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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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wieder dem Ofen.
    »Aber …«
Anna wollte gerade protestieren, als sie die kühle Hand des Priesters auf ihrem
Arm spürte. Verwundert drehte sie sich um. Er schüttelte den Kopf und deutete
mit einem kurzen Nicken auf ihre Mutter.
    »Lass
sie nur und bring mich zu deinem Vater, er braucht uns nun dringender.«
    Natürlich
hatte er recht. Anna verdrängte ihre Verwirrung und führte den Geistlichen zum
Krankenlager. Mechthild und der Bader machten ihm Platz und erklärten, wie es
um den Vater stand. Beinahe unauffällig senkte der Bader dabei die Lider, doch
Anna war es nicht entgangen. Sie ahnte, was das hieß. In ihrem Hals bildete
sich ein dicker Kloß, und ihre Sicht begann zu verschwimmen. Auch Claas musste
es gesehen haben, denn er zog scharf die Luft ein und verließ mit finsterer
Miene das Zimmer.
    »Ich
werde ihm jetzt das Sakrament der Letzten Ölung erteilen und bitte euch, mich
mit ihm allein zu lassen.« Damit stellte Arens ein kleines Fläschchen auf den
Nachttisch und breitete das Tuch aus.
    Gemeinsam
verließen sie das Zimmer. Anna sah noch einmal nach ihrer Mutter, die nun mit
der Wäsche hantierte, als wäre nichts geschehen. Bei dem Anblick stiegen ihr
sofort die Tränen in die Augen.
    »Es
tut mir sehr leid, Anna.« Mechthild war neben sie getreten und schlang
mütterlich den Arm um sie.
    »Wird
er …?«
    Sie
nickte. »Ich befürchte das Schlimmste. Ihr müsst jetzt stark sein.«
    Anna
warf einen hilflosen Blick in die Küche. »Was ist mit meiner Mutter los?«
    Die
Kräuterfrau sah an Anna vorbei. »Magda Olde, kann ich etwas für dich tun?«
    Doch
auch das zeigte keinerlei Wirkung bei der Mutter. In der Zwischenzeit begann
der Bader in der Diele, die Wunden von Claas zu versorgen. Als er dessen Arm
bewegen wollte, verzog Claas schmerzhaft das Gesicht und stöhnte auf.
    »Der
Arm ist gebrochen, und ich fürchte, nicht nur einmal. Das wird eine Weile
dauern, ehe du ihn wieder nutzen kannst«, sagte der Bader schließlich, und
Claas’ Blick verdüsterte sich noch weiter.
    Mechthild
schloss leise die Küchentür. »Das mit deiner Mutter habe ich schon einige Male
erlebt. Sie nimmt nicht wahr, was mit deinem Vater passiert. Ich nenne das
tüdelig.«
    Anna
wendete den Blick von Claas ab, verstand nicht, was sie damit sagen wollte.
»Was bedeutet das, ›sie nimmt es nicht wahr‹?«
    »Sie
verschließt sich vor der Wahrheit und flüchtet in eine eigene Welt, in der das
Unglück nicht geschehen ist.«
    »Ich
verstehe nicht. Wird sie lange so sein?«
    »Ich
hoffe, nicht sehr lange. Doch bedenke, wenn sie wieder zu uns zurückfindet,
wird es schlimm für sie sein. Es wäre gut, wenn immer jemand bei ihr ist.«
    Anna
vergrub das Gesicht in ihren Händen und begann hemmungslos zu weinen. Das alles
war viel zu viel für sie, und noch nie hatte sie sich so hilflos und allein
gefühlt. Mechthild strich ihr beruhigend über das Haar.
    »Ich
kann meine Mutter kommen lassen, damit sie euch hilft, und auch nach deiner
Tante schicken«, schlug Claas vor.
    Anna
war gerührt, dass er sich sorgte. »Danke, Claas.«
    Er
nickte ihr zu und verließ das Haus, jedoch nicht ohne zu versichern, dass er
schnell zurückkommen würde. Während sie darauf wartete, zu ihrem Vater gehen zu
können, hörte sie aus der elterlichen Kammer den Priester murmeln und aus der
Küche das Hantieren der Mutter. Die Zeit verstrich. Anna verbrachte sie im
Gebet für ihre Eltern.
    Schließlich
kam Claas zurück. »Der Bote ist unterwegs.« Dann deutete er auf die
Schlafkammertür. »Gibt es schon Neuigkeiten?«
    Stumm
schüttelte sie den Kopf.
    In
diesem Moment öffnete sich die Tür, und sofort sprang Anna auf.
    »Dein
Vater ist jetzt wach und verlangt nach euch.«
    Mit
schnellen Schritten eilte Anna ans Bett ihres geliebten Vaters und ergriff die
Hand, die er ihr zitternd entgegenhielt. Die Luft war jetzt geschwängert von
Weihrauch, und ihr fiel das Atmen schwer. »Vater!« Ihre Augen füllten sich
sofort wieder mit Tränen, als sie sah, wie viel Mühe es ihn kostete, sie
anzulächeln. Sein Auge war zugeschwollen, das Kissen voller Blut und seine Haut
beinahe so bleich wie das Laken.
    »Anna,
wein doch nicht.« Er war schwach, und sie musste genau hinhören, um ihn zu
verstehen.
    »Vater.«
Sie konnte nichts weiter sagen. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und
gleichzeitig wollte sie schreien, doch ihre Stimme gehorchte ihr nicht mehr.
    Unbeholfen
streichelte er ihre Hand. »Ich habe meinen Frieden mit dem Herrn gemacht und
hatte ein
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