Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jagd am Nil

Die Jagd am Nil

Titel: Die Jagd am Nil
Autoren: Will Adams
Vom Netzwerk:
«Man hat seine Leiche gefunden, wissen Sie? Man hat sein Grabmal gefunden. Jawohl! Der Mann, der Alexander gefunden hat, heißt Daniel Knox und ist ein sehr guter Freund von mir. Die Schale hat er mir persönlich gegeben.»
    Knox lachte. Seit diesem Abenteuer war er jedermanns bester Freund. «Und dann verkaufst du sie hier auf der Straße?», stichelte er. «Wenn sie Alexander gehört hat, dann müsste sich doch das Museum in Kairo dafür interessieren.» Er nahm sie in die Hand und hatte wieder dieses seltsame Déjà-vu-Gefühl. Er spürte ein Kribbeln, sein Mund wurde trocken, und ein leichter Druck setzte in seinem Schädel ein. Er drehte sie um und genoss die Berührung. Er war zwar kein Keramikexperte, doch jeder Archäologe verfügte über gewisse Kenntnisse, nicht zuletzt weil es sich an jeder beliebigen Ausgrabungsstätte bei neunzig Prozent aller Artefakte um irgendeine Form von Töpferware handelte, ob nun um die Scherbe eines Tellers, einer Tasse oder eines Topfes, einer Öllampe oder eines Parfümflakons, wenn man Glück hatte, sogar eines Ostrakons.
    Diese Schale war jedoch unbeschädigt. Sie hatte einen Durchmesser von zirka zwanzig Zentimetern, war gut acht Zentimeter tief, hatte einen flachen Boden, gewölbte Seiten und keinen nennenswertenRand, sodass man sie gut mit beiden Händen halten und direkt daraus trinken konnte. Angesichts der glatten Oberfläche waren offensichtlich alle Steinchen aus dem Ton gesiebt worden, ehe man ihn gebrannt hatte. Die Schale war rosagrau, allerdings mit einer blasseren Lasur überzogen, die ein Wirbelmuster hervorrief, das aussah, als würde man Milch in einen Kaffee rühren. Vielleicht hiesigen Ursprungs, vielleicht auch nicht. Um das zu bestimmen, brauchte er einen Fachmann. Die Datierung war genauso schwierig. Feinere Arbeiten wie Öllampen oder teures Geschirr hatten sich mit der jeweils vorherrschenden Mode ständig geändert, und wenn nur, um den Reichtum ihrer Besitzer zu demonstrieren. Alltagsgegenstände wie diese Schale aber hatten manchmal über Jahrhunderte ihre Form behalten. Schätzungsweise 50 vor Christus, plus oder minus ein paar Jahrhunderte. Oder Jahrtausende. Er stellte sie wieder zurück und wollte weitergehen, doch die Schale zog ihn beinahe magnetisch an. Er blieb hocken, starrte sie an, rieb sich das Kinn und versuchte herauszufinden, warum sie ihm so bekannt vorkam.
    Knox wusste, wie selten man auf einem Straßenmarkt wertvolle Artefakte entdeckte. Die Händler waren zu gerissen, um hochwertige Ware auf diese Weise zu verkaufen, und die Antiquitätenpolizei war zu wachsam. Außerdem gab es in den Hinterhöfen von Alexandria und Kairo genug Kunsthandwerker, die im Handumdrehen überzeugende Kopien anfertigen konnten, wenn sie glaubten, damit einen naiven Touristen übers Ohr hauen zu können. Diese Schale erschien jedoch zu schlicht, als dass sich die Mühe gelohnt hätte. «Wie viel?», fragte er schließlich.
    «Eintausend U S-Dollar », erwiderte der junge Mann, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Knox lachte erneut. Ägypter waren Experten darin, nicht die Ware, sondern den Käufer einzuschätzen. Offenbar sah er andiesem Tag ungewöhnlich wohlhabend aus. Und dumm. Wieder wollte er weitergehen, wieder hielt ihn etwas zurück. Obwohl er keine Lust hatte zu feilschen, berührte er erneut die Schale. Wenn man einmal begonnen hatte, war es unhöflich, einfach aufzuhören, und Knox war sich nicht einmal darüber im Klaren, ob er dieses Stück überhaupt haben wollte, selbst wenn er es billig bekommen könnte. Sollte es sich tatsächlich um eine echte Antiquität handeln, wäre der Erwerb illegal. War die Schale nur eine Fälschung, würde er sich tagelang über den Kauf ärgern, besonders wenn seine Freunde und Kollegen davon erfuhren. Er schüttelte entschieden den Kopf und stand dieses Mal wirklich auf.
    «Fünfhundert», sagte der junge Händler schnell, als er merkte, dass ihm ein dickes Geschäft durch die Lappen zu gehen drohte. «Ich habe Sie schon mal gesehen. Sie sind ein guter Mann. Ich mache Ihnen Spezialpreis.»
    Knox schüttelte den Kopf. «Woher hast du die Schale?», fragte er.
    «Sie ist aus dem Grabmal von Alexander dem Großen, das versichere ich Ihnen. Mein Freund hat sie mir gegeben, weil er ein sehr guter   …»
    «Die Wahrheit», sagte Knox. «Oder ich gehe.»
    Argwöhnisch kniff der Junge die Augen zusammen. «Warum soll ich Ihnen das sagen?», fragte er. «Damit Sie die Polizei rufen?»
    Knox zog ein paar Scheine aus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher