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Die Janus-Gleichung

Die Janus-Gleichung

Titel: Die Janus-Gleichung
Autoren: Steven Spruill
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an einen kalten, ungewöhnlich großen Türgriff, der sich in seine suchende Hand schmiegte. Er versuchte den Griff loszulassen, aber seine Hände waren in die Baumwolltücher gewickelt – die Nadeln schnellten vor und zurück.
    »Ich habe den Mann aus Ameritec getroffen«, sagte er einen Augenblick später mit einer Stimme, die seltsamerweise so klang wie die von Titus Golding. »Er wollte, daß ich meinen Vertrag breche.« Essian versuchte vergeblich, die Worte zurückzuhalten. Als er sich auf die Zunge biß, drang der Schmerz nur schwach bis zu ihm durch, eine Illusion unter so vielen anderen. »Ich habe den neuen Mann zweimal gesehen«, sprach die Stimme weiter, durch zusammengebissene Zähne hindurch. »Ich habe über sein Angebot nachgedacht. Habe darüber nachgedacht. Nachgedacht.« Klick. Klick. »Ich könnte Kontakt mit ihm aufnehmen.« Klick-klick-klick-klick-klick. Essian fühlte, wie sein Kopf hin und her pendelte. Es fühlte sich an, als ob in seinem Hals ein Haufen heißer Sand steckte. Jetzt kam eine Pause, in der ihm seine Nerven keinen Streich spielten und ihm Phantasiebilder vorgaukelten, und er konnte den Raum um sich herum wahrnehmen; er spürte Goldings Anwesenheit, der sich hinter seinem Stuhl zu schaffen machte. Dann sah er sein Büro vor sich, so wie er es gerade verlassen hatte, sah, wie die Nachmittagssonne auf den kleinen Zinnsoldaten glänzte, die in einer Miniaturschlachtszene auf einer Ecke seines Schreibtisches aufgebaut waren. Aus irgendeinem Grund erfüllte ihn das Bild mit wohliger Wärme.
    »Ich bin Meridian gegenüber loyal«, sagte er/die Maschine. »Ich würde meinen Vertrag nie brechen, Projekt Janus nie verraten.« Klick.
    Der siebte Satz von Rustichevs kuboider Symphonie für Elektrisches Orchester erfüllte ihn plötzlich, und er gab sich ganz ihrer symmetrischen Eindringlichkeit hin, während die Tücher von seinen Armen und Beinen entfernt wurden, die Taster noch einmal leicht über seine Lider strichen und dann fort waren.
    »Sie können jetzt Ihre Augen wieder öffnen«, sagte Golding. Seine Stimme schien die Symphonie in zerbrechliche Scherben zu zertrümmern, die einen Augenblick lang in der Luft hingen, um dann mit dem klingenden Laut berstender Eiszapfen zu Boden zu fallen. Essian blinzelte und sah benommen im Raum umher, bis er auch das letzte Schwindelgefühl aus seinem Gehirn vertrieben hatte und wieder bei vollem Bewußtsein war. Das Meningigram stand vor ihm; ein träger Apparat aus Metall, in den das Firmenzeichen gestanzt war. Er stand auf und ging unsicher zur Tür hinüber – Goldings helfende Hand hatte er abgeschüttelt. Als sie wieder im Büro des Psychologen waren, trat Essian dem älteren Mann gegenüber.
    »Sie wußten doch von dem Abwerber.«
    »Einer unserer Sicherheitsmänner hat ihn von dem Augenblick an beschattet, als er Meridian Alpha betrat«, sagte Golding. »Er hat sich zwar einer plastischen Operation unterzogen, aber sie haben das radiumähnliche Pünktchen übersehen, das wir ihm links in seinen Hintern geimpft haben, als er das letzte Mal hier war. Aber warum setzen Sie sich nicht?«
    »Und so sind Sie ihm natürlich auf Schritt und Tritt gefolgt«, gab Essian zurück und blieb stehen.
    »Selbstverständlich. Solange, wie die Abwerber legal hier sind, können wir nicht das Geringste gegen sie unternehmen, aber es gibt keinen Paragraphen im intergemeinschaftlichen Gesetzbuch oder den Konventionen, der besagt, daß wir sie nicht im Auge behalten dürften. Als er Sie in der Bar traf, saß eine von Roshoffs Agentinnen nur zehn Meter weiter mit einem Richtmikro in der Hand.«
    »Dann wissen Sie auch, daß ich sein Angebot rundweg abgelehnt habe«, sagte Essian.
    Golding nickte bekräftigend. »Zweifellos, zweifellos. Der Mann trug nur dummerweise einen Zerhacker bei sich, so daß wir Ihre Unterhaltung nicht verfolgen konnten. Bitte verstehen Sie unsere Lage. Wir zweifeln nicht an Ihrer Loyalität oder Integrität. Wenn der Mann nicht noch ein zweites Mal aufgetaucht wäre…«
    »Er ist lediglich ausgesprochen hartnäckig«, entgegnete Essian. Er hatte die Gründe, weshalb ihn Golding untersuchen wollte, gekannt, und trotzdem fühlte er sich hintergangen. »Wenn Sie mit Hilfe des Meningigram nur herausbekommen wollten, was ich mit dem Spitzel geredet habe, dann hätten Sie mich das direkt fragen sollen.«
    Golding ließ sich in seinen Sessel fallen und schob den Unterkiefer auf eine Art und Weise vor und zurück, die Essian noch sehr genau
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