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Die Judenbuche

Die Judenbuche

Titel: Die Judenbuche
Autoren: von Anette Droste-Huelshoff
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Strümpfe ausgezogen, und wäre, den Rosenkranz betend, über die Hölzer ins Lippische hinein gegangen, undden zweiten Abend sei er in Werl angelangt. Ganz früh am andern Morgen habe er gebeichtet und communicirt, und er habe noch einen halben Gulden gehabt, den habe er der Mutter Gottes als Opferpfennig gegeben, da sei ihm ganz frisch zu Sinne geworden, und wie er aus der Kirche getreten, da sei die Sonne eben durch die Bäume aufgegangen, die auf dem Kirchhof stehen, und die Schatten davon wären alle nach Holland gelaufen, da hätte er gedacht: ich muß auch wohl dahin, und wäre munter zugeschritten.
    In Holland half er sich bis zum Frühjahr mit Taglohn durch, dann ließ er sich zum Matrosen anwerben, worauf er nach einigen Reisen in Englische Häfen, nach Genua kam und sich dort während einer Ruhe von mehreren Monaten, durch höheren Lohn gereizt, auf einen Genuesischen Kauffahrer dingen ließ, der in die Levante schiffte, obgleich seine holländischen Cammeraden eifrig abriethen, ihm die Gefahr, von Piraten gefaßt zu werden, vorstellend. Es ging auch glücklich das erstemal, da ließ er seinen Contract noch einmal verlängern; als er aber das drittemal dieselbe Reise machte, ward das Schiff im Sicilischen Meer von Seeräubern genommen, und in den Hafen von Algier gebracht.
    Auf dem Sklavenmarkt kaufte ihn der Vezir des Dei, ein Renegat, mit Namen Casnatzi, und da er ein wackerer tüchtiger Bursch war, hatte er es gut bei ihm, ja er machte ihn, da er etwas schreiben und ein wenig Italienisch und Französisch konnte, zu seinem Haushofmeister. Aus dieser Zeit rührt jener Brief her, den er an den Fürstbischof geschrieben. Aber die Herrlichkeit dauerte nicht lang; der Vezir fiel plötzlich in Ungnade und ward strangulirt,sein Vermögen verfiel dem Dei, und seine Sklaven wurden öffentliche Sklaven. Da fing sein eigentliches Elend an, und dauerte 17 Jahre hindurch bis zu seiner Befreiung. Die Sklaven mußten große Steine auf Schleifen aus dem Lande nach dem Molo ziehen, oft 20 vor einen Stein gekuppelt, in schärfster Hitze durch den glühenden Sand, und dazu nichts als 1 Pfund Brod, und ein kleines Maaß mit Oehl und Weinessig. Dabei hätten die Aufseher auch nicht gespaßt und wie einer niedergesunken aus Mattigkeit, hätten sie darauf geschlagen bis er wieder munter. Da sei einmal eines Tags, als einer der Aufseher grad frisch darauf geschlagen, ein Derwisch in der Ferne vorüber gegangen; der wäre, es ansehend, still gestanden, und ihn zu sich winkend, hätten sie an den Geberden gesehen, daß er ihm ins Herz geredet, oft mit der Hand nach dem Himmel zeigend, da hätte der Aufseher die Erde geküßt und dem Derwisch die Hand, und als er wieder zu ihnen gekommen, sei er ganz verändert gewesen, und 2 Wochen ganz mild. Alle Jahr ein paarmal wäre der Dei auf einem Spazierritt bei ihnen vorbei gekommen, und wie sie ihn auf ihren Knieen um Gnade gebeten, habe er eine Hand voll Zechinen ausgeworfen welche sie gesammelt und dem Schwedischen Consul gebracht hätten. Der hätte sie dann insgesammt an gewissen Tagen losgekauft, und ihnen einmal satt und gut zu essen gegeben.
    Ein Paar Jahre hielt der kräftige Körper Hermanns dieß Leben aus, als er aber einstmals einen Sack mit vielen Brodten tragend darunter niedergestürzt ist, dergestalt daß er mehrere Knochen im Rücken gebrochen, haben sie ihn in ein Loch geworfen da er dann so lang gelegenbis er heil gewesen, und weil er nicht verbunden, so ist er ganz krumm in einander gewachsen.
    Doch hätte sie das Volk mit einigem Mitleiden betrachtet, ja als die Revolution gegen die Juden ausgebrochen und diese mit dem sie begünstigenden Dei alle ermordet wurden, hätten sie gedacht die Reihe würde nun an sie kommen und viele von ihnen hätten es wohl gewünscht, aber sie wären unberührt unter der wogenden Menge umher gegangen.
    Oft hatte ihn, als er noch bei dem Vezir gewesen, dieser bereden wollen auch Renegat zu werden und ihm dann groß Glück und Ehre versprochen, er hat aber nicht gewollt.
    Endlich als 1806 Hieronymus Bonaparte den Dei gezwungen die Christen-Sklaven frei zu geben, ist auch Hermann befreit worden, und an der italienischen Küste ausgesetzt, mit 8 Kronen beschenkt, ist er nach seiner Heimath gewandert.
    Das war der Inhalt seiner Erzählung, die der Drost so nach und nach ihm abfrug. Zu Hause ging es ihm aber traurig, sein Bruder sah ihn nur ungern, arbeiten konnte er nur wenig, dabei klagte er über unausstehliche Kälte.
    Während der
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