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Die Jaeger

Die Jaeger

Titel: Die Jaeger
Autoren: Johanna Marthens
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versuchen. Als ich noch in Krankenhäusern gearbeitet habe, habe ich mich davon ernährt.«
    »Aber damals waren die Blutbanken noch nicht bewacht. Damals wusste noch niemand, dass es euch gibt.«
    Er sah mich an. »Wenn es dir wirklich wichtig ist, würde ich das Risiko eingehen. Nicht für Leif, nur für dich, damit du deinen Job behältst.«
    Mein Herz klopfte. Ich ging einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn. Sein kühler Körper schmiegte sich so geschmeidig an meinen, als würden sie schon seit Ewigkeiten zusammengehören. »Danke«, flüsterte ich. »Ich mache es heute Nacht wieder gut. Du hast einen Wunsch frei.«
    Er löste sich von mir und lächelte. »Pass auf, was du versprichst, ich könnte darauf zurückkommen.«
    »Das sollst du auch.«
    Er nickte, dann gab er mir die Tasche mit den Medikamenten. »Warte hier auf mich«, befahl er, dann lief er zurück zum Krankenhaus.
    Ich sah ihm nach, beobachtete seinen ruhigen, bestimmten Gang, bis er hinter der Tür verschwand. Es war verrückt, ihn vorgeschickt zu haben, und ich bereute es schon in dem Moment, in dem er in das Krankenhaus hineinging. Für einen unbefriedigenden Job bei einem herzlosen Chef riskierte ich das Leben des Mannes, der mich in der vergangenen Nacht zu den höchsten Höhen der Ekstase geführt hatte und dem ich mehr als nur Zuneigung entgegenbrachte. Das war nicht richtig. Ich eilte ihm hinterher.
    »Robert?«, rief ich, als ich den Gang erreicht hatte, der zur Abteilung Transfusionsmedizin führte. Doch er verschwand gerade in der Tür hinter den Wachen. Sie hatten ihn anstandslos hineingelassen. Ich hielt die Luft an. Am liebsten hätte ich den Atem angehalten, bis er den Raum heil verlassen hatte, aber das ging nicht, denn er blieb ganze sechzehn Minuten darin. Das schaffte nicht einmal ein Perlentaucher.
So wanderte ich nur unruhig auf und ab, bis er wieder auftauchte. Er hatte einen Karton in seinen Händen. Wortlos lief er zu seinem Auto, setzte sich hinein und fuhr los. Ich fuhr in meinem hinterher. Doch ich war so aufgeregt, dass ich nicht aufpasste. Als er auf der Landstraße plötzlich bremste, weil ein Hase aus dem Wald über die Straße hoppelte, achtete ich nicht auf ihn. Ich hatte mich gerade umgedreht, um nach etwaigen Verfolgern Ausschau zu halten. Und als ich wieder nach vorne schaute, war es zu spät. Ich raste nahezu ungebremst in seinen Opel.
    Es krachte und knallte, Blut spritzte. Der Airbag meines Autos schlug mir ins Gesicht. Roberts Wagen machte noch einen kleinen Hüpfer auf den Hasen zu, bevor er zum Stehen kam. Schnell setzte das Tier über die Fahrbahn und verschwand im Dickicht – während mein Auto an Roberts klebte und ich benommen in meinem Sitz hing, als hätte mich ein Vorschlaghammer getroffen.
    Als ich wieder einigermaßen klar denken konnte, fluchte ich leise und blickte an mir herunter. Kein Lenkrad hatte sich in meinen Unterleib gebohrt. Ich prüfte, ob ich noch alle  Gliedmaßen bewegen konnte. Konnte ich. Meine Hände zitterten, meine Beine bebten, und mein Kopf dröhnte, doch schien ich – jedenfalls äußerlich – unverletzt zu sein. Nach diesem Schnellcheck stieg ich mit wackeligen Beinen aus und stakste zu Robert. Zum Glück waren wir nicht sehr schnell gefahren, doch sein Auto sah genauso entsetzlich aus wie meines. Es stank nach verbranntem Gummi und qualmte. Er rieb sich den Nacken, als ich zu ihm trat. Doch als ich ihn ansah, wich ich entsetzt zurück. Er war über und über mit Blut bespritzt.
    »Es ist nicht mein Blut«, sagte er und deutete auf den Karton mit den Blutkonserven, der durch den Wagen geflogen war. Mehrere Beutel waren aufgeplatzt, nur zwei von ihnen heil geblieben. Die lagen auf der Beifahrerseite im Fußraum.
    Tränen schossen in meine Augen. »Bist du verletzt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nichts Ernstes.«
    »Es tut mir leid«, schluchzte ich. »Das wollte ich nicht.«
    »Ich weiß«, sagte er. Er wollte aussteigen, doch es ging nicht. Die Tür klemmte. Kurzerhand kletterte er aus dem Fenster und nahm mich in die Arme. »Hast du wirklich nichts abbekommen?«, fragte er.
    Ich wischte die Tränen weg. Mein Kopf dröhnte noch immer, und meine Nase schmerzte seit ihrer Bekanntschaft mit dem Airbag. »Nein. Es ist alles in Ordnung.«
    »Wir müssen hier weg, bevor jemand merkt, was passiert ist«, sagte er.
    »Ich rufe Leif an«, erwiderte ich.
    Eine halbe Stunde später kam Kurt mit einem Abschleppwagen an. Er pfiff leise durch die Zähne, als er unsere verbeulten
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