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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench
Autoren: Christa S. Lotz
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der Spitze stand, endgültig verglühend in sich zusammensank. Ob er die Hand noch einmal zum Segen erhoben hatte? Am Weg standen einige Winzer, die mit offenen Mündern zu ihnen herüberschauten. Als Francesco und Angelina herankamen, bekreuzigten sie sich und rannten in alle Richtungen davon. Francesco raunte Angelina ins Ohr:
    »Die Menschen werden sich niemals ändern!«
    »Und es wird niemals mehr so sein, wie es einmal war«, gab sie zurück.
    Sie erreichten den Dorfrand von Fiesole. Francesco zog die Zügel an; das Pferd fiel schnaubend in den Schritt. Sie wandten sich zum Weg, der nach Florenz hinabführte. Die ungeheure Beklemmung, die Angelina ergriffen hatte, fiel langsam von ihr ab. Sie fühlte sich schon ein wenig freier.
    »Ob Domenian in die Hölle kommt?«, fragte sie. Einen Augenblick lang waren nur das Klappern der Hufe und das Zirpen der Grillen zu hören.
    »Ich weiß es nicht. Wer weiß das schon, wohin wir dereinst kommen?«
    »Das kommt darauf an«, sagte Angelina, und Francesco zügelte das Pferd und sagte: »Schau.« Er zeigte ihr das weite Panorama von Florenz zu ihren Füßen.
    »Wohin möchtest du reiten?«, fragte Francesco.
    Angelina drehte den Kopf zu ihm hin. Sie küsste ihn zart auf den Mund.
    |436| »Zu Rinaldo. Ich koche für uns ein
Stracotto,
und wir laden meine Eltern, Sonia und Lucas ein.«
    »Dein Vater wird froh sein, dass alles vorüber ist. Dann kann er wieder in Ruhe seinen Geschäften nachgehen.«
    »Was wird wohl aus Botticelli werden?«
    »Er wird sich kaum mehr erholen«, meinte Francesco traurig. »Aber er wird wieder malen.«
    »Rinaldo wird seine Wirtschaft ausbauen«, führte Angelina die Mutmaßungen weiter.
    »Sonia und Lucas werden eine Familie gründen. Und was wird aus dir?«
    »Ich werde weder eine Mutter Elisa noch eine Signora Girondo«, erwiderte Angelina.
    »Sondern?«
    »Ich. Dein anderes Ich.«
    »Wenn sie von deinen Abenteuern erfährt, wird sich deine Mutter sorgen, dass du ein Teufelskind bekommst!« Angelina merkte an seiner Stimme, dass er bei diesen Worten grinste.
    »Das wird nicht möglich sein«, antwortete sie. »Er war nicht in der Lage, die Sünde zu begehen, die er so sehr bekämpfte.«
    »Aber wir sind dazu in der Lage, umso mehr«, gab Francesco zurück. »Wir brauchen uns nur ein Plätzchen zu suchen.«
    Francesco gab dem Pferd noch einmal die Sporen. Sie galoppierten dahin, bis der Pfad hinab nach Florenz mit seinen Kuppeln, Türmen und Kirchen führte. Mitten in den Hügeln, zwischen Ginsterbüschen und Zistrosen, hielten sie an. Das Bild lehnte Francesco an einen Olivenbaum. Es war an einigen Stellen verkohlt, aber das würde zu beheben sein. Angelina auf dem Bild lächelte die beiden an. Über der Stadt hatte sich eine dunkle Wolkenwand aufgebaut. Einzelne Blitze zuckten über den Himmel, ein lauter Donnerschlag folgte. Doch schon bald verzog sich diese Wand und machte einem durchsichtig blauen Himmel Platz.

|437| Nachwort
    Die Gestalt des Priors Girolamo Savonarola (1452–1498) hatte mich schon lange fasziniert, bevor ich begann, einen Roman über die Zeit der italienischen Renaissance zu schreiben. Ebenso beeindruckt war ich vom Leben und Wirken des Malers Sandro Botticelli (1445–1510), dessen Bilder unter dem Einfluss des Priors eine starke Wandlung durchliefen.
    Bis heute ist der fanatische Mönch Savonarola bei Theologen und Historikern umstritten. Am 23. Mai 1998 wurde durch Papst Johannes Paul II. ein Seligsprechungsprozess in Gang gesetzt, der immer noch andauert. Und so überlieferte auch Botticellis Bruder Simone, der erst 1503 nach Florenz zurückkehrte, ein Gespräch, das am 2. November 1499 in Botticellis Werkstatt stattgefunden haben soll. Botticelli fragte einen gewissen Doffo Spini, der maßgeblich an den Untersuchungen gegen Savonarola beteiligt gewesen war, welcher Verbrechen man Savonarola eigentlich für schuldig befunden hatte, um ihn auf so »schändliche Weise« zu Tode zu bringen. Spini antwortete, dass man niemals »auch nur eine lässliche Sünde, geschweige denn eine schwere« bei Savonarola gefunden habe. Wären der Prophet und seine beiden Mitbrüder nicht gehängt und verbrannt worden, hätte sich der Volkszorn gegen ihn und die Compagnacci, die Patriziersöhne und Medicitreuen, gewandt. Die Medici kehrten übrigens erst sehr viel später, im Jahr 1512, mit Unterstützung spanischer Truppen nach Florenz zurück und ergriffen erneut die Macht. Botticelli blieb der Sache Savonarolas treu, auch in seiner
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