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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven
Autoren: Sarah Lark
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allem von Geschehnissen rund um die Zivilbevölkerung nicht unbedingt entgegenkam. Stadtarchive finden sich heute kaum, was sicher nicht nur auf die politischen Verhältnisse zurückzuführen ist, sondern auch darauf, dass viele Aufzeichnungen zum Beispiel bei Naturkatastrophen verloren gingen. So musste ich beimanchen Schilderungen improvisieren, etwa bei der Beschreibung der Stadt Cap-Français. Aus dem 18. Jahrhundert sind keine Stadtpläne und Bilder erhalten – zumindest habe ich sie nicht gefunden. Es gibt auch keine Gebäude mehr aus der fraglichen Zeit.
    Cap-Français, das heutige Cap-Haïtien, wurde durch Erdbeben mehrmals zerstört. So konnte ich nicht herausfinden, auf welchem Platz genau Macandal verbrannt worden ist, wo die Gendarmerie lag und wie der Gouverneurspalast baulich gestaltet war. Das griechisch anmutende Relief über dem Eingang, das Bonnie beschießt, ist zum Beispiel meiner Fantasie entsprungen. Allerdings galt die Stadt zu ihrer Blütezeit tatsächlich als »Paris der Karibik«. Vergleichbare Prunkbauten und ein reges gesellschaftliches Leben hat es also gegeben.
    Victors Haus in Cap-Français wurde dem typischen Stadthaus wohlhabender Einwohner im damaligen Hispaniola nachempfunden. Der Baustil im spanischen und französischen Teil der Insel war sicher vergleichbar.
    Meine Geschichte von der magischen Anziehungskraft zwischen den Halbgeschwistern Deirdre und Jefe wurde übrigens von einer Dokumentation über sich liebende Geschwisterpaare inspiriert. So etwas scheint nicht ungewöhnlich, wenn Bruder und Schwester unabhängig voneinander aufwachsen und einander als Erwachsene nicht als Geschwister vorgestellt werden. Treten sie sich ohne Kenntnis der Verwandtschaftsbeziehung gegenüber, scheinen sie sich signifikant häufiger ineinander zu verlieben als andere Menschen. Anscheinend ziehen sich doch eher Gemeinsamkeiten als Gegensätze an.
    Zuletzt noch ein paar Worte zum Sprachgebrauch in diesem Roman: Wie auch in Die Insel der tausend Quellen habe ich mitunter auf politisch korrekte Ausdrucksweise meiner Figurenzugunsten größerer Authentizität verzichtet. Im 18. Jahrhundert sprach man nun einmal ganz selbstverständlich von »Negern« als Synonym für »Schwarze«. Im französischen Sprachraum wurde beides verwandt, ohne dass damit eine unterschiedliche Wertung verbunden war, wobei man Schwarze natürlich generell für minderwertig hielt. Im Englischen hatte das Wort »Nigger« einen noch abwertenderen Beiklang, aber auch die Sklaven unter sich gebrauchten es – mal aggressiv, wenn es um die Abgrenzung zwischen Hausdienern und Feldarbeitern ging, mal frivol für ihre Sexualpartner. Auf das Wort »Mulatte« konnte ich im Roman ebenfalls nicht verzichten, obwohl der Begriff inzwischen gleichermaßen als diskriminierend empfunden wird. Meines Erachtens hätte es gekünstelt geklungen, ihn aus Gründen der politischen Korrektheit zwanghaft zu umschreiben. Toleranz und Gleichstellungspolitik sind für mich weniger eine Frage von Worten als von Taten. Wenn ich mit meinen Geschichten manchmal ein bisschen zum gegenseitigen Verständnis ethnischer Gruppen beitragen kann, dann freut mich das sehr.
    Pferdefreunde werden sich möglicherweise noch für die Paso Peruanos und Paso Finos auf Hispaniola interessieren, die im Buch eine – wenn auch kleine – Rolle spielen. Pferde, die diesen Rassen angehören oder auf sie zurückgehen, sind heute noch verbreitet in der Dominikanischen Republik, zweifellos gibt es auch reinrassige Exemplare und Mischungen auf Haiti. Angeblich kamen die ersten dieser Pferde schon mit Kolumbus auf die Insel, inzwischen wurden für seriöse Zuchten aber auch weitere importiert. Die Besonderheit der Rasse ist der Paso Llano oder Paso Fino, eine Viertaktgangart, die dem Passtölt entspricht – auf Französisch nennt man ihn auch Amble, auf Englisch Saddle Gait. Da stets mindestens ein Pferdebein auf dem Boden bleibt, wird der Reiter nicht wie beim Trab geworfen, sondern sanft geschaukelt, die Bewegungen des Pferdes sind fast erschütterungsfrei. Der Galopp des Pasos ist eher hoch als schnell. Beide Rassen, sowohl Paso Peruano als auch Paso Fino, werden in vielen europäischen Ländern, vor allem in Deutschland, der Schweiz und Italien, gezüchtet.
    In der Dominikanischen Republik findet man die kleinen, freundlichen Gangpferde heute in jedem Touristenreitstall, auch angeschlossen an All-inclusive-Ferienanlagen. Nicht immer entspricht der Futter- und Pflegezustand
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