Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
Kronleuchter.
    »Mit wem denn? Ich kenne doch alle Eure Gäste.« Hilfesuchend blickte sie auf Francesco. Lorenzo Girondo nahm Angelina beim Arm und führte sie zu einer Gruppe von Männern und Frauen, die sich um die Musiker versammelt hatten. Ein älterer Mann mit einem Wams, das über seinem Bauch spannte, trat ihnen entgegen, ergriff Angelinas Hand und deutete einen Kuss an. Als er sich wieder aufrichtete, bemerkte sie, dass ihm graue Haare aus Ohren und Nase wuchsen.
    »Das ist Giuliano Fredi, dein künftiger Ehemann«, stellte ihr Vater vor. In Angelinas Magengrube machte sich ein flaues Gefühl breit. Wieso hatte er nicht mit ihr darüber gesprochen, dass er vorhatte, sie zu verheiraten? Ihre Beine begannen nachzugeben. Nur keine Schwäche zeigen, nicht vor all den Gästen!
    »Ich bin ein wenig … überrascht, Herr Vater«, sagte sie mit fester Stimme. »Und ich hätte gern eine Bedenkzeit.« Aus der Wolkenwand draußen grummelte es.
    »Du kannst Signor Fredi unbedenklich heiraten«, warf ihre Mutter ein, die inzwischen herangekommen war. Angelina hatte noch nie ans Heiraten gedacht, besonders jetzt nicht, da Francesco … Ihr Vater bat die Gäste um Ruhe und rief:
    »Hiermit gebe ich die Verlobung meiner Tochter Angelina mit Giuliano Fredi, einem angesehenen Florentiner Geschäftsmann, bekannt.« Er hob seinen Weinbecher. Die Gäste riefen »Oh« und »Ah« und klatschten in die Hände. Angelina wurde über und über rot. Ihr Vater gab den Musikern ein Zeichen. Sie begannen, eine
Pavane
zu spielen.
    Signor Fredi deutete eine Verbeugung an und reichte Angelina den Arm. Alles in ihr sträubte sich, doch sie konnte ihren Vater |13| nicht bloßstellen, verneigte sich ebenfalls kaum merklich und folgte dem Mann. Giuliano Fredi hielt sie leicht an der rechten Hand. Ein Schritt nach links, einen nach rechts. So einfach war das in diesen Kreisen. Ein Doppelschritt nach links, dann nach rechts wiederholt. Ihr Rock aus rotem Atlas rauschte, die weiten Ärmel flatterten. Angelina sah die Umstehenden, ihre Augen leuchteten zu ihr herüber. Francescos Blick war undurchdringlich. Tomasio starrte sie unverwandt an, so dass sie sich unbehaglich fühlte. Fredi änderte seine Tanzrichtung. Die Flöten, die Gitarre und die Trommel wurden lauter. Fredi tanzte eine Schrittfolge rückwärts und führte Angelina in einem großen Kreis herum. Mitten in die Musik und den Tanz hinein krachte es.
    Die Musik brach ab, die Anwesenden schwiegen betroffen. Eines der Bilder war von der Wand gefallen. Es stellte Angelinas Mutter in jungen Jahren dar. Das bedeutete Unglück! Signora Girondo wies eine Magd an, die Scherben zusammenzufegen, Angelinas Vater setzte ein fröhliches Gesicht auf und rief: »Scherben bringen Glück, Angelina!«
    Angelina hätte im Boden versinken mögen. Sie wusste, dass sie ein alles andere als glückliches Leben führen würde. Die Musiker begannen erneut zu spielen, Fredi setzte seinen Tanz mit ihr fort. Sie wünschte sich Francesco an die Stelle Fredis. Aber da er als Malergeselle zur handwerklichen Zunft gehörte, konnte sie sich den Gedanken wohl aus dem Kopf schlagen.
    Der Tanz näherte sich dem Ende. Fredi stellte sein rechtes Bein gestreckt nach vorn und verbeugte sich, ohne den Kopf sinken zu lassen. Angelina deutete einen Knicks an. Er brachte sie nicht an ihren Platz zurück, weil die Musiker jetzt noch eine
Gaillarde
spielten. Die anderen Gäste schlossen sich ihnen an. Ein dumpfes Poltern dröhnte von der Tür her in den Saal. Die Musik verstummte abrupt. Wer mochte um diese späte Stunde noch Einlass begehren?
    Angelina folgte ihrem Vater, dessen Schläfenadern bedenklich schwollen, und dem Diener, der vorauseilte. Einige Gäste setzten sich hinter ihnen in Bewegung, um zu sehen, was geschah. Der |14| Diener öffnete die Tür. Draußen standen etwa zehn bis zwölf
Fanciulli,
die Aufseher Savonarolas, keiner älter als vierzehn Jahre, alle im weißen Gewand. Einer der Größeren trat keck hervor.
    »Im Namen Christi«, sagte er mit einer Stimme, die überschnappte, weil er sich im Stimmbruch befand. »Im Namen Savonarolas, unseres erlauchten Herrn von Florenz, sind wir ausgezogen, weil wir von verbotenen Festen hier auf dem Land gehört haben. Ihr feiert hier ein verbotenes Fest, und wir müssen Euch streng dazu ermahnen, alle Feierlichkeiten abzubrechen, Eure Gäste nach Hause zu schicken, Eure sündhaften Kleidungsstücke ins Feuer zu werfen und vor Gott und seinem Sohn Buße zu tun!«
    »Mit welchem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher