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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten
Autoren: Arkady Fiedler
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„Sei kein Feigling, Freund! Der Kapitän ist überzeugt, mich ins Jenseits befördert zu haben. Was geschieht, wenn er mich am Leben sieht?"
    Der Matrose zuckte die Achseln. „Ich weiß nicht; bei Gott, ich weiß es nicht, was dann geschieht."
    „Wird er nicht die Pistole ziehen und mir diesmal ganz gewiß eine Kugel in den Kopf jagen?"
    Nach einer Weile bestätigte William:
    „Bei diesem Schuft ist alles möglich. Das ist eine rachsüchtige Bestie.
    „Also muß ich mich wehren! Das gibst du doch zu?" rief ich. „Wehren — ist schön gesagt, aber wie willst du armer Wicht dich wehren?" seufzte mein besorgter Freund.
    „Ich weiß schon, wie!" knurrte ich.
    „Der Alte hat hier eine unbegrenzte Macht. Er kann einen jeden von uns totschlagen wie einen Hund. Er hat unter der Mannschaft einige Mordbuben, die bereit sind, auf seinen Wink hin jedes Verbrechen zu begehen. Was kannst du, Johnny, gegen ihn ausrichten?"
    Ich lag angekleidet in der Mannschaftskajüte, so wie William mich in bewußtlosem Zustand hergeschleppt hatte. Ich betastete meinen Gürtel. Dort hing an der linken Seite mein Jagdmesser, der treue Gefährte meiner Wanderungen durch den virginischen Urwald. Jetzt nahm ich es aus der Lederhülle und zeigte es William; in diesem Augenblick betraten jedoch einige Matrosen die Mannschaftskajüte. Schnell verwahrte ich daher das Messer und flüsterte dem Freund voll Wut ins Ohr:
    „Der Kapitän darf diesen Sturm nicht überleben! Entweder er stirbt, oder mich holt der Teufel!"
     
    „Ich verstehe. Du willst ihn ...", und William machte eine
    Handbewegung, als stieße er jemand das Messer in den Leib.
    „Erraten!" Unruhig und ergriffen sah mich der Freund an. Dann faßte er meine Hand und drückte sie fest und herzlich. Er flüsterte:
    „Du bist ein Mordskerl, Johnny! Hast keinen Ausweg! Schlag ihn tot. Ich helfe dir!”
    Er neigte sich über meinen Kopf und fiel mit seinem ganzen Gewicht auf mich, denn in diesem Augenblick prallte eine mächtige Welle gegen das Schiff und brachte es beinahe zum Kentern. Der am Fußboden befestigte Tisch riß sich los und flog krachend gegen die Wand. Man hörte das Klirren zerbrochenen Geschirrs und das Plätschern eindringenden Wassers. Wir dachten, das sei das Ende. In wilder Panik verließen die Matrosen die Mannschaftskajüte und liefen nach oben, wo es leichter war, sich zu retten. William blieb bei mir. Unendlich lange, so wollte es mir scheinen, lag das Schiff auf der Seite. Dann richtete es sich langsam wieder auf und kehrte in seine frühere Lage zurück. Diesmal hatten uns die Wogen noch nicht in die Tiefe gezogen.
    Es wurde Nacht. Ich stieg zum Deck hinauf. Der Sturmwind peitschte mich durch, und ich mußte mich, wenn ich nicht fortgefegt werden wollte, an die Reling klammern. An der Luft kam ich rasch wieder zu Kräften. In kurzen Abständen wälzten sich die Wogen über das Deck und rissen alles mit sich fort, was nicht festgebunden war.
    Unweit der Kapitänskajüte stellte ich mich auf die Lauer, doch bei diesem Sauwetter steckte niemand die Nase heraus. In die Kajüte hineingehen wollte ich nicht. Ich zog es vor, ihn an Deck zu erledigen und gleich über Bord zu werfen.
    Umherspähend tastete ich mich bis an den Vormast. Der Indianer war immer noch festgebunden. Jetzt ging ich aufs Ganze, ohne auf irgend jemand oder irgend etwas noch Rücksicht zu nehmen. Als ich dem Jungen die Fesseln zerschnitten hatte, war er so geschwächt, daß er neben dem, Mast zu Boden fiel. Erst nach einer Weile nahm er seine ganze Kraft zusammen, kroch zur Seite und entschwand meinen Blicken.

Der Orkan
    E in verheerender tropischer Orkan! Ohrenbetäubend tobte die See, heulte der Sturmwind. William schleppte sich zu mir heran, und wir stellten uns gemeinsam in den Hinterhalt. Es war unmöglich, sich zu verständigen. Die Worte blieben einem in der Kehle stecken.
    Nach einigen Stunden vergeblichen Wartens wollten wir uns in einen stillen Winkel zurückziehen, um einen Entschluß zu fassen; doch kamen wir nicht mehr dazu. Die erwartete Katastrophe brach herein. Das Schiff lief auf einen Felsen auf. Die Erschütterung war nicht einmal groß; dagegen glich der Lärm, mit dem der Schiffsrumpf unter uns barst, beinah dem Meerestosen. Im übrigen hörte ich nicht mehr viel davon.
    Eine hohe Welle stürzte mit solcher Gewalt auf mich nieder, daß ich ihr keinen Widerstand zu leisten vermochte. Betäubt ließ ich das Tau los, an dem ich mich so lange festgehalten hatte. Die furchtbare
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