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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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voraus. Lena folgte ihm durch das Tor und über eine Treppe nach oben in das Haus.
    Gleich hinter dem Eingang saß ein älterer Mann an einem Tisch und blickte ihnen neugierig entgegen. Er hatte eine große Holzschatulle vor sich stehen. Seine Hände ruhten darauf, ganz als würde er sie mit aller Macht verteidigen wollen. Lena machte einen Knicks, was dem Mann ein Grinsen entlockte, während er nickte. Von überall waren gedämpftes Kichern, leise Unterhaltungen und sogar Kinderstimmen zu vernehmen. Als Lena sich in der geräumigen Diele umsah, war sie sprachlos. Viel mehr Talglichter als nötig erhellten den Raum, und sie fragte sich, warum man nicht einfach die Läden öffnete, um Licht hereinzulassen, aber es war nicht ihre Angelegenheit.
    Die Dielenbretter waren mit Stroh ausgelegt, und es roch nach Lavendel und schwerem Rosenwasser. Mehrere richtig gepolsterte Stühle standen um kleine Tische herum, auf jedem waren ein Krug und einige Becher verteilt. An den Wänden hingen rote Tücher und Wandteppiche mit Szenen nackter Frauen und Männer, bei deren Anblick sich Lenas Wangen erhitzten. Hastig wandte sie den Blick ab.
    Es gab verschlossene Türen, und eine Treppe führte hinauf in ein weiteres Stockwerk. Kora jedoch ging zielstrebig auf eine Treppe im hinteren Teil zu, die nach unten führte. Lena wollte ihr schon folgen, blieb jedoch mit offenem Mund stehen, als ihr eine andere junge Frau aus einer der Kammern entgegenkam. Ihre Augen standen sehr weit auseinander und waren stark bemalt. Das Schlimmste aber war, dass sie nur ein Laken um den Körper geschlungen hatte und ein Mann mit freiem Oberkörper und Bruche ihr lachend folgte. Beide hatten einen irdenen Krug in der Hand, gerötete Wangen und wirkten betrunken. Als sie an Lena vorbeikamen, maß der Mann sie mit keckem Blick.
    »Sieht so aus, als bekämt ihr eine Jungfrau ins Haus.«
    »Das soll dich jetzt nicht kümmern, mein Wilder«, hauchte das Mädchen mit einem ungehaltenen Blick auf Lena und zog ihren Begleiter ungeduldig weiter.
    Mit gesenktem Kopf und beschämt ob so viel seltsamen Treibens folgte Lena Kora die ausgetretenen Stufen hinunter. Was war das hier? Wo hatte ihr Stiefvater sie hingebracht? Fast schien es ihr wie etwas, von dem ihr Priester zu Hause immer sprach: Sodom und Gomorrha. Sie war erschüttert. Ihrer anfänglichen Aufgeregtheit folgten jetzt bleierne Ernüchterung und Angst.
    Unten angekommen, ging es einen Flur entlang, an dessen Ende ihr Stiefvater vor einer Tür auf sie wartete. Kora verschwand ohne ein weiteres Wort wieder nach oben.
    »Geh hinein.« Ihr Stiefvater hielt Lena die Tür auf, worauf sie zögernd den dahinterliegenden Raum betrat. Er folgte ihr.
    Die Tür fiel hinter ihr zu, und Lena fröstelte innerlich, obwohl es zusätzlich zu der heutigen Hitze eine brennende Feuerstelle gab. Im Raum herrschte dämmriges Licht, die Fenster waren mit Tüchern verhangen, und sie konnte das Gesicht der Frau, die auf einem Stuhl gegenüber der Tür saß, erst erkennen, als sie etwas näher trat. Der Raum wurde, ganz im Gegensatz zum Eingang oben, nur spärlich von zwei Talglichtern erhellt. Auf dem Boden lag ein Hirschfell, der Kopf dazu hing an der Wand und starrte schauerlich auf sie herunter. Ein weiterer Vorhang teilte die Kammer offenbar.
    »Das ist Lena.« Ihr Stiefvater legte ihr die Hand auf die Schulter. »Lena, das ist Frau Margarete.«
    Lena machte einen Knicks, und die Augen der Frau flackerten ebenso amüsiert auf wie die des Mannes vorhin im Eingang.
    »Zieh deinen Mantel aus und dreh dich einmal herum«, sagte sie freundlich, aber ihre Stimme klang rau, fast wie die eines Mannes. Lena sah zu ihrem Stiefvater, der seinen Druck auf ihre Schulter kurz verstärkte.
    Folgsam legte Lena den Mantel ab und drehte sich im Kreis. Dabei sah sie an einer Wand eine Zeichnung hängen, welche die Frau auf dem Stuhl zeigte. Das Bild strahlte Traurigkeit aus, fand sie.
    »Sie ist zu dünn. Die Knie sind spitz, und die Schulterknochen schauen heraus. Es kommt mich teuer zu stehen, sie erst einmal ordentlich zu füttern, damit sie ein paar Rundungen bekommt. Was hast du ihr zu essen gegeben, Knochen zum Abnagen?«
    »Aber nein«, protestierte ihr Stiefvater rasch, es klang beinahe unterwürfig. So hatte sie ihn bisher nur erlebt, wenn der Vogt die Abgaben eintrieb.
    »Sie hat mehr gegessen, als ich heranschaffen konnte, aber in letzter Zeit einen kräftigen Schuss in die Höhe gemacht. Darum sieht sie so dürr aus.«
    Lena hörte
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