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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven
Autoren: Sarah Lark
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angesehen, wie Sima schon sagt. Ich …«
    Bonnie lachte spöttisch. »Und was wäre ich?«, fragte sie neugierig. »Deine zweite Frau?«
    Jefe musterte sie kurz. Er hatte sie nie attraktiv gefunden, doch jetzt sah sie eigentlich recht hübsch aus. Sie trug ein altes Spitzennachthemd von Deirdre und bunte Kreolen in den Ohren, die ihr Gesicht weicher und fraulicher wirken ließen. Bonnie war nicht mehr mager, ihre Brüste zeichneten sich unter dem Nachthemd ab, und ihr Haar fiel in dicken Locken über ihre Schultern. Wenn es zum Frieden zwischen den Frauen beitrug und den leidigen Streit um dieses Kind beendete … An ihm sollte es nicht liegen. Und bei Simas Stamm war es ohnehin Sitte, mehrere Frauen zu besitzen … Er vergaß, dass er das vor nicht allzu langer Zeit noch schockierend gefunden hatte.
    »Wenn du das möchtest, Bonnie«, sagte er mit seiner sanftesten Stimme. »Ich weiß ja, du hast es dir immer gewünscht.«
    »Und ich?« Leon richtete sich auf. Er war nackt unter der Decke, und er hatte Hemmungen, aufzuspringen und sich den Eindringlingen entgegenzustellen, weil er Namelok nicht wecken wollte. »Sie versprochen, mich heiraten …«
    Er hielt inne. Anscheinend waren an diesem Tag schon viele Versprechungen gemacht und gebrochen worden. Aber Bonnie winkte sowieso bereits ab. Sie ignorierte auch die Arme, die Jefe ihr entgegenstreckte.
    »Es wird wirklich ganz genauso werden wie in Nanny Town, nicht wahr?«, höhnte sie. »Genau wie bei deinem Vater. Eine Hauptfrau, dazu ein paar Sklavinnen als Zweitfrauen … Würde ich die erste oder zweite Frau sein, Jefe? Oder die dritte? Vielleicht holst du dir ja auch noch Deirdre?«
    Simaloi biss sich auf die Lippen. Sie wollte ihre Hütte eigentlich nicht mit der Frau teilen, die Ansprüche auf ihr Kind erhob, und erst recht nicht mit dieser Deirdre, von der auch damals in der Küche auf der Plantage die Rede gewesen war. Dennoch fühlte sie sich verpflichtet, Jefe zu verteidigen.
    »Und?«, fragte sie bissig. »Was falsch daran? Massai so leben seit undenkliche Zeiten. Mir nichts ausmachen, wenn du Zweitfrau oder ich Zweitfrau. Kannst dich kümmern auch um Kinder. Große Krieger immer haben mehr als ein Frauen …«
    Bonnie lachte bitter. »O ja, sicher, es wird bestimmt schön. Wie im alten Afrika. Wie sagt man? Idyllisch?« Sichtlich stolz auf dieses Wort blitzte sie Jefe und Simaloi an. »Wahrscheinlich hat er dir viel davon erzählt … wie heißt du? Sima?«
    »Simaloi!«, stellte die Massai-Frau sich würdevoll vor.
    Bonnie sprach weiter. »Genau wie Jefe mir viel erzählt hat. Stundenlang, von den Festen in Nanny Town, von den Wundertaten von Granny Nanny, von der Musik der Ashanti und wie das Horn die Männer zum Kampf rief. Von der Uneinnehmbarkeit des Ortes, der Tapferkeit der Maroons … Ich weiß alles noch, Jefe. Es waren wunderschöne Märchen.«
    »Es waren keine Märchen!«, rief Jefe.
    Bonnie stieß scharf die Luft aus. »Nein«, rief sie dann und blitzte Jefe an. »Denn Märchen enden glücklich. Und hast du deiner … Simaloi … auch mal erzählt, wie Akwasi endete? Der große Krieger, Sima, starb in einem Zuckerrohrfeld, erschossen wie ein Hund, als er zum dritten Mal versuchte, von einer Plantage zu flüchten. Vorher hatten sie ihm dafür schon den Rücken blutig gepeitscht, aber er gab immer noch nicht auf. Und er dachte auch keinen Augenblick lang an seine Frau, die er niemals sehen durfte, und seinen Sohn, dem er nichts zu geben hatte außer Märchen …«
    »So ist es im Krieg!«, rief Jefe. »Auch Akwasi hat Krieg geführt, auf seine Weise.«
    »Da hörst du, was dich erwartet!« Bonnie sah weiter Simaloi an. »Caesar wird der neue Rebellenführer, er wird seinen Krieg führen. Und wenn es dem Gouverneur endgültig zu viel wird, kommt der Krieg auch zu euch in euer Lager. Dann endest du wieder als Sklavin, Sima. Und Namelok mit dir.«
    »Ich auch werden kämpfen!«, rief Simaloi aufgebracht. »Ich auch töten Weiße. Ich Weiße hassen! Wir siegen! Wir Herren von Saint-Domingue!«
    »Und Namelok zerrt ihr mit?«, fragte Bonnie scharf, »in euren Krieg? Von einem Versteck zum anderen? Von einer Plantage zur anderen, um Kämpfer zu rekrutieren? Immer in der Gefahr, entdeckt und getötet zu werden? Das lasse ich nicht zu! Ich gebe sie euch nicht!«
    »Aber ich sie will!«, schrie Simaloi. »Nehmen Kind weg, Caesar! Ist meins, ist Massai!«
    Jefe biss sich auf die Lippen. Erneut stand er hilflos zwischen den Frauen. Dabei
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