Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
den Kopf. »Ist er verhaftet?«
    Der Ältere der beiden verneinte, und Deirdre schenkte ihm ein schwaches Lächeln. Sie schien es sich nur mühsam abringen zu können.
    »In dem Fall meinen herzlichsten Dank, Messieurs, dass Sie ihm das Schlimmste noch mal erspart haben … Die Schande … nicht auszudenken, wir verkehren in höchsten Kreisen …« Sie schien sich zu beruhigen, aber dann wurde ihre Stimme wieder schrill. »Da siehst du’s!«, wandte sie sich erneut an Victor, »du bist noch mal davongekommen! Auf Knien danken solltest du den Gendarmen! Aber wenn das noch mal vorkommt … ich warne dich!«
    Die Gendarmen sahen einander feixend an, während Deirdre weiterzeterte. Sie schien nicht damit aufhören zu können, ihren Mann zu beschimpfen. Die Blicke, mit denen die Gendarmen Victor schließlich bedachten, waren fast mitleidig. Und dann machten sie auch Anstalten, sich zu verabschieden.
    »Nichts für ungut, Doktor. Tut uns leid, dass wir Sie da ineine … hm … heikle Situation gebracht haben … Aber wir mussten jedem Verdacht nachgehen.«
    Victor nickte unterwürfig, während sich der Gendarm Deirdre zuwandte und ihren Sermon damit unterbrach. »Wir haben zu danken, Madame, wir sind froh, dass sich die Sache so … harmlos erklären lässt. Sie wissen, dass heute ein gefährlicher Rebell entflohen ist, er ist zweifellos verletzt, könnte also einen Arzt gebraucht haben. Und Ihr Mann hielt sich auffällig bedeckt, als wir ihn nach seinem letzten Patienten …«, er grinste anzüglich, »… befragten. Er schämt sich immerhin noch. Also seien Sie nicht zu streng.«
    Der Gendarm tippte an seine Mütze und wandte sich zum Gehen. »Bildschön, die Madame, aber eine Furie«, flüsterte er seinem Partner zu.
    Der andere zwinkerte. »Die Schwarze ist wahrscheinlich sanft und unterwürfig …«
    Victor floh ins Haus, während Deirdre ihr Geschimpfe unbeeindruckt wieder aufnahm, bis sich die Tür hinter den Gendarmen geschlossen hatte. Dann schwieg sie, sah Victor an – und brach in hysterisches Gelächter aus. Victor konnte nicht anders, er lachte mit, und als Deirdres Lachen in Weinen überging, nahm er sie in die Arme.
    »Du … du solltest mir das vorwerfen«, schluchzte sie, »das mit dem Betrug und dem Rumtreiben, und … Ich bin die Hure, ich …«
    Victor streichelte beruhigend über ihren Rücken. »Du hast mir eben die Haut gerettet«, sagte er sanft und führte sie in die Sicherheit ihrer Räume. »Wenn sie mich der Beihilfe zur Flucht beschuldigt hätten, der Unterstützung einer Sklavenrevolte … bei einem Mann wie Macandal … Er ist übrigens tot.«
    Deirdre schluchzte noch einmal auf, als trauere sie um den Aufständischen. »Und die … anderen?« Was war mit Caesar? Sie sprach den Namen nicht aus.
    »Die sind auf dem Weg in die Berge«, erwiderte Victor und schluckte, bevor er ihre unausgesprochene Frage beantwortete. »Caesar ist wohlauf und … es sieht ganz so aus, als werde er zum Nachfolger des Geistes.« Er seufzte.
    Deirdre öffnete die Tür zu ihrem Wohnzimmer und trat zu dem Wandschrank, in dem sie ihre Alkoholvorräte aufbewahrten.
    »Es … hätte eine gewisse Tradition …«, murmelte sie dann. »Wir müssen reden, Victor, es gibt noch mehr, das du wissen musst. Du hattest Recht, es … es ist nicht gut, wenn ich es für mich behalte. Auch wenn es vielleicht wehtut. Aber ich will keine Geheimnisse mehr haben vor … vor dem Mann, den ich liebe.«
    Während die Nacht langsam der Morgendämmerung wich, berichtete Deirdre von Jefe. Von ihrer Verbundenheit als Kinder und der unerklärlich starken Anziehung, die sie als Erwachsene spontan füreinander empfunden hatten. Schließlich lag ihr Kopf an Victors Schulter, und sie weinte schon wieder, als sie von Jefes Rückkehr zu den Piraten erzählte.
    »Du hattest Recht, ich war am Boden zerstört. Es kam so plötzlich. Und ohne Abschied. Ich wusste doch nicht …«
    »Aber du wolltest nicht mit ihm fortgehen?«, fragte Victor. »Er hatte dich doch gefragt …«
    Deirdre schüttelte den Kopf. »Ich wollte nie gehen«, sagte sie und schaffte es endlich wieder, Victor in die Augen zu sehen. »Ich konnte mir nie vorstellen, wirklich mit Jefe zu leben. Wenn … du mich jetzt nicht mehr willst, wenn du mich wegschickst, dann gehe ich zurück zu meinen Eltern, zurück nach Jamaika …«
    Victor blickte in ihr vom Weinen gerötetes, aber dennoch schönes Gesicht. Was immer sie getan hatte, er liebte sie.
    »Warum sollte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher