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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition)
Autoren: Laura Gustafsson
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mal besuchen. Sag mir deine Adresse, dann schau ich vorbei.
    NONO: Die einzigen Orte, wo du mich sehen wirst, sind die Zeitungen und das Fernsehen und das Internet und verdammt große Werbetafeln. Aber da wirst du mich wahrhaftig sehen. Ich werde dafür sorgen, dass du dir nicht einmal einen Scheißkaffee kaufen kannst, ohne mich zu sehen. Guck also in aller Ruhe hin und hol dir einen runter, wenn dir danach ist.
    ODIN: Was ist, treffen wir uns oder nicht?
    NONO: Wenn du je wieder versuchst, mit mir zu sprechen, lass ich dir die Zunge abschneiden.
    Der Hörer wird aufgeknallt. Odin ist verblüfft, er versteht nicht, was das soll. Er trinkt von seinem Kaffee und verbrennt sich dermaßen die Zunge, dass er es auch in der darauffolgenden Woche noch spürt. Er kriegt einen fürchterlichen Wutanfall. »Der Kaffee ist zu heiß!«, brüllt er.
    Die Kioskverkäuferin sieht ihn eine Weile schweigend an. »Dein Reißverschluss ist übrigens offen«, sagt sie dann und kichert leise.

Der Hass in mir wurde zum Baum und zur Frucht des Baumes.
    In dieser Frucht wohnte der Hass in seiner reinsten Form.
    Und in dieser Frucht war aller Hass.
    Und als du die Frucht verzehrtest, gelangte der Hass in dich.
    Und jetzt bin ich ihn los.
    Nun ist der Hass bei dir, und zu dir gehört er auch.
    Und ich hoffe, nicht leidenschaftlich, aber immerhin, dass der Hass dich von innen auffrisst, wie er mich aufgefressen hat. Und dass du die Leere und das Aufgefressenwerden spürst. Ich hoffe nicht, dass du bereust. Das ist mir ganz egal.
    Ich hoffe, dass es dir wehtut.

16.
    WELL, THESE BOOTS ARE MADE FOR WALKING,
AND THAT’S JUST WHAT THEY’LL DO.
ONE OF THESE DAYS THESE BOOTS
ARE GONNA WALK ALL OVER YOU.

    MILLA NIMMT IHR STUDIUM DER FRAUENFORSCHUNG wieder auf. In diesem Bereich werden Expertinnen gebraucht. Das heißt, nach Ansicht einiger Leute. Andere sagen, in diesem Land braucht man nicht noch mehr Feministinnenlesbenhuren.
    Nach Millas Ansicht weiß sie schon alles über das Frauendasein. Aber wenn sie ihre Professorin ansieht, die ihre Cargo-Hose mit einem gelb geblümten Kleid kombiniert, muss sie zugeben, dass sie möglicherweise doch noch nicht alle Nuancen der Weiblichkeit kennt.
    Sie schreibt ihre Magisterarbeit. Deshalb muss sie in die Bibliothek gehen. Bibliotheken sind beklemmend. Man darf nicht schwätzen und hat die ganze Zeit das Gefühl, beobachtet zu werden. Immerhin ist es besser, in die Stadtbibliothek zu gehen, denn in der Universitätsbibliothek muss man noch leiser sein, und da riecht es schlecht, und man wird ganz bestimmt beobachtet.
    Aber sie findet das gesuchte Buch nicht. Na toll. Soll ich mir die Magisterarbeit aus der Muschi ziehen?, denkt sie. Aber das hat bestimmt auch schon jemand getan … Ich muss eine von den Bibliothekstanten fragen. Die mögen es nicht, wenn man sie mit Fragen belästigt. Deswegen ist hier alles automatisiert.
    »Hallo, Entschuldigung, ich suche von Adams, Carol den Titel Neither man nor beast , aber ich finde ihn nicht, also könntest du …?«
    »Moment.« Die Bibliotheksangestellte tippt auf ihrem Computer. »Wir hätten Adam Smith, Wealth of Nations … «
    Milla unterbricht sie: »Entschuldigung, kennen wir uns?«
    Die Angestellte sieht sie an. Sie trägt eine große Brille mit Plastikgestell, ist kaum geschminkt und hat die Haare zum Pferdeschwanz gebunden. Über ihre Lippen verlaufen alte, grausam aussehende Narben.
    »Kalla?«
    »Mm.«
    Die Angestellte lächelt zaghaft. Milla klettert über die Theke und umarmt sie.
    »Warum hast du nicht angerufen oder so? Ich habe dich überall gesucht, sogar in Thailand! Beinahe hätte ich eine Fehlgeburt gehabt, aber dann ist es doch noch gut ausgegangen!«
    »Ja, vielleicht hätte ich mich melden sollen. Aber irgendwie … Ich weiß nicht. Vielleicht dachte ich … irgendwas. Ich habe das Gefühl, mein Leben ist jetzt normal geworden.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja.«
    Sie schweigen eine Weile, es ist so schwierig, Worte zu finden, obwohl es genug zu reden gäbe.
    »Ach ja, ich wohne jetzt in unserer alten Wohnung oder vielmehr …«, beginnt Milla.
    »Aha … Und was machst du so?«
    »Ich studiere. Ich will vielleicht Gleichberechtigungsministerin werden.«
    »Wie kommst du, äh, über die Runden, tust du … irgendwas?«
    »Nein, nein, ich mache nichts. Mein Mann arbeitet!«
    »Was macht er?«
    »Er ist Schneeschaufler.«
    »Aber jetzt ist Sommer.«
    »Na ja. Er macht alles Mögliche. Ich weiß gar nicht so genau, was er alles tut. Das Studium
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