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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten
Autoren: Arkady Fiedler
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vorbereiteten? Vielleicht wurde die Insel auch von Spaniern bewohnt, die ebenso gefährliche Feinde waren wie die Indianer? Ich verstummte und lief am Rande des Dickichts weiter, in das ich ängstliche Blicke hineinwarf.
    Es wurde jetzt zu einer Quelle von Befürchtungen und hatte seinen sonnigen Reiz von vorhin verloren.
    Ich fand weder William noch irgendeinen anderen Matrosen. Während meiner Wanderung bemerkte ich vor mir, am Meeresufer, einen dunklen Gegenstand. Es war die zerschellte Schaluppe von der „Guten Hoffnung", die Bretter lagen umher. Fieberhaft suchte ich die ganze Gegend nach Proviant ab, der doch gewöhnlich im Rettungsboot untergebracht wird, fand aber weder Nahrungsmittel noch andere nützliche Dinge.
    O Boot, das wie zum Hohn die Bezeichnung „Gute Hoffnung" trug! Vielleicht haben sich die Kameraden an die Bordwand geklammert und auf deine Hilfe gerechnet, du aber hast, zerbrochen wie ihr eigenes Leben, die Hoffnung der Ertrinkenden grausam zunichte gemacht.
    Der Anblick der kümmerlichen Bootsreste brachte mich in die Wirklichkeit zurück. Es wurde mir klar, daß das, was ich in den letzten Stunden und Tagen durchlebt hatte, kein böser Traum gewesen war, wie es mir zuweilen scheinen mochte. Das zerschmetterte Steuer, ein zerbrochener Hebebaum, die am Ufer herumliegenden Bretter führten mir noch einmal schmerzhaft und in aller Deutlichkeit die Katastrophe vor Augen. Ich begriff, daß außer mir die Mannschaft der „Guten Hoffnung" elend zugrunde gegangen war. 0 armer William!
    Noch lief ich eine Weile am Strand umher, traf aber keine Menschenseele, ja, ich fand nicht einmal die geringste Spur von den Matrosen. Ich gab mich nicht der Täuschung hin, daß jemand von ihnen dem Tode entronnen sei. Dieses Bewußtsein warf mich beinah zu Boden. Ich befand mich allein an einem fremden, wahrscheinlich von Menschenfressern bewohnten Strand und war unbekannten Gefahren ausgesetzt; denn ich hatte niemanden, der mir zur Seite stand, und besaß keine Waffen und keinerlei Lebensmittel.
    Aber nicht umsonst war ich sechsundzwanzig Jahre alt und an Leib und Seele gesund. Trotz meiner Verzweiflung und Erschöpfung verspürte ich einen Wolfshunger. Was sollte ich aber hier verzehren? In den Sträuchern zwitscherten Vögel, die für mich zweifellos Nahrung bedeuteten; doch konnte ich sie nicht erreichen. Im Dickicht ließ sich eine Schar ziemlich
    großer Papageien nieder. Sie kreischten aus vollem Halse. Ich ging bis auf einige Schritte an sie heran und warf einen Stein. Natürlich verfehlte ich das Ziel, und die Vögel flogen schreiend dem Walde zu.
    Unbewußt kehrte ich dorthin zurück, wo mich die Wellen an Land geworfen hatten, und schritt am Ufer entlang. Vom Sturm war auch verschiedenes Seegetier in Mitleidenschaft gezogen worden, und auf meinem Wege lagen unzählige Muscheln im Sande, große und kleine. Vielleicht sollte man sie kosten? Einige, die mir nicht giftig schienen, öffnete ich mit Hilfe eines Steines. Ich aß sie. Sie schmeckten mir gut und kräftigten mich ausgezeichnet. Ein seichter Bach, der unweit ins Meer mündete, versorgte mich mit frischem Trinkwasser.
    Hunderte von Muscheln bedeckten den Strand, erleichtert dachte ich, daß meine Nahrung für Wochen hinaus gesichert sei und ich in dieser Wildnis nicht Hungers sterben würde.
    Als ich mich nach den Muscheln bückte, behinderte mich ein länglicher Gegenstand, der sich in meinem linken Hosenbein verfangen hatte. Meine Kleidung bestand nur aus Hemd, Pluderhosen, Strümpfen und Lederschuhen, die bei dem unfreiwilligen Bade schadhaft geworden waren. Während des Sturmes hatte ich Weste und Wams verloren. Jetzt brachte ich aus der Hose jenen Gegenstand ans Tageslicht, der mich behindert hatte. Welche Freude! Mein Messer!
    Mit strahlenden Augen betrachtete ich den blanken Stahl, das virginische Jagdmesser, das in meiner Lage einen unschätzbaren Wert hatte.
    „ Ich habe eine Waffe! Ich kann mich wehren!" wiederholte ich begeistert.
    Die letzten Erlebnisse hatten mich so erschüttert, daß ich leicht zu Rührung und Übertreibung neigte. Das Messer war gewiß ein wichtiger Verbündeter und stärkte meinen Mut. Konnte es mich aber ausreichend vor einem Hinterhalt schützen, der mir auf fremdem Boden drohte, oder vor Gefahren, die die unergründliche Zukunft in sich barg?
    Die untergehende Sonne berührte bereits den Horizont, und es wurde Zeit, an ein Nachtlager zu denken. Die Nacht versprach warm zu werden. Meine Kleider waren längst am
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