihren Löchern erlösen, damit sie Verzeihung erhalte für die Fehler der Jugend.«
    »Wo und wann haben Sie mit ihr gesprochen?«
    »Wo und wann? Hin! Immer und überall. Alter Bill Holmers, der Bowie-Pater, vor dessen Tomahawk die Weißen und die Rothen zitterten, der war und ist – – ein Weib. Ich selbst bin es, Miß Ella und Bowie-Pater in einer Person.«
    »Ists möglich!« rief es rundum aus Aller Munde.
    »Ein Weib!« erstaunte die Blaue.
    »Eine Frau!« erschrak die Grüne.
    »Eine Dame!« entsetzte sich die
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