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Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
Autoren: Z. A. Recht
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wahrscheinlich sterben würden, damit du am Leben bleibst«, sagte Rebecca offen heraus.
    Es war die Wahrheit. Sherman hatte die Gruppe bislang zusammengehalten. Ohne ihn hätte niemand gewusst, wem sie folgen sollten. Thomas? Wahrscheinlich. Er hatte ebenso viel Erfahrung wie der General, doch es mangelte ihm an Charisma. Er konnte Befehle erteilen, die man auch befolgen würde, aber irgendwann würde es gewiss Streitigkeiten geben. Wer sonst noch? Denton? Er hatte Charisma und einige Erfahrung, war aber kein Anführertyp.
    Jedenfalls schien Sherman sich Rebeccas Worte zu Herzen zu nehmen. Er lehnte sich langsam zurück, ließ Kopf und Schultern auf der Heckscheibe des Wagens ruhen und schloss die Augen. Rebecca saß einige Minuten neben ihm, bis sie sicher war, dass er schlief, dann stand sie auf und schlenderte zu dem Ausrüstungsstapel hin, den die Soldaten aus dem Versorgungslaster geladen hatten. Sie hob ein paar in Kunststoff verpackte Sachen auf und schlug sich in die Dunkelheit des Waldes, an einen Ort, an dem sie die Gruppe zwar noch sah, aber vor ihren Blicken verborgen war.
    Sie zog sich aus, entledigte sich der schmutzigen und fleckigen Kleider, die sie seit Wochen trug. Sie schüttelte sich, als sie sich der nordwestlichen Winterkälte aussetzte. Sie öffnete schnell die aus dem Stapel gefischten Päckchen, entnahm einem eine Boxershorts in Tarnfarben und fragte sich beim Anziehen, wer in aller Welt Unterhosen in Tarnfarben trug. Das nächste aus seiner Plastikhülle gezogene Teil war eine mitteldicke Jacke, wie Jäger sie trugen, ebenfalls in Tarnfarben. Rebecca warf ihren BH weg, denn die Jacke würde zugeknöpft und mit geschlossenem Reißverschluss den gleichen Zweck erfüllen. Tarnhosen waren als Nächstes an der Reihe. Es waren fast exakte Duplikate jener Hosen, die die Soldaten trugen, nur dass diese in gelbbraune Wüstentarnfarben gekleidet waren. Rebeccas Beinkleid war dunkelbraun, schwarz und tannengrün. Endlich wieder in sauberen, warmen Sachen, begutachtete sie die anderen Schachteln und Dinge, die sie an sich genommen hatte.
    Eine Viertelstunde später kehrte Rebecca wieder aus dem Busch zurück. Nun trug sie auch einen Pistolengurt mit einem nagelneuen Holster für die Waffe, die sie Sherman abgenommen hatte, um Decker zu erschießen. Die Pistole war nach dem Zwischenfall so etwas wie ein Beruhigungsmittel für sie gewesen. Sie hatte jemanden getötet, mit dem sie unter anderen Umständen jetzt bestimmt dick befreundet gewesen wäre, und zwar mit einem Schuss zwischen die Augen. Die Erinnerung daran führte dazu, dass sie sich sowohl hätte übergeben als auch vor Freude tanzen können. Ihre Urreflexe hatten sie die Waffe ziehen und abdrücken lassen. Sie hatte mit dem Schuss mindestens ein Leben gerettet. Und wenn sie darüber nachdachte, war Decker in diesem Moment schon auf gewisse Weise tot gewesen. Er hatte sich infiziert.
    Zu Rebeccas neuer Ausrüstung gehörten des Weiteren ein Sturmgepäck und Fertigrationen. Auf der Ramage, während der Fahrt über den Pazifik, hatte sie jede Menge dieser Dinger gegessen. Sie waren nicht so schlecht, wie die meisten Leute glaubten. Einige Hauptgerichte waren sogar recht anständig. Manche schmeckten und rochen allerdings wie Katzenfutter. Deswegen hatte Rebecca in den Kartons herumgekramt und einige Gerichte gefunden, die ihr schmeckten. Den Rest hatte sie zum Stapel zurückgebracht, der nun nach und nach in den Topaz verlegt wurde. Sherman schlief noch immer auf dem Kofferraum. Zwei Soldaten stritten sich leise, ob sie den General wecken sollten, um den Kofferraum zu öffnen.
    » Ich tu dat nich«, sagte der eine, der einen starken West-Virginia-Akzent sprach. » Der is doch vollkommen fertich. Lassen wir ihn noch ’ne Weile ratzen.«
    » Verflucht, Mann, er kann sich doch auf’m Vordersitz ausstrecken«, sagte der andere. » Da liegt man doch viel besser als auf ’ner Kofferraumhaube.« Er klang wie ein New Yorker.
    » Wie gesacht: Ich tu dat nich. Mach du ihn wach.«
    » Ich weck ihn auch nich auf«, sagte der New Yorker. » Wenn er beschissen gelaunt ist, krieg ich einen verballert, weil ich ihn mitten aus ’nem schönen Traum gerissen hab.«
    Rebecca bahnte sich eine Gasse durch die beiden sich streitenden Männer und ging auf Sherman zu.
    » Ich mach es schon«, sagte sie. Dann drehte sie sich kurz um und grinste. » Ihr Weicheier.«
    Wenn die Soldaten wütend auf sie waren, verbargen sie es gut. Wahrscheinlich waren sie aber
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