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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench
Autoren: Christa S. Lotz
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»sonst kauft er nicht mehr bei dir ein!«
    |27| »Sandro Botticelli ist seinem Gott sehr zugetan, aber er ist auch ein sehr menschlicher Künstler. Ich glaube schon, dass er mich verstehen würde.« Und zu Clementina gewandt: »Komm doch später bei mir vorbei, ich habe ein paar Nüsse für dich.«
    Clementina nickte schüchtern und verabschiedete sich. Durch eine niedrige Tür betraten die drei das Untergeschoss von Botticellis Werkstatt, in dem rechts Vorräte lagerten und Ziegen gehalten wurden, links die Werkstatt untergebracht war. Hier wurde der Gerbergeruch von dem nach Tempera und Ölfarben überdeckt. Behälter mit Marder- und Schweinehaarpinseln, Leinwände, Holzplatten und Schneidemesser lagen aufgeräumt auf dem großen Tisch. Dort sah Angelina auch die Skizzen, die Francesco von ihr angefertigt hatte. Darauf trug sie das gleiche schwarze Kleid wie heute, mit einem anliegenden Samtmieder, langen, fließenden Ärmeln, einem hochgeschlossenen Kragen, der
Heuke,
einem Mantel, und einer schmucklosen
Kalotte,
dem Haarnetz. In der Mitte des Raumes stand, halb verhüllt von einer Leinendecke, das Bild, mit dem Meister Botticelli vor einiger Zeit begonnen hatte: »Die mystische Kreuzigung«.
    Angelina wunderte sich immer noch darüber, welche Wandlung dieser Maler durchgemacht hatte, seit er Anhänger Savonarolas geworden war. Sie hatte seine Werke »Frühling« und »Die Geburt der Venus« im Palast der Medici gesehen. Diese Bilder hatten einen äußerst sinnlichen Eindruck auf sie gemacht, auch wenn die Körper der Frauen unter den durchsichtigen Gewändern ihr die Schamröte ins Gesicht getrieben hatten. Doch solche Bilder gab es von Botticelli nicht mehr.
    Francesco nahm Angelina bei der Hand und zog sie mit sich in den Raum. Ihre Augen wurden groß beim Anblick der Bilder, Paletten und bunten Schalen.
    »Ich will malen!«, ertönte eine helle Stimme hinter ihnen. Fast hätte Angelina ihre Schwester vergessen. Francesco wandte sich zu einer Ecke des Raumes, in der ein niedriger Tisch mit einem Stuhl davor stand. Er nahm ein paar Schüsselchen mit Farbresten und |28| stellte sie auf den Tisch. Clementina setzte sich erwartungsvoll hin. Angelina band ihr einen alten Lumpen um, um ihr Kleid zu schützen, Francesco spannte ein altes Stück Leinwand in einen Rahmen und gab ihr einen Pinsel. Clementina lächelte. Sie tauchte den Pinsel abwechselnd in die Farbschüsseln und begann, rote und grüne Kleckse auf die Leinwand zu setzen. Jetzt war die Kleine beschäftigt, und Francesco und Angelina konnten sich dem Porträt zuwenden. Francesco hatte die Umrisse Angelinas in ihrem schwarzen Mantel bereits auf ein Stück Leinwand skizziert. Sie setzte sich auf den Stuhl mit der hohen Lehne.
    »Stellt doch den Stuhl ein wenig näher ans Fenster«, wies der Maler Angelina an. »Ja, so, noch ein bisschen drehen, damit Licht auf Euer Gesicht fällt.«
    Die Leinwand hatte er schon am Vortag mit einem Kleister aus Mehl, Olivenöl und etwas Honig vorbereitet, damit sich die Poren schließen konnten, sie mit einem Bimsstein abgeschabt und zweimal grundiert. Außerdem hatte er verschiedene Temperafarben vorbereitet. Jetzt gab er etwas von der Farbe in eine Schüssel und verrührte sie mit Wasser, Ei und Leinöl. Er übertrug die Umrisse der Gestalt Angelinas von seinen Skizzen auf die Leinwand, malte den Himmel hinter dem Fenster aschblau und weiß und ließ die Farben trocknen. Die Pinsel aus weichem Schweinehaar waren neu, so dass sie die Farben gut aufnahmen.
    Das Gesicht malte Francesco halb beschattet, an der ihm zugewandten Seite, halb von der Sonne beschienen. Aber diesen Kontrast verwischte er wieder ein wenig, wohl, damit der Gesamteindruck träumerischer wurde. Nach etwa einer halben Stunde, in der Angelina stillsitzen musste, war das Gesicht im Groben fertig. Er würde die Feinheiten noch ausmalen, später alles mit einem Abschlussfirnis überziehen. Das Bild stellte er zum Trocknen ans offene Fenster. Sie betrachtete es: Der Ausdruck ihres Gesichtes war ein wenig trotzig, aber gleichzeitig unsicher. In die braunen Locken hatte Francesco goldene Reflexe gesetzt.
    »Angelina«, begann Francesco und räusperte sich.
    |29| »Ja?« Sie schaute ihn fragend an.
    »Dieser Mantel … und auch das Kleid, das Ihr darunter tragt …«
    »Was ist damit? Gefällt es Euch nicht?«
    »Es ist zu düster für ein junges Mädchen.«
    »Was schlagt Ihr vor, Francesco?«
    »Zieht beim nächsten Mal ein anderes Kleid an, eines, das die
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