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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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Herr.«
    »Wolfswurz, wie ich verlangt habe?«
    »Ja, Herr.«
    Ungehalten stieß der Mann die Luft durch die Nase. »Dann lass mich nicht länger warten. Gib es mir auf der Stelle, oder ich reite davon und töte das Kind!«
    Sie sah aus dem Fenster und sehnte ihren Neffen Laurenz herbei, der sich immer um sie kümmerte. Er würde mit dem Mann fertig werden, immerhin war er Büttel. Aber Laurenz kam nicht, der Pfad lag verlassen da. Jetzt bereute sie, dass sie ihn nicht eingeweiht hatte. Hätte sie es doch nur getan.
    Sie zögerte einen Moment, ehe sie antwortete: »Wann bringt Ihr mir das Kind, wenn ich Euch das Gift jetzt gebe?«
    »Morgen.«
    Marie wollte seine Augen sehen, wollte erkennen, ob er die Wahrheit sprach, und sah auf.
    »Dummes Weib«, sagte er, erhob sich blitzschnell und schlug auf sie ein. Er traf sie am Hals, und ihr blieb die Luft weg.
    Taumelnd versuchte sie zu atmen. »Bitte«, stieß sie hervor. »Ich tue alles.«
    »Zu spät.« Damit traf sie ein weiterer Schlag. Dieses Mal in den Unterleib. Sie stöhnte auf, krümmte sich und sackte zusammen. Es fühlte sich an, als wäre ein Stein auf sie gestürzt.
    »Warum musstest du darauf bestehen zu sehen, wer ich bin …« Er traf ihren Kopf. Marie riss ihre Arme vor das Gesicht. Dann erwischte er ihre Brust. Sie hörte das entsetzliche Knacken, als eine ihrer Rippen brach. Gleichzeitig formte sich in ihrem Geist ein Gesicht zur Stimme des Mannes.
    »Warum … hast …« Ein Tritt streifte ihre Hüfte. Marie wusste, dass er sie nicht am Leben lassen würde, egal, was sie tat oder sagte. Sie dachte an ihren Neffen, ihre Mutter und ihre Ziehtochter. »… du es mir nicht gleich gegeben!«
    Ihr ganzer Körper schmerzte und brannte. Ihr wurde speiübel, und sie übergab sich zu seinen Füßen. Der Mann machte einen Satz zur Seite und fluchte. Marie war alles egal. Mit letzter Kraft sah sie auf. Sie musste sehen, ob sie recht hatte. Seine Kapuze war nach hinten gerutscht. Sie hatte sich nicht getäuscht.
    »Ihr?«
    Er trat erneut zu, zückte einen Dolch und stach auf sie ein. Dann verlor sie die Besinnung.
    Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, beugte sich Lena mit schreckensbleicher Miene über sie. »Was ist geschehen? Wo ist mein Kind?«, fragte sie.

Kapitel 1 – Vier Jahre zuvor
    Lena zitterte, doch nicht die Kälte ließ sie frieren, sondern der Streit ihrer Eltern, den sie seit einer Weile mitanhörte. Sie hatte mit den Armen ihre Knie fest umschlungen, lauschte in der Dunkelheit dem immer heftiger werdenden Wortgefecht. Mehrfach war ihr Name gefallen, und das verhieß nichts Gutes. Ihre Brüder schliefen und bekamen nichts davon mit. Immer wieder fragte Lena sich, ob sie etwas angestellt hatte, das den Stiefvater erzürnt haben könnte, aber ihr fiel nichts ein.
    »… sie ist doch noch ein Kind«, hörte sie die flehende Stimme ihrer Mutter gedämpft durch die Holzwand.
    Ihr Stiefvater wurde indessen lauter: »Das ist sie nicht mehr. Es wird schwer genug sein, unsere Söhne immer satt zu bekommen. Außerdem wird sie es dort warm haben, und genug zu essen bekommt sie auch. Das ist mehr, als wir ihr bieten können. Du solltest dankbar sein.«
    Lena ging noch einmal den Tag durch, überlegte fieberhaft, ob sie etwas versäumt hatte. Die Wäsche hatte sie gewaschen, die Hühner gefüttert und die Eier eingesammelt, ohne eins zu zerbrechen. Bei der Ziege hatte sie einen Moment den Milcheimer stehen lassen, um ihre streitenden Brüder zu trennen, aber die Milch dann unversehrt aus dem Stall geholt. Sie hatte den Boden zwischen den Ackerpflanzen aufgelockert, bei den Küchenkräutern das Unkraut gezupft und mit ihrer Mutter die Laken zusammengelegt. Holz war noch genug im Korb neben der Feuerstelle gewesen, darum hatte sie kein neues hereinholen müssen. Lena war sicher, sie hatte nichts vergessen. Was also hatte seinen Unmut heraufbeschworen?
    »Wir können es auch mit ihr schaffen, das haben wir doch immer. Sie ist grade erst vierzehn geworden!« Obwohl ihre Mutter leise sprach, überschlug sich ihre Stimme. Mit zitternden Fingern nahm Lena ihre Decke und zog sie bis ans Kinn hoch, so als könne sie sich vor dem, was kommen würde, schützen.
    »Weib! Sie ist alt genug.«
    »Bitte –« Ein Klatschen ertönte, und die Stimme ihrer Mutter verstummte. Lena zuckte zusammen.
    »Jetzt ist es aber genug! Ich bringe sie heute noch weg.«
    Unter Tränen verschwamm Lenas Sicht. Er würde sie fortbringen, fort von der Familie, doch wohin und warum
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