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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition)
Autoren: Laura Gustafsson
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Aphrodite.
    Penelope fragt, ob Aphrodite sich nicht mit ihr freuen könne. »Adam sagt, das ist mein Platz in der Welt. Das ist das Richtige. Und Adam sieht gut aus. Es könnte funktionieren.«
    »Ich begreife das nicht«, seufzt Aphrodite. Penelope sagt, sie solle lieber gehen, Adam mag es nicht, wenn sie mit Fremden redet.
    Nachdem Aphrodite gegangen ist, stiefelt Adam in die Küche, holt ein Würstchen aus dem Kühlschrank und lässt die Tür offen stehen.
    ADAM: Mit wem hast du gesprochen?
    Mit niemandem, antwortet Penelope.
    ADAM: Lüg nicht!
    Er schlägt Penelope so heftig, dass sie mit dem Kopf an die Tischkante knallt. Penelope entschuldigt sich. Sie sagt, sie habe nur mit einer Aphrodite geplaudert.
    ADAM : Mit der?! Für die habe ich Schlimmeres vorgesehen als den Tod. Wohin ist sie gegangen?
    Zur Tür hinaus, antwortet Penelope. Adam tritt ihr in den Bauch und zum Schluss ins Gesicht.
    Lange und ausgiebig hat Adam überlegt, wie er sich an Aphrodite rächen soll. Er hat die Annalen der Inquisition, die westliche Literatur und die Geschichte des Films, vor allem der Pornografie, studiert. Aphrodite mag unsterblich sein, aber sie kann dennoch Leid empfinden. Und Adam wird ihr ewiges Leid und nie endenden Schrecken bescheren. Hahaha.

    Es wird bereits dunkel. Aphrodite wandert an den Ufern und durch die Ruinen ihrer Heimat. Sie würde gern gegen die Steine treten, aber das wäre unklug: Dabei würde sie sich nur die Zehen aufschlagen, die aus den Sandalen ragen.
    »Dummkopf«, flüstert sie.
    »Selber dumm«, zischelt jemand. »Dumm, dumm«, eine andere Stimme. »Mein Liebhaber hat seine Frau nicht verlassen, obwohl ich es mir gewünscht habe. Da habe ich mich getötet. Ich hätte groß sein können«, das ist schon die dritte Stimme. Die vierte wispert: »Meine Frau hat mich wegen einem anderen Mann verlassen. Ich habe sie umgebracht. Dann unsere Kinder. Und zuletzt mich selbst.« Und die fünfte: »Rutsch mir den Buckel runter, du Hure!« Und die sechste: »Mein Leben ist kaputtgegangen, weil ich mich in eine zu junge Frau verliebt habe.« Und die siebte: »Mein Leben ist kaputtgegangen, weil ich mich in einen zu jungen Mann verliebt habe.«
    Dutzende zischelnder Stimmen umgeben Aphrodite. »Iih, wer seid ihr?«, fragt sie.
    »Es ist deine Schuld, dass ich gestorben bin, ich hätte groß sein können.«
    »Ich hätte auch groß sein können. Aber dann bin ich auch gestorben. Auch das ist deine Schuld.« Alle Stimmen geben Aphrodite die Schuld an ihrem Tod und erklären, sie hätten weltberühmt werden können, wenn sie nicht wegen der Liebe zu früh gestorben wären.
    »Widerwärtige Schuldzuweisungen«, faucht Aphrodite. »Glaubt ihr, ich hätte es leicht gehabt?«
    Ohne es zu merken, hat sie die Überreste eines uralten Theaters erreicht. Die Seelen der Bühnenkünstler hören nicht auf, sie zu quälen, bis Aphrodite sie mit Parfüm besprüht. Die Seelen sind extrem geruchsempfindlich und ergreifen kreischend die Flucht.
    Aphrodite setzt sich in den steinernen Zuschauerbereich. Sie zupft den abgesplitterten Lack von den Fingernägeln und merkt nicht, dass unten auf der Bühne eine menschliche Gestalt erscheint. Erst als die Musik schon eine Weile läuft, schaut sie hin. »Du lieber Himmel!«
    Auf der Bühne wirbelt eine Gestalt in einem bodenlangen roten Vinylgewand herum. Aphrodite weiß nicht, ob es sich um einen Mann oder um eine Frau handelt. Sie ist daran gewöhnt, an solchen Orten nur Männer zu sehen.
    »Es ist ein Mädchen«, stellt Aphrodite fest, als die Gestalt sich bis auf die Unterwäsche auszieht. »Was tut sie da?« Das Mädchen dehnt sich. Dann sucht sie die passende Musik aus und beginnt zu tanzen. Wieder und wieder übt sie dieselben Schritte. Bei jedem kleinen Fehler beginnt sie von vorn. Nie erreicht sie den Refrain.
    Vollkommenheit ist etwas Seltsames, überlegt Aphrodite. Man erlangt sie nicht, indem man sie anstrebt, sondern sie entsteht aus Versehen … Sie kann den Gedanken nicht weiterspinnen, denn jemand legt ihr seine behaarte Hand über den Mund und schleppt sie zwischen die Bäume.
    Nono zuckt zusammen, als sie die Geräusche hört. »Idiotin!«, schimpft sie mit sich selbst. Warum hat sie nicht überprüft, ob die Zuschauerränge leer waren? Womöglich hat jemand ihre Unvollkommenheit gesehen. Nono will gern von allen gesehen werden, aber erst dann, wenn sie so vollkommen ist wie die bronze schimmernde Frau vom Zirkus. Bisher haben nur sterbende Menschen Nonos Fähigkeiten
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