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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench
Autoren: Christa S. Lotz
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darf der Signoria nicht bekannt werden, dass einer meiner Gäste tot aufgefunden wurde. Bringt ihn hinunter auf den Weg. Er kann von jedem beliebigen Wegelagerer erstochen worden sein.«
    »Das halte ich für einen guten Einfall«, stimmte ihm Tomasio zu. Andere Gäste nickten, immer noch bleich im Gesicht. Die Diener packten den Toten und luden ihn auf einen Karren.
    »Das Fest geht weiter«, beschied Lorenzo. »Und ich bitte Euch, meine lieben Gäste, über diesen Zwischenfall zu keinem etwas verlauten zu lassen!« Die Musiker begannen wieder zu spielen, und die Gäste gingen hinein, weil inzwischen ein starker Wind aufgekommen war. Angelina fröstelte, sie verstand die Welt nicht mehr, sie verstand nicht, dass ihr Vater nach einem solchen Vorfall das Fest nicht abgebrochen hatte. Sie versuchte in den Augen ihrer Mutter zu lesen, doch die wandte sich ab und nahm sich eine Sahnewaffel vom Tisch.
     
    Am nächsten Tag schien die Sonne wie gewöhnlich in Angelinas Fenster herein, als wäre nichts geschehen. In der Nacht war noch |18| ein kräftiges Gewitter niedergegangen. Als Angelina die Treppe hinab ins Esszimmer kam, saßen ihre Eltern schon am Frühstückstisch. Zwei Diener brachten Würzwein, Eier, Käse und weißes Brot. Die Spuren der nächtlichen Feier waren beseitigt worden.
    »Du siehst bleich aus«, sagte Angelinas Mutter.
    »Ich habe schlecht geschlafen«, gab Angelina zurück. »Wegen der Ereignisse von gestern Nacht. Was wollt Ihr dem Wachtmeister sagen, wenn Signor Fredi gefunden wird?«
    »Wir werden sagen«, begann Lorenzo und legte sein Messer beiseite, »und auch du wirst dich an diese Version halten, dass Signor Fredi sich zu diesem Fest angesagt hatte, aber nicht erschienen ist. Unsere Diener haben ihn nach Anbruch der Nacht gesucht, aber nicht gefunden.«
    »Es ist das beste so, mein Kind«, fügte ihre Mutter hinzu. »Schon schlimm genug, dass die
Fanciulli
uns in der Nacht aufsuchen mussten. Die werden es gewiss der Signoria gemeldet haben.«
    »Und wenn schon!«, polterte Lorenzo. »Der Stadtrat wird uns schon nichts anhaben können. Wenn Savonarola erst einmal vom Papst exkommuniziert wird, hat er sowieso einen schweren Stand in der Stadt. Das kann nicht mehr lange dauern, sage ich euch.«
    »Die
Fanciulli
haben Signor Fredi nicht gesehen«, warf ihre Mutter beruhigend ein. »Und falls unsere Gäste aussagen müssen, werden sie dasselbe sagen wie wir.«
    »Aber Ihr könnt nicht leugnen, das Fest gefeiert zu haben!«, gab Angelina zu bedenken. Ihr Vater zwinkerte ihr zu.
    »Hier auf dem Land wird das ein wenig unbefangener gesehen. Der Arm des Mönchs reicht nicht so weit, auch wenn er seine Kinderbanden schon in die umliegenden Dörfer schickt.«
    »Ich danke Gott dafür, dass deine Geschwister krank geworden sind und wir sie zu den Großeltern gebracht haben«, meinte Signora Girondo. »Sie waren zu lange draußen«, fügte sie hinzu.
    »Sie waren nicht zu lange draußen«, setzte Lorenzo dagegen. »Ich habe immer gesagt, Kinder muss man abhärten, dann bekommen sie viele Krankheiten erst gar nicht.«
    |19| »Davon verstehst du nichts«, entgegnete seine Frau und knuffte seinen Arm.
    »Wollt Ihr den Mord nicht doch lieber melden, Herr Vater?«, fragte Angelina.
    »Ausgeschlossen!«, gab Lorenzo zur Antwort. »Die Lage ist schwierig genug. Ich kann es mir in meiner Stellung nicht erlauben, mit so etwas in Verbindung gebracht zu werden.«
    »Wann kommen Rodolfo und Clementina denn zurück?«, fragte Angelina. Sie hatte eingesehen, dass sie mit ihrem Vater nicht reden konnte. Gut, dass ihren Geschwistern das hier erspart geblieben war.
    »Wir fahren morgen in unser Stadthaus«, erwiderte Lorenzo. »Dort werden die Kleinen uns schon erwarten.«
    Angelinas Herz begann schneller zu klopfen. Sie würde Francesco wiedersehen!
    »Ich freue mich darauf«, sagte sie und trank einen Schluck Würzwein, als es an der Tür pochte. Der Diener Hippolo kam herein und meldete den Wachtmeister aus dem Dorf.
    Angelina kannte den gutmütigen Mann aus den Bergen. Er hieß Angelo Nicolini und war ein schwergewichtiger Familienvater, dem man seinen Hang zu gutem Essen und Trinken ansah. Der Wachtmeister schnaufte herein und blieb ehrerbietig stehen.
    »Kommt doch näher«, rief Lorenzo ihm zu.
    Der Wachtmeister drehte seine Mütze in den Händen.
    »Es ist mir nicht angenehm, Signor und Signora Girondo«, begann er zögernd. »Winzer haben heute Morgen einen Toten auf dem Weg ins Dorf gefunden. Nun muss ich Euch
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