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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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schmalgliedriger Mann mit dunklen Haaren, einer mächtigen Hakennase und sehr lebendigen Augen kam herein und begrüßte Horst Heilig mit wortreicher Herzlichkeit – der Professor. Seine Bewegungen waren so energisch, daß man erst aus der Nähe sein Alter bemerkte; er mochte Mitte Fünfzig sein. Horst Heilig stellte mich vor.
    »So«, sagte der Professor lebhaft. »Sie arbeiten mit der GLE? Davon müssen Sie mir gelegentlich erzählen!« Er lächelte. »Sie dürfen das ruhig, ich habe dort im Schreibtisch das Protokoll Ihrer letzten Beratung, meine Gruppe hat nämlich an dem Gerät mitgearbeitet. Aber setzen wir uns doch!«
    Er ließ sich mit uns auf der Sitzbank nieder und begann mich auszufragen nach Herkunft, Studium, Interessen, Familie.
    »Was«, rief er mit komischem Entsetzen, »Ihre Frau ist Büro-Ing.? Da muß Ihnen ja mein Glaskäfig hier entsetzlich altmodisch vorkommen! Aber Sie werden das später auch noch merken – alle wesentlichen Arbeitsgewohnheiten eignet man sich zwischen zwanzig und dreißig an, und später brauchte man, wenn man sie ändern wollte, einen solchen Aufwand an Energie, daß man es lieber läßt, wenn es nicht unumgänglich notwendig ist. Doch bis dahin haben Sie noch viel Zeit, und ich will hier nicht den alten Weisen spielen. Übrigens«, er wandte sich Horst Heilig zu, »ich hab’ meinen Stab mit seiner Kaderliste zum Teufel gejagt. Lauter alte Leute haben sie vorgeschlagen, die Crème der Jenenser Wissenschaft, die meisten längst festgelegt auf ein bestimmtes Gebiet, ich sage als höflicher Mensch nicht: festgefahren, aber schließlich werden auch anderswo noch ein paar Genies gebraucht, nicht bloß bei uns. Wir brauchen wenigstens ein paar junge Leute, die springen können und sich nicht dauernd an der Wand ihrer Erfahrungen entlangtasten. Gleich wird der Stab mit der neuen Liste kommen, wir können das gemeinsam erledigen. Und ehe ich’s vergesse: Ihre Gruppe ist auch komplett, die Sicherheitsorgane haben uns Werner Frettien zur Verfügung gestellt samt Wachleuten und einem kleinen Netz von getarnten Mitarbeitern. Ich glaube, Sie kennen ihn, er sagte jedenfalls so etwas. Er ist schon auf der INSEL.«
    Ich muß sagen, die Art des Professors weckte in mir widersprüchliche Empfindungen. Die saloppe Ausdrucksweise war für mich ungewohnt – so unterhält man sich mit Menschen, mit denen man sehr gut bekannt ist. Andererseits spürte ich aber auch, daß dadurch eine Atmosphäre des Vertrauens entstand, ich hatte das Gefühl, als hätte ich schon jahrelang mit dem Professor zusammengearbeitet. Aber ich selbst, das war mir klar, würde mich dieses Tons wohl nicht so bald ungehemmt bedienen können.
    Horst Heilig schien das nicht so zu empfinden, er kannte den Professor ja auch schon länger, und er fragte einfach: »Ihr Stab, Professor – wer ist denn das? Kenne ich die Leute?«
    »Kaum«, antwortete der Professor, »und natürlich ist das gar kein Stab, ich nenne sie bloß so. Das sind die drei leitenden Mitarbeiter, die schon jetzt in alles eingeweiht sind. Die Einzelteile der Storos haben wir ja als Auftragsarbeiten vergeben, schon in der Projektierung, nur am Zentralrechner haben wir vier mitgearbeitet. Passen Sie auf, ich werde Ihnen die drei kurz charakterisieren, Sie müssen ja mehr wissen, als in den Kaderakten steht. Da hätten wir zunächst Doktor Ilona Krause, Mitte Vierzig, vorgesehen als Chefpädagoge. Ausgezeichnete Mitarbeiterin, hängt mit jeder Faser an dem Projekt, arbeitet mit einer Besessenheit, die – hm, na ja –, also die zum Teil daraus zu erklären ist, daß sie auf anderen Lebensgebieten Pech gehabt hat. Keine Kinder, Mann weggelaufen. Hat deshalb manchmal Schwierigkeiten, mit Frauen zusammenzuarbeiten.« Er wandte sich mir zu. »Erscheint Ihnen unlogisch, was? Sie meinen sicherlich, wenn schon, dann müßte sie die Männer hassen? Gefühle haben Ihre eigenen Gesetze, vergessen Sie das nicht, denn die werden uns auch bei unseren Storos noch manches Kopfzerbrechen machen!«
    Der Professor wandte sich wieder Horst Heilig zu und wollte weitersprechen, aber der unterbrach ihn.
    »Haben die Storos denn Gefühle?«
    »Unsinn. Wenn Shakespeare einen Narren ein altes Weinfaß nennt, dann meint er doch auch nicht, daß der aus Dauben, Reifen und Spunt besteht. Trotzdem gibt es Analogien: Beide sind meist voll Wein – oder auch leer, wenn es um die Herrschaft schlecht bestellt ist –, und beide riechen danach. Und was die Storos betrifft: Die tierischen
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