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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven
Autoren: Sarah Lark
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entsprechend wiedergegeben.
    Dabei war es aber nicht immer einfach, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Es gibt mannigfaltige Legenden um den charismatischen Aufständischen. Oft widersprachen sich die Quellen, was die Einzelheiten betrifft, vor allem gegen Ende seines Lebens. In Bezug auf Macandals Ergreifung gibt es zum Beispiel zwei sehr unterschiedliche Versionen. Eine davon besagt, dass er bei einem Gelage auf der Plantage der Dufresnes – diese Familie wird in den Quellen genannt und hat meinen fiktiven Dufresnes den Namen gegeben, ohne sonst etwas mit ihnen zu tun zu haben – gefasst wurde. Er wurde von einem jungen Schwarzen verraten und infolge seiner Trunkenheit ohne nennenswerten Widerstand ergriffen, kurze Zeit, bevor er den schon in allen Einzelheiten geplanten, entscheidenden Schlag gegen die Weißen der Kolonie führen konnte. In der zweiten Version verriet ihn eine Sklavin namens Assam unter der Folter.
    Die erste Geschichte wäre natürlich weit weniger rühmlich, erscheint mir allerdings glaubwürdiger. Macandal war ein begnadeter Stratege und Redner, scheint jedoch auch selbstgefällig und selbstverliebt gewesen zu sein. Sein Umgang mit Frauen und sein Verlangen nach Anbetung und Verehrung sind vielfältig belegt. Besonders in den letzten Jahren seines Lebens betrachtete er sich offenbar selbst als gottgesandt und unsterblich. Dennoch mögen die Ereignisse um Assam einen wahren Kern haben, es gibt dazu Aussagen von Jesuiten, die recht glaubwürdig klingen. Ich wollte die junge Frau nicht unerwähnt lassen, habe sie aber einige Jahre früher in meine Geschichte eingebaut. Tatsächlich starb sie wohl im gleichen Jahr, in dem Macandals Siegeszug endete.
    Sich stark widersprechende Aussagen gibt es auch zu Macandals Tod. Viele Legenden besagen, dass er sich tatsächlich auf dem Scheiterhaufen von seinen Fesseln befreite. Ob er dann aber wirklich fliehen konnte oder direkt wieder eingefangen wurde und in den Flammen starb, ob er davonkam oder später an den Folgen seiner Verletzungen starb wie in meiner Geschichte, lässt sich heute nicht mehr verifizieren. Eine Überlieferung besagt gar, dass er sich in ein Insekt verwandelte und davonschwebte. Er selbst hatte einst prophezeit, als Moskito beziehungsweise Moskitoschwarm wiedergeboren zu werden, und eine Gelbfieberepidemie infolge der Mückenplage 1794 ist auf jeden Fall belegt. Sie soll maßgeblich zum Erfolg der schwarzen Aufständischen beigetragen haben.
    Natürlich habe ich zu allem, was in diesem Buch über Sklavenhaltung in Saint-Domingue und Jamaika gesagt wird, ausgiebige Recherchen angestellt. Der Code Noir zum Beispiel bestimmte tatsächlich das Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß in den französischen Kolonien, und auch die unterschiedlichen Sichtweisen von Protestanten und Katholiken auf die Seelen ihrer Sklaven sind belegt. Ich fand das sehr interessant. Unter diesem Aspekt hatte ich Unterschiede zwischen den beiden großen Konfessionen nie zuvor betrachtet.
    Noch mehr überrascht haben mich allerdings die Ergebnisse meiner Nachforschungen über das Leben auf Piratenschiffen. Frühdemokratische Strukturen hätte ich bei den Mannschaften von Blackbeard und anderen berüchtigten Piraten ganz sicher nicht vermutet. Es stimmt aber tatsächlich, dass die Freibeuter die Ämter auf ihren Schiffen per Wahl besetzten, dass es eine Art Pensions- und Schmerzensgeldregelung gab, wenn jemand verwundet wurde, und dass große Toleranz gegenüber Vertretern verschiedener Rassen, Nationalitäten und Religionen herrschte. Der Verhaltenskodex der Mermaid entspricht Dokumenten von Schiffen, die tatsächlich existierten. Auch Bonnies verstecktes Leben unter Männern und die dazu benötigten Strategien musste ich mir nicht ausdenken. Bobbies historisches Vorbild war ein junger Pirat namens Billy Bridle, der zwei Jahre lang auf einem Piratenschiff als Schiffsjunge mitfuhr. Dann stürzte er von einem Mast zu Tode – und entpuppte sich als Frau. Billys wirklicher Name war Rachel Young.
    Schauplatz dieses Romans ist die Karibikinsel Hispaniola, auf der sich heute die Staaten Haiti und die Dominikanische Republik befinden. Im Wesentlichen geht Haiti auf die französische Kolonie Saint-Domingue zurück und die Dominikanische Republik auf die spanische Kolonie Santo Domingo. Große Teile des Buches spielen also im heutigen Haiti, das machte meine Recherchen schwierig. Haiti hat eine äußerst bewegte und gewaltgeprägte Geschichte, was der Archivierung vor
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