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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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Hemeling.« Anna machte einen Knicks und musste sich das
Lachen verkneifen, als ihr Blick dabei auf Hemelings Knie fiel. Sie fand nicht,
dass sie sonderlich schief wirkten, auch wenn sie das unter den Beinlingen kaum
erkennen konnte.
    »Guten
Tag, Anna«, sagte seine Frau, die nicht viel älter war als sie selbst.
    »Wie
geht es deiner Familie?« Der Ratsherr lächelte ebenfalls freundlich. Anna
mochte die beiden, stets hörte sie von ihrem Vater nur, dass Hemeling ein
heller Kopf und einer von den Menschen war, die das Wohl der Stadt vertraten
und nicht ihren Geldbeutel. Wenn man sich jedoch die goldenen Ringe und Ketten
seiner Gemahlin ansah, konnte man auf andere Gedanken kommen. Anna wollte sich
aber darüber kein Urteil erlauben, sie hatte gehört, dass die junge Frau
Hemeling ein Kind reicher Eltern war und die Mitgift mehr als groß gewesen sein
sollte.
    »Sehr
gut, vielen Dank.«
    Seine
Locken waren mit Sicherheit die, die auch die Figur ihres Vaters zieren würden,
und für sein Alter hatte der Ratsherr einen hübschen Mund. Einen Moment
überlegte sie, ob sie nach der Statue fragen sollte, doch sie würde damit
bestimmt den Ärger ihres Vaters heraufbeschwören, und so hielt sie lieber ihre
Zunge im Zaum.
    »Dein
Vater und Claas sind beschäftigt, nehme ich an?«
    »Ja,
Herr Hemeling. Sie arbeiten fleißig und unermüdlich.«
    »Gut,
das ist sehr gut.« Er nickte zufrieden.
    Vor
ungefähr einem Jahr war ihr Vater zum Ratsherrn bestellt worden. An jenem Abend
kam er gut gelaunt nach Hause und ließ sie feierlich schwören, keiner Menschenseele
von diesem Treffen zu erzählen. Dann berichtete er voller Stolz und mit
leuchtenden Augen, dass er einen Auftrag zu erfüllen hatte, der sie alle reich
machen würde. Sogar sein Name würde damit in die Geschichte eingehen. Der
einzige Pferdefuß war, dass niemand davon erfahren dürfe. Bald darauf bestellte
er riesige Blöcke Elmstein, und da diese sehr teuer waren, musste es in der Tat
etwas Großes werden. Bei dem anschließenden Transport nach Bremen hatten ihr
Vater und Claas alles selbst beaufsichtigt. Wie Diebe brachten sie die Steine
nachts vom Hafen in die Werkstatt. Seitdem formten sie unermüdlich daran, und
nur am Sonntag, dem Tag des Herrn, ruhten die Klöppel und Knüpfel.
    »Richte
bitte der Familie einen Gruß von uns aus.«
    »Sehr
gern.« Erneut machte Anna einen Knicks, und die beiden verschwanden zwischen
den Ständen des Markts. Anna beeilte sich, die Waren für ihre Mutter zu
besorgen.
    ***
    Ihre
Mutter hatte die eigene Arbeit kurz unterbrochen und beobachtete, wie Anna seit
geraumer Zeit versuchte, aus der Masse einen Brotteig zu formen. »Wenn er
wieder zu fest ist, gib noch etwas Wasser dazu.«
    Ärgerlich
wischte Anna sich die Haare aus den Augen. »Das habe ich doch schon dreimal.«
    »Dann
tust du es eben noch einmal.« Gutmütig lächelte sie ihr zu.
    Anna
verzog das Gesicht, gab etwas Wasser hinzu und begann, den Teig erneut
durchzukneten.
    »Du
hättest besser ein Tuch aufgesetzt, dann würden deine Haare dich nicht immer
stören und du sähest nicht aus, als wärst du einem Mehlfass entstiegen.« Magda
Olde widmete sich lachend wieder der Wäsche, die kochend über der Feuerstelle
hing.
    »Ja.«
Anna seufzte demonstrativ, dann drückte und mischte sie das Wasser unter die
Masse, und tatsächlich, mit jedem Wenden ging es leichter. Zu ihrer
Enttäuschung wurde der Teig jedoch immer dünner und begann schließlich von
Neuem, an ihren Händen zu kleben. Nur mit Mühe konnte sie das Verlangen
unterdrücken, ihn einfach in die Ecke zu werfen.
    »Pest
und Pickel!«
    »Anna!«
Ihre Mutter bekreuzigte sich und fuhr böse funkelnd herum. »Du sollst nicht
fluchen!«
    »Verzeih,
aber sieh doch, nun ist er wieder zu weich.« Schmollend schob Anna die
Unterlippe vor. Sie hasste es zu backen. All die Jahre hatte ihr Vater sie
davor bewahrt und stattdessen mit in die Werkstatt genommen, wo sie das
Bildhauen lernen konnte. Aber seit er mit dieser geheimen Arbeit angefangen
hatte, gab er ihrer Mutter recht, die seit Langem predigte, dass Anna endlich
kochen, backen und nähen lernen sollte. Anfangs hatte sich Anna gegen diese
Wendung aufgelehnt, sich nach einem Machtwort ihres Vaters jedoch gefügt.
Widerwillig lernte sie seither, mit Nadel und Faden umzugehen, die Wäsche
richtig zu behandeln und das Kochen, mit dem sie am meisten haderte. Wenn ihr
allerdings unter der Anleitung ihrer Mutter etwas gelang, so wie gestern die
Pastete, war sie insgeheim
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