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Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman

Titel: Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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schämte.
    Frau Margarete füllte zwei Becher voll Wein, schob einen über den kleinen polierten Tisch herüber und setzte sich mit einem milden Lächeln. »Trink, es hilft gegen die Angst und das Zittern.«
    Dieser Frau entging offenbar nichts. Lena fühlte sich ertappt und nickte. Widerwillig gab sie die Deckung für ihre Hand auf, griff nach dem Becher und nahm einen kleinen Schluck. Der Wein schmeckte süß und war nicht so dünn wie der zu Hause. Sie nahm einen weiteren Schluck und stellte den Becher wieder hin.
    Frau Margarete nahm eine kleine silberne Glocke vom Tisch und läutete. Bevor sie die Glocke wieder abgestellt hatte, ging die Tür bereits auf und eine dick beleibte Frau betrat den Raum. Sie war vermutlich so alt wie Lenas Mutter, hatte rote Wangen und ein freundliches Gesicht. Rote Haare lugten unter ihrer Haube hervor, und die Stirn glänzte verschwitzt.
    »Dorothea, ist schon etwas vom Mittagsmahl fertig?«
    »So gut wie alles«, erwiderte die Angesprochene.
    »Dann sei so gut und bring Lena von deinen Leckereien. Spare nicht, sie ist sicher halb verhungert.«
    »Lena.« Dorothea lächelte ihr zu. »Ich hoffe, du hast einen gesunden Appetit.«
    Lena wollte protestieren, weil sie glaubte, nichts herunterzubekommen, der Höflichkeit halber nickte sie jedoch.
    Nachdem Dorothea wieder gegangen war, lehnte sich Frau Margarete zurück. »Weißt du, wo du hier bist?«
    »Nein«, antwortete Lena wahrheitsgemäß, worauf die Frau einen ungehaltenen Laut ausstieß.
    »Das dachte ich mir. Dazu, euch die Wahrheit zu sagen, sind eure Väter nie Manns genug.« Sie seufzte.
    »Er ist nicht mein richtiger Vater«, warf Lena ein.
    »Das ändert nichts. Es ist wohl an mir, es dir zu erklären. Dieses Haus hier ist ein Töchterhaus. Die Mädchen, die hier arbeiten, sind Hübschlerinnen. Böse Zungen nennen uns allerdings anders. Neben Näharbeiten, Spinnen und Sticken, womit wir einen Teil unseres Auskommens bestreiten, dienen wir Männern auf eine ganz besondere Weise.«
    Lena nickte – jemanden zu bedienen sollte kein Problem sein, schließlich hatte sie das zu Hause unentwegt getan. Ihre Brüder brauchten nie zu helfen, wenn es um den Haushalt ging. Lena kochte mit ihrer Mutter, manchmal sogar allein, deckte auf, deckte ab und spülte das Geschirr, kümmerte sich mitunter auch ums Brennholz und um die Feuerstelle. Allmählich hörte das Zittern in ihren Händen auf, und sie beruhigte sich. So schlimm klang das alles gar nicht.
    Als hätte Frau Margarete ihre Gedanken gelesen, lächelte sie und schüttelte den Kopf. »Nicht diese Dienste, Lena. Doch dazu gleich. Das oberste Gebot bei uns ist die Reinlichkeit. Hier wird täglich gebadet und sich gewaschen, nachdem ein Mann bei euch gelegen hat.«
    »Täglich?«, fragte Lena verblüfft. Zu Hause wurde einmal die Woche gebadet, und das auch nicht immer, je nachdem wie schmutzig man war oder wie die Witterung mitspielte – und wieso sollte ein Mann bei ihr liegen?
    Lena hoffte, dass es nicht das war, was sie befürchtete. Die Mädchen zu Hause erzählten immer gern unheimliche Geschichten, und Beiliegen bedeutete darin eigentlich, Kinder zu zeugen. Lena wurde erneut angst und bange, und sie musste sich zwingen, weiter zuzuhören und nicht aufzuspringen und wegzulaufen.
    Frau Margarete fuhr fort. »Die Männer zahlen dafür, dass sie euch beiliegen dürfen …«
    Da war das Wort schon wieder. Dieses Mal in Verbindung mit Sauberkeit. Es musste doch etwas mit dem zu tun haben, was die Mädchen zu Hause erzählten. Lenas Hände begannen wieder zu zittern, und sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her, während Frau Margarete ungeniert fortfuhr.
    »… und dass ihr sauber seid. Je zufriedener sie mit euch sind, desto öfter kommen sie auch und desto mehr verdient ihr. Ihre Bezahlung erfolgt an mich, dafür versorge ich euch und lasse es euch an nichts fehlen. Wenn ihr eure Schulden bei mir abgearbeitet habt, bekommt ihr von mir für jeden Dienst etwas Geld. Damit erhaltet ihr die Möglichkeit, zu sparen und euch eines Tages freizukaufen.«
    Vollkommen starr beobachtete Lena, wie Dorothea hereinkam und ein Tablett mit duftenden Köstlichkeiten auf den Tisch stellte. Eine heiße Brühe dampfte, dazu gab es warmes Brot, Käse und gebratenes Fleisch.
    »Nimm ordentlich. Es wird dir schmecken, da bin ich sicher.« Damit verschwand Dorothea wieder.
    Lena hatte nie so viele Leckereien auf einem Haufen gesehen und starrte verwundert auf die feinen Sachen. Nach Essen
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