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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench
Autoren: Christa S. Lotz
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Messer in seinem Gürtel zu fassen. Mühselig schnitt er an den Fesseln herum. Endlich lösten sie sich.
    Er richtete sich auf und taumelte, als er mit dem Kopf in den Rauch geriet, ging auf alle viere nieder, wollte zur Türe kriechen, aber er sah, dass sie lichterloh brannte. Der Rauch wurde immer beißender, die Hitze immer größer. Francesco wich in den hinteren Teil des Kellers zurück. Hier lagerte ein Fass, das er bisher noch nicht bemerkt hatte. Er wuchtete den Deckel herunter. Drinnen roch es kühl und wie nach Essig. Er legte das Fass um und kroch rückwärts hinein. Hier ließ es sich besser atmen. Nach einiger Zeit schob er sich vorsichtig aus dem Fass heraus und sah, dass die Tür heruntergebrannt war. Er kroch aus dem Fass, lief, so schnell er konnte, zur Tür. Seine dünnen Schuhe begannen in der glühenden Asche zu verkohlen. Er stöhnte vor Schmerz. Endlich war er draußen und sog tief die Luft in seine Lungen. Der Morgen dämmerte, die Vögel sangen, als wäre nichts geschehen. Ihm war schwindlig, er musste sich setzen. Was wollte er überhaupt hier? Wo hatte er nur sein Pferd gelassen? Richtig, bei dem Gasthaus im Dorf. Der Wirt fegte gerade gähnend seine Schankstube aus. Er kam auf ihn zu.
    »Wie seht Ihr denn aus?«, fragte er entsetzt.
    »Ich bin in ein Feuer geraten, aber es ist gelöscht worden«, antwortete Francesco schnell, denn er wollte keine Zeit mit unnötigen Fragen verlieren.
    »Habt Ihr den Keller gefunden?«, fragte der Wirt.
    »Ja«, antwortete Francesco vorsichtig. »Aber das, was ich darin gesucht habe, fand ich nicht.« Er wankte.
    »Um was handelt es sich denn?«, wollte der Wirt wissen.
    »Um eine Ware, die man mir liefern wollte.«
    Der Wirt betrachtete ihn neugierig.
    |427| »Wer hat Euch denn so übel mitgespielt?«, fragte er.
    »Ich habe von dem Wein, den ich ja schon bezahlt hatte, zu viel getrunken«, gab Francesco zurück. »Dabei habe ich mir den Kopf angeschlagen.«
    Der Wirt schien mit der Antwort zufrieden zu sein.
    »Und jetzt sucht Ihr den Mann, der Euch das Weinfass verkauft hat?«, wollte er wissen. »Was wollt Ihr noch von ihm?«
    »Ich will ein weiteres Fass kaufen«, entgegnete Francesco und versuchte seinem Gesicht einen unschuldigen Ausdruck zu geben. »Denn dieser Wein ist wirklich köstlich! Könnt Ihr mir sagen, wohin er gefahren sein könnte?«
    »Er war Gast bei mir, ich kenne ihn gut«, meinte der Wirt und lachte. »Er sagte, dass er heute nach Onsignano müsse, um eine weitere Fuhre abzuliefern.« Er wies vage nach Osten.
    »Aber das ist doch die entgegengesetzte Richtung.« Francesco deutete nach Westen.
    »Er wird noch nach seinem Weinberg geschaut haben«, gab der Wirt mürrisch zur Antwort. Inzwischen war die Sonne aufgegangen. Francesco stieg auf sein Pferd und ritt in östlicher Richtung davon.
     
    Gegen Mittag gelangte der Wagen mit Domenian und Angelina in ein abgelegenes Wäldchen, das auf einer Bergkuppe stand. Einmal hatte sie versucht, sich aus dem fahrenden Wagen rollen zu lassen, aber Domenian war blitzschnell vom Kutschbock gesprungen, hatte sie hochgehoben und sie wieder auf den Wagen geworfen. Kein Mensch war ihnen auf der Fahrt begegnet; Domenian musste den Weg vorher ausgekundschaftet haben.
    Auf der Kuppe des Berges brachte er den Wagen zum Stehen. In der Nähe war ein Scheiterhaufen aufgerichtet. Domenian schirrte das Pferd aus und ließ es grasen. Er zog die Decke von Angelina und betrachtete sie.
    »Jetzt, wo du bald mein sein wirst, in all deiner Angst, bist du für mich begehrenswerter als je zuvor«, sagte er.
    |428| Angelina warf einen Blick auf den Toten neben sich.
    »Was willst du mit ihm machen, Domenian?«, fragte sie.
    »Er wird als Erster brennen, denn er hat sich einer schweren Sünde, der Wollust, schuldig gemacht. Doppelt schwer wirkt diese Sünde, weil er sich an einer Hexe vergreifen wollte. Ich habe ihn immer vor dir gewarnt, aber er wollte nicht auf mich hören.« Mit diesen Worten stieg Domenian zu ihr nach hinten, umfasste sie und trug sie vom Wagen herab. Er bettete sie in das Gras auf der Lichtung. Aus seinem Reisesack holte er das Porträt von Angelina heraus.
    »Dies ist der Beweis für deine tiefe Verworfenheit und dafür, dass du von einem Dämon besessen bist«, sagte er. Domenian trat näher, hielt ihr das Porträt direkt vor die Augen. Angelina wollte sich abwenden, doch etwas in ihr zwang sie, es anzuschauen. Das war also sie, Angelina, das wohlbehütete Mädchen aus Florenz, das von ihren
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